schreitet, harmonisch begründet, nicht aber sie erklingen läßt. -- Wenn alles irdische Bedürfniß schweigt, alles irdische Wissen verstummt dann erst hebt sie ihrer Ge- sänge Schwingen. -- Liebe! Trieb aller Begeisterung, erneut das Herz, macht die Seele kindlich und unbe- fleckt. Wie oft ist mein Herz unter der Schlummerdecke des Erdenlebens erwacht, begabt mit dieser mystischen Kraft sich zu offenbaren; der Welt war ich erstorben, die Seele ein Mitlauter der Liebe, und daher mein Den- ken mein Fühlen, ein Aufruf an Dich: Komm! Sei bei mir! finde mich in diesem Dunkel! -- Es ist mein Athem der um deine Lippen spielt, der deine Brust an- fliegt; -- so dachte ich aus der Ferne zu Dir, und meine Briefe trugen Dir diese Melodieen zu; es war mein einzig Begehren daß Du meiner gedenken mögest, und so wie in Gedanken ich immer zu deinen Füßen lag, deine Knie umfassend, so wollte ich, daß deine Hand seegnend auf mir ruhe. Dieß waren die Grundaccorde meines Geistes die in Dir ihre Auflösung suchten. -- Da war ich was allein Seeligkeit ist, ein Element von Gewalten höherer Natur durchdrungen, meine Füße gin- gen nicht, sie schwebten der Zukunftsfülle entgegen über die irdischen Pfade hinaus; meine Augen sahen nicht, sie erschufen die Bilder meiner seeligsten Genüsse; und
ſchreitet, harmoniſch begründet, nicht aber ſie erklingen läßt. — Wenn alles irdiſche Bedürfniß ſchweigt, alles irdiſche Wiſſen verſtummt dann erſt hebt ſie ihrer Ge- ſänge Schwingen. — Liebe! Trieb aller Begeiſterung, erneut das Herz, macht die Seele kindlich und unbe- fleckt. Wie oft iſt mein Herz unter der Schlummerdecke des Erdenlebens erwacht, begabt mit dieſer myſtiſchen Kraft ſich zu offenbaren; der Welt war ich erſtorben, die Seele ein Mitlauter der Liebe, und daher mein Den- ken mein Fühlen, ein Aufruf an Dich: Komm! Sei bei mir! finde mich in dieſem Dunkel! — Es iſt mein Athem der um deine Lippen ſpielt, der deine Bruſt an- fliegt; — ſo dachte ich aus der Ferne zu Dir, und meine Briefe trugen Dir dieſe Melodieen zu; es war mein einzig Begehren daß Du meiner gedenken mögeſt, und ſo wie in Gedanken ich immer zu deinen Füßen lag, deine Knie umfaſſend, ſo wollte ich, daß deine Hand ſeegnend auf mir ruhe. Dieß waren die Grundaccorde meines Geiſtes die in Dir ihre Auflöſung ſuchten. — Da war ich was allein Seeligkeit iſt, ein Element von Gewalten höherer Natur durchdrungen, meine Füße gin- gen nicht, ſie ſchwebten der Zukunftsfülle entgegen über die irdiſchen Pfade hinaus; meine Augen ſahen nicht, ſie erſchufen die Bilder meiner ſeeligſten Genüſſe; und
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ſchreitet, harmoniſch begründet, nicht aber ſie erklingen
läßt. — Wenn alles irdiſche Bedürfniß ſchweigt, alles
irdiſche Wiſſen verſtummt dann erſt hebt ſie ihrer Ge-
ſänge Schwingen. — Liebe! Trieb aller Begeiſterung,
erneut das Herz, macht die Seele kindlich und unbe-
fleckt. Wie oft iſt mein Herz unter der Schlummerdecke
des Erdenlebens erwacht, begabt mit dieſer myſtiſchen
Kraft ſich zu offenbaren; der Welt war ich erſtorben,
die Seele ein Mitlauter der Liebe, und daher mein Den-
ken mein Fühlen, ein Aufruf an Dich: Komm! Sei bei
mir! finde mich in dieſem Dunkel! — Es iſt mein
Athem der um deine Lippen ſpielt, der deine Bruſt an-
fliegt; — ſo dachte ich aus der Ferne zu Dir, und
meine Briefe trugen Dir dieſe Melodieen zu; es war
mein einzig Begehren daß Du meiner gedenken mögeſt,
und ſo wie in Gedanken ich immer zu deinen Füßen
lag, deine Knie umfaſſend, ſo wollte ich, daß deine Hand
ſeegnend auf mir ruhe. Dieß waren die Grundaccorde
meines Geiſtes die in Dir ihre Auflöſung ſuchten. —
Da war ich was allein Seeligkeit iſt, ein Element von
Gewalten höherer Natur durchdrungen, meine Füße gin-
gen nicht, ſie ſchwebten der Zukunftsfülle entgegen über
die irdiſchen Pfade hinaus; meine Augen ſahen nicht,
ſie erſchufen die Bilder meiner ſeeligſten Genüſſe; und
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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/321>, abgerufen am 25.11.2024.
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