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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835.

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nicht nöthig daß wir sie verstehen aber daß wir an sie
glauben. Der Glaube ist der Saame durch den ihr Geist
in uns aufgeht so wie durch ihn alle Weisheit aufgeht,
da er der Saame ist einer unsterblichen Welt. Da
das höchste Wunder wahr ist so muß wohl alles was
dazwischen liegt eine Annäherung zur Wahrheit sein,
und nur der richtende Menschengeist führt in die Irre.
Was kann und darf uns billiger Weise noch wundern
als unsre eigne Kleinheit. -- Alles ist Vater und Sohn
und heiliger Geist, der irdischen Weisheit Gränze sind
die Sternebeschienenen Menschlein, die von ihrem Lichte
fabeln. -- Die Wärme Deines Blutes ist Weisheit, denn
die Liebe giebt das Leben allein. Die Wärme Deines
Geistes ist Weisheit, denn die Liebe belebt den Geist
allein; wärm' mein Herz durch Deinen Geist den Du
mir einhauchst, so hab ich den Geist Gottes; der nur
allein vermags.

Diese kalte Nacht hab ich zugebracht am Schreib-
tisch um das Evangelium juventutis weiter zu führen
und hab viel gedacht was ich nicht sagen kann.

Die Vorrathskammer der Erfahrung hat Vortheile
aufgespeichert, diese benützen zu können nach Bedürfniß
ist Meisterschaft, sie auf den Schüler über zu tragen ist
Belehrung; hat der Schüler alles erfaßt und versteht

nicht nöthig daß wir ſie verſtehen aber daß wir an ſie
glauben. Der Glaube iſt der Saame durch den ihr Geiſt
in uns aufgeht ſo wie durch ihn alle Weisheit aufgeht,
da er der Saame iſt einer unſterblichen Welt. Da
das höchſte Wunder wahr iſt ſo muß wohl alles was
dazwiſchen liegt eine Annäherung zur Wahrheit ſein,
und nur der richtende Menſchengeiſt führt in die Irre.
Was kann und darf uns billiger Weiſe noch wundern
als unſre eigne Kleinheit. — Alles iſt Vater und Sohn
und heiliger Geiſt, der irdiſchen Weisheit Gränze ſind
die Sternebeſchienenen Menſchlein, die von ihrem Lichte
fabeln. — Die Wärme Deines Blutes iſt Weisheit, denn
die Liebe giebt das Leben allein. Die Wärme Deines
Geiſtes iſt Weisheit, denn die Liebe belebt den Geiſt
allein; wärm' mein Herz durch Deinen Geiſt den Du
mir einhauchſt, ſo hab ich den Geiſt Gottes; der nur
allein vermags.

Dieſe kalte Nacht hab ich zugebracht am Schreib-
tiſch um das Evangelium juventutis weiter zu führen
und hab viel gedacht was ich nicht ſagen kann.

Die Vorrathskammer der Erfahrung hat Vortheile
aufgeſpeichert, dieſe benützen zu können nach Bedürfniß
iſt Meiſterſchaft, ſie auf den Schüler über zu tragen iſt
Belehrung; hat der Schüler alles erfaßt und verſteht

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[293/0303] nicht nöthig daß wir ſie verſtehen aber daß wir an ſie glauben. Der Glaube iſt der Saame durch den ihr Geiſt in uns aufgeht ſo wie durch ihn alle Weisheit aufgeht, da er der Saame iſt einer unſterblichen Welt. Da das höchſte Wunder wahr iſt ſo muß wohl alles was dazwiſchen liegt eine Annäherung zur Wahrheit ſein, und nur der richtende Menſchengeiſt führt in die Irre. Was kann und darf uns billiger Weiſe noch wundern als unſre eigne Kleinheit. — Alles iſt Vater und Sohn und heiliger Geiſt, der irdiſchen Weisheit Gränze ſind die Sternebeſchienenen Menſchlein, die von ihrem Lichte fabeln. — Die Wärme Deines Blutes iſt Weisheit, denn die Liebe giebt das Leben allein. Die Wärme Deines Geiſtes iſt Weisheit, denn die Liebe belebt den Geiſt allein; wärm' mein Herz durch Deinen Geiſt den Du mir einhauchſt, ſo hab ich den Geiſt Gottes; der nur allein vermags. Dieſe kalte Nacht hab ich zugebracht am Schreib- tiſch um das Evangelium juventutis weiter zu führen und hab viel gedacht was ich nicht ſagen kann. Die Vorrathskammer der Erfahrung hat Vortheile aufgeſpeichert, dieſe benützen zu können nach Bedürfniß iſt Meiſterſchaft, ſie auf den Schüler über zu tragen iſt Belehrung; hat der Schüler alles erfaßt und verſteht

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/303>, abgerufen am 22.11.2024.