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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835.

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Gottes Finger die Zunge löse, das Gehör entbinde, alle
Sinne wecke, daß er empfange und ausgebe! -- Und
ist hier die Liebe nicht allein Meisterin und wir ihre
Schüler in jedem Werke das wir durch ihre Inspira-
tion vollbringen.

Kunstwerke sind zwar allein das was wir Kunst
nennen, durch was wir die Kunst zu erkennen und zu
genießen glauben. Aber so weit die Erzeugung Gottes
in Herz und Geist, erhaben ist über die Begriffe und
Mittheilungen die wir uns von ihm machen, über die
Gesetze die von ihm unter uns im zeitlichen Leben gel-
ten sollen, eben so erhaben ist die Kunst über das was
die Menschen unter sich von ihr geltend machen. Wer
sie zu verstehen wähnt der wird nicht mehr leisten, als
was der Verstand beherrscht. Wessen Sinne aber ih-
rem Geist unterworfen sind, der hat die Offenbarung.

Alles Erzeugniß der Kunst ist Symbol der Offen-
barung, und da hat oft der auffassende Geist mehr
Theil an der Offenbarung als der erzeugende. -- Die
Kunst ist Zeugniß daß die Sprache einer höheren Welt
deutlich in der unsern vernommen wird, und wenn
wir sie auslegen zu wollen uns nicht vermessen, so wird
sie selbst die Vorbereitung jenes höheren Geistesleben
in uns bewirken von dem sie die Sprache ist. Es ist

Gottes Finger die Zunge löſe, das Gehör entbinde, alle
Sinne wecke, daß er empfange und ausgebe! — Und
iſt hier die Liebe nicht allein Meiſterin und wir ihre
Schüler in jedem Werke das wir durch ihre Inſpira-
tion vollbringen.

Kunſtwerke ſind zwar allein das was wir Kunſt
nennen, durch was wir die Kunſt zu erkennen und zu
genießen glauben. Aber ſo weit die Erzeugung Gottes
in Herz und Geiſt, erhaben iſt über die Begriffe und
Mittheilungen die wir uns von ihm machen, über die
Geſetze die von ihm unter uns im zeitlichen Leben gel-
ten ſollen, eben ſo erhaben iſt die Kunſt über das was
die Menſchen unter ſich von ihr geltend machen. Wer
ſie zu verſtehen wähnt der wird nicht mehr leiſten, als
was der Verſtand beherrſcht. Weſſen Sinne aber ih-
rem Geiſt unterworfen ſind, der hat die Offenbarung.

Alles Erzeugniß der Kunſt iſt Symbol der Offen-
barung, und da hat oft der auffaſſende Geiſt mehr
Theil an der Offenbarung als der erzeugende. — Die
Kunſt iſt Zeugniß daß die Sprache einer höheren Welt
deutlich in der unſern vernommen wird, und wenn
wir ſie auslegen zu wollen uns nicht vermeſſen, ſo wird
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[292/0302] Gottes Finger die Zunge löſe, das Gehör entbinde, alle Sinne wecke, daß er empfange und ausgebe! — Und iſt hier die Liebe nicht allein Meiſterin und wir ihre Schüler in jedem Werke das wir durch ihre Inſpira- tion vollbringen. Kunſtwerke ſind zwar allein das was wir Kunſt nennen, durch was wir die Kunſt zu erkennen und zu genießen glauben. Aber ſo weit die Erzeugung Gottes in Herz und Geiſt, erhaben iſt über die Begriffe und Mittheilungen die wir uns von ihm machen, über die Geſetze die von ihm unter uns im zeitlichen Leben gel- ten ſollen, eben ſo erhaben iſt die Kunſt über das was die Menſchen unter ſich von ihr geltend machen. Wer ſie zu verſtehen wähnt der wird nicht mehr leiſten, als was der Verſtand beherrſcht. Weſſen Sinne aber ih- rem Geiſt unterworfen ſind, der hat die Offenbarung. Alles Erzeugniß der Kunſt iſt Symbol der Offen- barung, und da hat oft der auffaſſende Geiſt mehr Theil an der Offenbarung als der erzeugende. — Die Kunſt iſt Zeugniß daß die Sprache einer höheren Welt deutlich in der unſern vernommen wird, und wenn wir ſie auslegen zu wollen uns nicht vermeſſen, ſo wird ſie ſelbſt die Vorbereitung jenes höheren Geiſtesleben in uns bewirken von dem ſie die Sprache iſt. Es iſt

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/302>, abgerufen am 22.11.2024.