Das war deiner Mutter eine der liebsten Anekdoten, sie konnte noch manches dazu erzählen wie Du nach solchen Streichen immer lustig nach Hause kamst und hundert Abentheuer gehabt u. s. w. -- deiner Mutter war gut zuhören! --
In seiner Kleidung war er nun ganz entsetzlich eigen, ich mußte ihm täglich drei Toiletten besorgen, auf einen Stuhl hing ich einen Überrock, lange Beinkleider, ordinäre Weste, stellte ein Paar Stiefel dazu, auf den zweiten, einen Frack, seidne Strümpfe die er schon angehabt hatte, Schuhe u. s. w., auf den dritten kam alles vom feinsten nebst Degen und Haarbeutel, das erste zog er im Hause an, das zweite wenn er zu täglichen Bekann- ten ging, das dritte zum Galla, kam ich nun am an- dern Tag hinein da hatte ich Ordnung zu stiften, da standen die Stiefeln auf den feinen Manschetten und Halskrausen, die Schuhe standen gegen Osten und We- sten, ein Stück lag da das andre dort; da schüttelte ich den Staub aus den Kleidern legte frische Wäsche hin, brachte alles wieder in's Geleis; wie ich nun so eine Weste nehme und sie am offnen Fenster recht herzhaft in die Luft schwinge, fahren mir plötzlich eine Menge kleiner Steine in's Gesicht, darüber fing ich an zu flu- chen, er kam hinzu, ich zanke ihn aus, die Steine hät-
Das war deiner Mutter eine der liebſten Anekdoten, ſie konnte noch manches dazu erzählen wie Du nach ſolchen Streichen immer luſtig nach Hauſe kamſt und hundert Abentheuer gehabt u. ſ. w. — deiner Mutter war gut zuhören! —
In ſeiner Kleidung war er nun ganz entſetzlich eigen, ich mußte ihm täglich drei Toiletten beſorgen, auf einen Stuhl hing ich einen Überrock, lange Beinkleider, ordinäre Weſte, ſtellte ein Paar Stiefel dazu, auf den zweiten, einen Frack, ſeidne Strümpfe die er ſchon angehabt hatte, Schuhe u. ſ. w., auf den dritten kam alles vom feinſten nebſt Degen und Haarbeutel, das erſte zog er im Hauſe an, das zweite wenn er zu täglichen Bekann- ten ging, das dritte zum Galla, kam ich nun am an- dern Tag hinein da hatte ich Ordnung zu ſtiften, da ſtanden die Stiefeln auf den feinen Manſchetten und Halskrauſen, die Schuhe ſtanden gegen Oſten und We- ſten, ein Stück lag da das andre dort; da ſchüttelte ich den Staub aus den Kleidern legte friſche Wäſche hin, brachte alles wieder in's Geleis; wie ich nun ſo eine Weſte nehme und ſie am offnen Fenſter recht herzhaft in die Luft ſchwinge, fahren mir plötzlich eine Menge kleiner Steine in's Geſicht, darüber fing ich an zu flu- chen, er kam hinzu, ich zanke ihn aus, die Steine hät-
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Das war deiner Mutter eine der liebſten Anekdoten,
ſie konnte noch manches dazu erzählen wie Du nach
ſolchen Streichen immer luſtig nach Hauſe kamſt und
hundert Abentheuer gehabt u. ſ. w. — deiner Mutter
war gut zuhören! —
In ſeiner Kleidung war er nun ganz entſetzlich eigen,
ich mußte ihm täglich drei Toiletten beſorgen, auf einen
Stuhl hing ich einen Überrock, lange Beinkleider, ordinäre
Weſte, ſtellte ein Paar Stiefel dazu, auf den zweiten,
einen Frack, ſeidne Strümpfe die er ſchon angehabt
hatte, Schuhe u. ſ. w., auf den dritten kam alles vom
feinſten nebſt Degen und Haarbeutel, das erſte zog er
im Hauſe an, das zweite wenn er zu täglichen Bekann-
ten ging, das dritte zum Galla, kam ich nun am an-
dern Tag hinein da hatte ich Ordnung zu ſtiften, da
ſtanden die Stiefeln auf den feinen Manſchetten und
Halskrauſen, die Schuhe ſtanden gegen Oſten und We-
ſten, ein Stück lag da das andre dort; da ſchüttelte ich
den Staub aus den Kleidern legte friſche Wäſche hin,
brachte alles wieder in's Geleis; wie ich nun ſo eine
Weſte nehme und ſie am offnen Fenſter recht herzhaft
in die Luft ſchwinge, fahren mir plötzlich eine Menge
kleiner Steine in's Geſicht, darüber fing ich an zu flu-
chen, er kam hinzu, ich zanke ihn aus, die Steine hät-
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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/269>, abgerufen am 25.11.2024.
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