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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835.

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und Richtmaaß. Mit der Nähnadel und Scheere muß
ich auch eingreifen; eine Reisemütze hat er erfunden de-
ren Zipfel sich in einen Sonnenschirm ausbreitet, und
einen Reisewagen rund wie eine Paucke, mit Lämmer-
fell ausgeschlagen, der von selbst fährt, Gedichte macht
er auch; ein Lustspiel hat er gemacht zum Lachen für
Mund und Herz; auf der Flöte bläst er in die tiefe
Nacht hinein selbst gemachte sehr schöne brillante Va-
riationen die im ganzen Praginer Kreis wiederhallen.
Er lehrt mich reiten und das Pferd regieren wie ein
Mann; er läßt mich ohne Sattel reiten, und wundert
sich daß ich sitzen bleib im Galopp. Der Gaul will
mich nicht fallen lassen, er kneipt mich in den Fuß zum
Scherz und daß ich Muth haben soll, er ist vielleicht
ein verwünschter Prinz dem ich gefall. Fechten lehrt
mich der Christian auch, mit der linken Hand und mit
der rechten, und nach dem Ziel schießen nach einer gro-
ßen Sonnenblum, das lern ich alles mit Eifer, damit
mein Leben doch nicht gar zu dumm wird, wenn's wie-
der Krieg giebt; heute Abend waren wir auf der Jagd
und haben Schmetterlinge geschossen, zwei hab ich ge-
troffen auf einen Schuß.

So geht der Tag rasch vorüber, erst fürchtete ich
vor Zeitüberfluß allzulange Briefe zu schreiben, oder

und Richtmaaß. Mit der Nähnadel und Scheere muß
ich auch eingreifen; eine Reiſemütze hat er erfunden de-
ren Zipfel ſich in einen Sonnenſchirm ausbreitet, und
einen Reiſewagen rund wie eine Paucke, mit Lämmer-
fell ausgeſchlagen, der von ſelbſt fährt, Gedichte macht
er auch; ein Luſtſpiel hat er gemacht zum Lachen für
Mund und Herz; auf der Flöte bläſt er in die tiefe
Nacht hinein ſelbſt gemachte ſehr ſchöne brillante Va-
riationen die im ganzen Praginer Kreis wiederhallen.
Er lehrt mich reiten und das Pferd regieren wie ein
Mann; er läßt mich ohne Sattel reiten, und wundert
ſich daß ich ſitzen bleib im Galopp. Der Gaul will
mich nicht fallen laſſen, er kneipt mich in den Fuß zum
Scherz und daß ich Muth haben ſoll, er iſt vielleicht
ein verwünſchter Prinz dem ich gefall. Fechten lehrt
mich der Chriſtian auch, mit der linken Hand und mit
der rechten, und nach dem Ziel ſchießen nach einer gro-
ßen Sonnenblum, das lern ich alles mit Eifer, damit
mein Leben doch nicht gar zu dumm wird, wenn's wie-
der Krieg giebt; heute Abend waren wir auf der Jagd
und haben Schmetterlinge geſchoſſen, zwei hab ich ge-
troffen auf einen Schuß.

So geht der Tag raſch vorüber, erſt fürchtete ich
vor Zeitüberfluß allzulange Briefe zu ſchreiben, oder

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[226/0236] und Richtmaaß. Mit der Nähnadel und Scheere muß ich auch eingreifen; eine Reiſemütze hat er erfunden de- ren Zipfel ſich in einen Sonnenſchirm ausbreitet, und einen Reiſewagen rund wie eine Paucke, mit Lämmer- fell ausgeſchlagen, der von ſelbſt fährt, Gedichte macht er auch; ein Luſtſpiel hat er gemacht zum Lachen für Mund und Herz; auf der Flöte bläſt er in die tiefe Nacht hinein ſelbſt gemachte ſehr ſchöne brillante Va- riationen die im ganzen Praginer Kreis wiederhallen. Er lehrt mich reiten und das Pferd regieren wie ein Mann; er läßt mich ohne Sattel reiten, und wundert ſich daß ich ſitzen bleib im Galopp. Der Gaul will mich nicht fallen laſſen, er kneipt mich in den Fuß zum Scherz und daß ich Muth haben ſoll, er iſt vielleicht ein verwünſchter Prinz dem ich gefall. Fechten lehrt mich der Chriſtian auch, mit der linken Hand und mit der rechten, und nach dem Ziel ſchießen nach einer gro- ßen Sonnenblum, das lern ich alles mit Eifer, damit mein Leben doch nicht gar zu dumm wird, wenn's wie- der Krieg giebt; heute Abend waren wir auf der Jagd und haben Schmetterlinge geſchoſſen, zwei hab ich ge- troffen auf einen Schuß. So geht der Tag raſch vorüber, erſt fürchtete ich vor Zeitüberfluß allzulange Briefe zu ſchreiben, oder

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/236>, abgerufen am 23.11.2024.