Dir noch schreiben? die ganze Welt hat ihre Farbe für mich verloren. Ein großer Mann sei Napoleon, so sa- gen hier alle Leute, ja äußerlich, aber dieser äußern Größe opfert er alles was seine unplanetarische Lauf- bahn durchkreuzt. Unser Hofer, innerlich groß, ein hei- liger deutscher Charakter, wenn Napoleon ihn geschützt hätte dann wollt ich ihn auch groß nennen. -- Und der Kaiser, konnte der nicht sagen, gieb mir meinen Tyroler Helden so geb ich Dir meine Tochter, so hätte die Ge- schichte groß genennt was jetzt sie klein nennen muß.
Adieu! daß Du mein Tagebuch zum Tempel einer indischen Gottheit erhebst ist Prädestination. Von jenen lichten Waldungen des Äthers, von Sonnenwohnungen, vom vielgestaltigen Dunkel und einer bildlosen Klarheit in der die tiefe Seele lebt und athmet, habe ich oft schon geträumt.
An Rumohr konnt ich deinen Gruß nicht bestellen, ich weiß nicht nach welcher Seite er mit dem Winde davon gestoben ist.
Landshut, den 10. März 1810.
II. 8
Dir noch ſchreiben? die ganze Welt hat ihre Farbe für mich verloren. Ein großer Mann ſei Napoleon, ſo ſa- gen hier alle Leute, ja äußerlich, aber dieſer äußern Größe opfert er alles was ſeine unplanetariſche Lauf- bahn durchkreuzt. Unſer Hofer, innerlich groß, ein hei- liger deutſcher Charakter, wenn Napoleon ihn geſchützt hätte dann wollt ich ihn auch groß nennen. — Und der Kaiſer, konnte der nicht ſagen, gieb mir meinen Tyroler Helden ſo geb ich Dir meine Tochter, ſo hätte die Ge- ſchichte groß genennt was jetzt ſie klein nennen muß.
Adieu! daß Du mein Tagebuch zum Tempel einer indiſchen Gottheit erhebſt iſt Prädeſtination. Von jenen lichten Waldungen des Äthers, von Sonnenwohnungen, vom vielgeſtaltigen Dunkel und einer bildloſen Klarheit in der die tiefe Seele lebt und athmet, habe ich oft ſchon geträumt.
An Rumohr konnt ich deinen Gruß nicht beſtellen, ich weiß nicht nach welcher Seite er mit dem Winde davon geſtoben iſt.
Landshut, den 10. März 1810.
II. 8
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Dir noch ſchreiben? die ganze Welt hat ihre Farbe für
mich verloren. Ein großer Mann ſei Napoleon, ſo ſa-
gen hier alle Leute, ja äußerlich, aber dieſer äußern
Größe opfert er alles was ſeine unplanetariſche Lauf-
bahn durchkreuzt. Unſer Hofer, innerlich groß, ein hei-
liger deutſcher Charakter, wenn Napoleon ihn geſchützt
hätte dann wollt ich ihn auch groß nennen. — Und der
Kaiſer, konnte der nicht ſagen, gieb mir meinen Tyroler
Helden ſo geb ich Dir meine Tochter, ſo hätte die Ge-
ſchichte groß genennt was jetzt ſie klein nennen muß.
Adieu! daß Du mein Tagebuch zum Tempel einer
indiſchen Gottheit erhebſt iſt Prädeſtination. Von jenen
lichten Waldungen des Äthers, von Sonnenwohnungen,
vom vielgeſtaltigen Dunkel und einer bildloſen Klarheit
in der die tiefe Seele lebt und athmet, habe ich oft ſchon
geträumt.
An Rumohr konnt ich deinen Gruß nicht beſtellen,
ich weiß nicht nach welcher Seite er mit dem Winde
davon geſtoben iſt.
Landshut, den 10. März 1810.
II. 8
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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/179>, abgerufen am 22.11.2024.
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