Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835.Am Morgen. Über Nacht blüht oft ein Glück empor wie die tür- Ach schreibe mir bald, ich bin unruhig über alles Bettine. 7*
Am Morgen. Über Nacht blüht oft ein Glück empor wie die tür- Ach ſchreibe mir bald, ich bin unruhig über alles Bettine. 7*
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Am Morgen.
Über Nacht blüht oft ein Glück empor wie die tür-
kiſche Bohne die am Abend gepflanzt bis zum Morgen
hinaufwuchs und ſich in die Mondſichel einrankte; aber
beim erſten Sonnenſtrahl verwelkt alles bis zur Wur-
zel, ſo hat ſich heute Nacht mein Traum blühend zu
Dir hinauf gerankt, und eben war's am ſchönſten, Du
nannteſt mich „dein Alles,“ da dämmerte der Morgen
und der ſchöne Traum war verwelkt, wie die türkiſche
Bohne an der man Nachts ſo bequem das Mondland
erſtieg.
Ach ſchreibe mir bald, ich bin unruhig über alles
was ich gewagt habe in dieſem Brief, ich ſchließe ihn
um einen neuen anzufangen, ich könnte zwar zurück-
halten was ich Dir über die Wahlverwandtſchaften ſagte,
aber wär es recht dem Freund zu verſchweigen was im
Labyrinth der Bruſt wandelt in der Nacht? —
Bettine.
7*
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Zitationshilfe: | Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/157>, abgerufen am 16.02.2025. |