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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835.

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änderte, so brachten wir eine interessante kleine Samm-
lung zusammen wie ich gehe und stehe und liege; in
die umliegende Gegend ist er gereist wo schöne anzie-
hende Gesichter sind, er brachte allemal einen Schatz von
radierten Blättchen mit, mit schöner Treue, für das ge-
müthliche nachgeahmt; das einfache Evangelium was
ich ihm predige ist nichts anders als was dem Veilchen
der laue Westwind zuflüstert. Dadurch wird's nicht in
Irrthümer geführt werden. Beiliegende radierte Blätt-
chen nach der Natur werden Dich erfreuen.

Der Musiker ist mein Liebling, und bei diesem könnte
ich schon eher in meinen Kunstpredigten über die Schnur
gehauen haben, denn da hole ich weiter aus, und hier
schenke ich Dir nichts; es geht nächstens wieder über Dich
her, Du mußt das überströmende unbegriffne Ahnungs-
gefühl wunderbarer Kräfte und ihrer mystischen Wir-
kungen in Dich aufnehmen, nächstens werde ich tiefer
Athem holen und alles vor Dir aussprechen. Sehr son-
derbar ist es, auch einen Architekten lernte ich früher
schon kennen, der in deinen Wahlverwandtschaften un-
verkennbar erscheint; er verdient es durch frühere enthu-
siastische Liebe zu Dir. Er machte damals einen Plan
zu einem sehr wunderbaren Haus für Dich das auf ei-

änderte, ſo brachten wir eine intereſſante kleine Samm-
lung zuſammen wie ich gehe und ſtehe und liege; in
die umliegende Gegend iſt er gereiſt wo ſchöne anzie-
hende Geſichter ſind, er brachte allemal einen Schatz von
radierten Blättchen mit, mit ſchöner Treue, für das ge-
müthliche nachgeahmt; das einfache Evangelium was
ich ihm predige iſt nichts anders als was dem Veilchen
der laue Weſtwind zuflüſtert. Dadurch wird's nicht in
Irrthümer geführt werden. Beiliegende radierte Blätt-
chen nach der Natur werden Dich erfreuen.

Der Muſiker iſt mein Liebling, und bei dieſem könnte
ich ſchon eher in meinen Kunſtpredigten über die Schnur
gehauen haben, denn da hole ich weiter aus, und hier
ſchenke ich Dir nichts; es geht nächſtens wieder über Dich
her, Du mußt das überſtrömende unbegriffne Ahnungs-
gefühl wunderbarer Kräfte und ihrer myſtiſchen Wir-
kungen in Dich aufnehmen, nächſtens werde ich tiefer
Athem holen und alles vor Dir ausſprechen. Sehr ſon-
derbar iſt es, auch einen Architekten lernte ich früher
ſchon kennen, der in deinen Wahlverwandtſchaften un-
verkennbar erſcheint; er verdient es durch frühere enthu-
ſiaſtiſche Liebe zu Dir. Er machte damals einen Plan
zu einem ſehr wunderbaren Haus für Dich das auf ei-

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[141/0151] änderte, ſo brachten wir eine intereſſante kleine Samm- lung zuſammen wie ich gehe und ſtehe und liege; in die umliegende Gegend iſt er gereiſt wo ſchöne anzie- hende Geſichter ſind, er brachte allemal einen Schatz von radierten Blättchen mit, mit ſchöner Treue, für das ge- müthliche nachgeahmt; das einfache Evangelium was ich ihm predige iſt nichts anders als was dem Veilchen der laue Weſtwind zuflüſtert. Dadurch wird's nicht in Irrthümer geführt werden. Beiliegende radierte Blätt- chen nach der Natur werden Dich erfreuen. Der Muſiker iſt mein Liebling, und bei dieſem könnte ich ſchon eher in meinen Kunſtpredigten über die Schnur gehauen haben, denn da hole ich weiter aus, und hier ſchenke ich Dir nichts; es geht nächſtens wieder über Dich her, Du mußt das überſtrömende unbegriffne Ahnungs- gefühl wunderbarer Kräfte und ihrer myſtiſchen Wir- kungen in Dich aufnehmen, nächſtens werde ich tiefer Athem holen und alles vor Dir ausſprechen. Sehr ſon- derbar iſt es, auch einen Architekten lernte ich früher ſchon kennen, der in deinen Wahlverwandtſchaften un- verkennbar erſcheint; er verdient es durch frühere enthu- ſiaſtiſche Liebe zu Dir. Er machte damals einen Plan zu einem ſehr wunderbaren Haus für Dich das auf ei-

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/151>, abgerufen am 22.11.2024.