faßt sein, und es ist mir zum warnenden Merkzeichen, daß ich dem launigen April, obschon im Scheiden be- griffen, deine erste Erscheinung verdanke.
Goethe.
An Goethe.
München, den 9. November.
Ach, es ist so schauerlich mit sich allein sein in man- cher Stunde! Ach, so mancher Gedanke bedarf des Tro- stes, den man doch Niemand sagen kann, so manche Stimmung, die gradezu in's Ungeheure, Gestaltlose hin- zieht, will verwunden sein. Hinaus in's Kalte, Freie, auf die höchsten Schneealpen, mitten in der Nacht, wo der Sturmwind einem anblies, wo man dem einzigen einengenden Gefühl der Furcht hart und keck entgegen träte, da könnte einem wohl werden, bilde ich mir ein.
Wenn dein Genius eine Sturmwolke an dem ho- hen, blauen Himmel hinträgt und sie endlich von den breiten, mächtigen Schwingen niederschmettern läßt in die volle Blüthe der Rosenzeit, das erregt nicht allge- meines Mitleid; mancher genießt den Zauber der Ver- wirrung, mancher löst sein eignes Begehren drinn auf, ein dritter (mit diesem ich) senkt sich neben die Rose
faßt ſein, und es iſt mir zum warnenden Merkzeichen, daß ich dem launigen April, obſchon im Scheiden be- griffen, deine erſte Erſcheinung verdanke.
Goethe.
An Goethe.
München, den 9. November.
Ach, es iſt ſo ſchauerlich mit ſich allein ſein in man- cher Stunde! Ach, ſo mancher Gedanke bedarf des Tro- ſtes, den man doch Niemand ſagen kann, ſo manche Stimmung, die gradezu in's Ungeheure, Geſtaltloſe hin- zieht, will verwunden ſein. Hinaus in's Kalte, Freie, auf die höchſten Schneealpen, mitten in der Nacht, wo der Sturmwind einem anblies, wo man dem einzigen einengenden Gefühl der Furcht hart und keck entgegen träte, da könnte einem wohl werden, bilde ich mir ein.
Wenn dein Genius eine Sturmwolke an dem ho- hen, blauen Himmel hinträgt und ſie endlich von den breiten, mächtigen Schwingen niederſchmettern läßt in die volle Blüthe der Roſenzeit, das erregt nicht allge- meines Mitleid; mancher genießt den Zauber der Ver- wirrung, mancher löſt ſein eignes Begehren drinn auf, ein dritter (mit dieſem ich) ſenkt ſich neben die Roſe
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faßt ſein, und es iſt mir zum warnenden Merkzeichen,
daß ich dem launigen April, obſchon im Scheiden be-
griffen, deine erſte Erſcheinung verdanke.
Goethe.
An Goethe.
München, den 9. November.
Ach, es iſt ſo ſchauerlich mit ſich allein ſein in man-
cher Stunde! Ach, ſo mancher Gedanke bedarf des Tro-
ſtes, den man doch Niemand ſagen kann, ſo manche
Stimmung, die gradezu in's Ungeheure, Geſtaltloſe hin-
zieht, will verwunden ſein. Hinaus in's Kalte, Freie,
auf die höchſten Schneealpen, mitten in der Nacht, wo
der Sturmwind einem anblies, wo man dem einzigen
einengenden Gefühl der Furcht hart und keck entgegen
träte, da könnte einem wohl werden, bilde ich mir ein.
Wenn dein Genius eine Sturmwolke an dem ho-
hen, blauen Himmel hinträgt und ſie endlich von den
breiten, mächtigen Schwingen niederſchmettern läßt in
die volle Blüthe der Roſenzeit, das erregt nicht allge-
meines Mitleid; mancher genießt den Zauber der Ver-
wirrung, mancher löſt ſein eignes Begehren drinn auf,
ein dritter (mit dieſem ich) ſenkt ſich neben die Roſe
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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/144>, abgerufen am 21.11.2024.
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