Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

samkeiten vorzubeugen; das war von ihm zu erwarten,
aber daß er diese Erwartung nicht zu Schanden ge-
macht hat, dafür sei er gelobt und gesegnet.

Einliegendes Kupfer von Heinze wirst Du wohl er-
kennen, ich hab's von Sömmering erhalten, und zu-
gleich den Auftrag, um dein Urtheil darüber zu bitten,
er selbst findet es gleichend, aber nicht in den edelsten
Zügen; ich sage: es hat eine große Ähnlichkeit mit ei-
nem Bock, dies ließe sich noch rechtfertigen.

Tiek liegt noch immer als Kranker auf dem Ruhe-
bettlein, ein Zirkel vornehmer und schöner Damen um-
giebt sein Lager, das paßt zu gut und gefällt ihm zu
wohl als daß er je vom Platz rückte.

Jacobi befindet sich ganz leidlich, Tante Lehne
schreit zwar, sein Kopf tauge nichts, der, so wie er et-
was philosophisches schreiben wolle, ihn schmerze, zu-
sammt den Augen; wenn nun auch der Kopf nichts
taugt, so war doch sein Herz sehr lebendig aufgeregt
als ich ihm vorlas was Du für ihn geschrieben hast;
ich mußte es ihm abschreiben, er meinte, da er keine so
freundliche Fürsprache bei Dir habe wie Du bei ihm,
so müsse er wohl selbst Dir schriftlich danken, einstwei-
len schickt er beikommende Rede über Vernunft und
Verstand.

Bettine.
II. 5

ſamkeiten vorzubeugen; das war von ihm zu erwarten,
aber daß er dieſe Erwartung nicht zu Schanden ge-
macht hat, dafür ſei er gelobt und geſegnet.

Einliegendes Kupfer von Heinze wirſt Du wohl er-
kennen, ich hab's von Sömmering erhalten, und zu-
gleich den Auftrag, um dein Urtheil darüber zu bitten,
er ſelbſt findet es gleichend, aber nicht in den edelſten
Zügen; ich ſage: es hat eine große Ähnlichkeit mit ei-
nem Bock, dies ließe ſich noch rechtfertigen.

Tiek liegt noch immer als Kranker auf dem Ruhe-
bettlein, ein Zirkel vornehmer und ſchöner Damen um-
giebt ſein Lager, das paßt zu gut und gefällt ihm zu
wohl als daß er je vom Platz rückte.

Jacobi befindet ſich ganz leidlich, Tante Lehne
ſchreit zwar, ſein Kopf tauge nichts, der, ſo wie er et-
was philoſophiſches ſchreiben wolle, ihn ſchmerze, zu-
ſammt den Augen; wenn nun auch der Kopf nichts
taugt, ſo war doch ſein Herz ſehr lebendig aufgeregt
als ich ihm vorlas was Du für ihn geſchrieben haſt;
ich mußte es ihm abſchreiben, er meinte, da er keine ſo
freundliche Fürſprache bei Dir habe wie Du bei ihm,
ſo müſſe er wohl ſelbſt Dir ſchriftlich danken, einſtwei-
len ſchickt er beikommende Rede über Vernunft und
Verſtand.

Bettine.
II. 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0107" n="97"/>
&#x017F;amkeiten vorzubeugen; das war von ihm zu erwarten,<lb/>
aber daß er die&#x017F;e Erwartung nicht zu Schanden ge-<lb/>
macht hat, dafür &#x017F;ei er gelobt und ge&#x017F;egnet.</p><lb/>
          <p>Einliegendes Kupfer von Heinze wir&#x017F;t Du wohl er-<lb/>
kennen, ich hab's von Sömmering erhalten, und zu-<lb/>
gleich den Auftrag, um dein Urtheil darüber zu bitten,<lb/>
er &#x017F;elb&#x017F;t findet es gleichend, aber nicht in den edel&#x017F;ten<lb/>
Zügen; ich &#x017F;age: es hat eine große Ähnlichkeit mit ei-<lb/>
nem Bock, dies ließe &#x017F;ich noch rechtfertigen.</p><lb/>
          <p>Tiek liegt noch immer als Kranker auf dem Ruhe-<lb/>
bettlein, ein Zirkel vornehmer und &#x017F;chöner Damen um-<lb/>
giebt &#x017F;ein Lager, das paßt zu gut und gefällt ihm zu<lb/>
wohl als daß er je vom Platz rückte.</p><lb/>
          <p>Jacobi befindet &#x017F;ich ganz leidlich, Tante Lehne<lb/>
&#x017F;chreit zwar, &#x017F;ein Kopf tauge nichts, der, &#x017F;o wie er et-<lb/>
was philo&#x017F;ophi&#x017F;ches &#x017F;chreiben wolle, ihn &#x017F;chmerze, zu-<lb/>
&#x017F;ammt den Augen; wenn nun auch der Kopf nichts<lb/>
taugt, &#x017F;o war doch &#x017F;ein Herz &#x017F;ehr lebendig aufgeregt<lb/>
als ich ihm vorlas was Du für ihn ge&#x017F;chrieben ha&#x017F;t;<lb/>
ich mußte es ihm ab&#x017F;chreiben, er meinte, da er keine &#x017F;o<lb/>
freundliche Für&#x017F;prache bei Dir habe wie Du bei ihm,<lb/>
&#x017F;o mü&#x017F;&#x017F;e er wohl &#x017F;elb&#x017F;t Dir &#x017F;chriftlich danken, ein&#x017F;twei-<lb/>
len &#x017F;chickt er beikommende Rede über Vernunft und<lb/>
Ver&#x017F;tand.</p>
          <closer>
            <salute> <hi rendition="#et">Bettine.</hi> </salute>
          </closer>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">II.</hi> 5</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[97/0107] ſamkeiten vorzubeugen; das war von ihm zu erwarten, aber daß er dieſe Erwartung nicht zu Schanden ge- macht hat, dafür ſei er gelobt und geſegnet. Einliegendes Kupfer von Heinze wirſt Du wohl er- kennen, ich hab's von Sömmering erhalten, und zu- gleich den Auftrag, um dein Urtheil darüber zu bitten, er ſelbſt findet es gleichend, aber nicht in den edelſten Zügen; ich ſage: es hat eine große Ähnlichkeit mit ei- nem Bock, dies ließe ſich noch rechtfertigen. Tiek liegt noch immer als Kranker auf dem Ruhe- bettlein, ein Zirkel vornehmer und ſchöner Damen um- giebt ſein Lager, das paßt zu gut und gefällt ihm zu wohl als daß er je vom Platz rückte. Jacobi befindet ſich ganz leidlich, Tante Lehne ſchreit zwar, ſein Kopf tauge nichts, der, ſo wie er et- was philoſophiſches ſchreiben wolle, ihn ſchmerze, zu- ſammt den Augen; wenn nun auch der Kopf nichts taugt, ſo war doch ſein Herz ſehr lebendig aufgeregt als ich ihm vorlas was Du für ihn geſchrieben haſt; ich mußte es ihm abſchreiben, er meinte, da er keine ſo freundliche Fürſprache bei Dir habe wie Du bei ihm, ſo müſſe er wohl ſelbſt Dir ſchriftlich danken, einſtwei- len ſchickt er beikommende Rede über Vernunft und Verſtand. Bettine. II. 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/107
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/107>, abgerufen am 22.11.2024.