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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835.

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Siehst Du, das war ein Umweg und etwas von
meiner Weisheit; sie kann sich freilich der Weltweisheit,
die zwischen Dir und Deiner Amie Stael obwaltet, nicht
begreiflich machen; -- aber das kann ich Dir sagen:
ich hab' schon viele große Werke gesehen von zähem
Inhalt in schweinsledernem Einband; ich habe Gelehrte
brummen hören, und ich habe immer gedacht eine ein-
zige Blume müsse all' dies beschämen, und ein einziger
Maikäfer müsse durch einen Schneller, den er einem
Philosophen an die Nase giebt, sein ganzes System
umpurzeln.

Pax tecum! wir wollen's einander verzeihen; ich,
daß Du einen Herzens- und Geistesbund mit der Stael
geschlossen hast, worüber, der Prophezeihung Deiner
Mutter nach, ganz Deutschland und Frankreich die Au-
gen aufreißen wird, denn es wird doch nichts draus; --
und Du, daß ich so aberwitzig bin, alles besser wissen
und mehr als alle Dir gelten zu wollen, denn das ge-
fällt Dir. --

Heute geh' ich noch einmal auf den Rochusberg;
ich will sehen, was die Bienen machen im Beichtstuhl
ich nehme allerlei Pflanzen mit, die in Scherben einge-
setzt sind, und auch einen Rebstock; die grab ich dort
oben ein; die Rebe soll am Kreuz hinauf wachsen, in

Siehſt Du, das war ein Umweg und etwas von
meiner Weisheit; ſie kann ſich freilich der Weltweisheit,
die zwiſchen Dir und Deiner Amie Staël obwaltet, nicht
begreiflich machen; — aber das kann ich Dir ſagen:
ich hab' ſchon viele große Werke geſehen von zähem
Inhalt in ſchweinsledernem Einband; ich habe Gelehrte
brummen hören, und ich habe immer gedacht eine ein-
zige Blume müſſe all' dies beſchämen, und ein einziger
Maikäfer müſſe durch einen Schneller, den er einem
Philoſophen an die Naſe giebt, ſein ganzes Syſtem
umpurzeln.

Pax tecum! wir wollen's einander verzeihen; ich,
daß Du einen Herzens- und Geiſtesbund mit der Staël
geſchloſſen haſt, worüber, der Prophezeihung Deiner
Mutter nach, ganz Deutſchland und Frankreich die Au-
gen aufreißen wird, denn es wird doch nichts draus; —
und Du, daß ich ſo aberwitzig bin, alles beſſer wiſſen
und mehr als alle Dir gelten zu wollen, denn das ge-
fällt Dir. —

Heute geh' ich noch einmal auf den Rochusberg;
ich will ſehen, was die Bienen machen im Beichtſtuhl
ich nehme allerlei Pflanzen mit, die in Scherben einge-
ſetzt ſind, und auch einen Rebſtock; die grab ich dort
oben ein; die Rebe ſoll am Kreuz hinauf wachſen, in

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[329/0361] Siehſt Du, das war ein Umweg und etwas von meiner Weisheit; ſie kann ſich freilich der Weltweisheit, die zwiſchen Dir und Deiner Amie Staël obwaltet, nicht begreiflich machen; — aber das kann ich Dir ſagen: ich hab' ſchon viele große Werke geſehen von zähem Inhalt in ſchweinsledernem Einband; ich habe Gelehrte brummen hören, und ich habe immer gedacht eine ein- zige Blume müſſe all' dies beſchämen, und ein einziger Maikäfer müſſe durch einen Schneller, den er einem Philoſophen an die Naſe giebt, ſein ganzes Syſtem umpurzeln. Pax tecum! wir wollen's einander verzeihen; ich, daß Du einen Herzens- und Geiſtesbund mit der Staël geſchloſſen haſt, worüber, der Prophezeihung Deiner Mutter nach, ganz Deutſchland und Frankreich die Au- gen aufreißen wird, denn es wird doch nichts draus; — und Du, daß ich ſo aberwitzig bin, alles beſſer wiſſen und mehr als alle Dir gelten zu wollen, denn das ge- fällt Dir. — Heute geh' ich noch einmal auf den Rochusberg; ich will ſehen, was die Bienen machen im Beichtſtuhl ich nehme allerlei Pflanzen mit, die in Scherben einge- ſetzt ſind, und auch einen Rebſtock; die grab ich dort oben ein; die Rebe ſoll am Kreuz hinauf wachſen, in

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/361>, abgerufen am 23.11.2024.