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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835.

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still verhalten und die Feder laufen lassen. Die ganze
Natur zeigte mir im Spiegel, was ich Dir sagen soll;
wahrhaftig, ich habe geglaubt, alles sei von Gott so
angeordnet, daß die Liebe einen Briefwechsel zwischen
uns führe. Aber Du hast mehr Zutrauen in die be-
rühmte Frau, die das große Werk geschrieben hat sur
les passions,
von welchen ich nichts weiß. -- Ach glaub'
nur, Du bist vor die unrechte Schmiede gegangen;
Lieben: das allein macht klug.

Über Musik hatte ich Dir auch noch manches zu
sagen; es war alles schon so hübsch angeordnet; erst
mußt Du begreifen, was Du ihr alles schon zu verdan-
ken hast. -- Du bist nicht feuerfest. Musik bringt Dich
nicht in Gluth, weil Du einschmelzen könntest.

So närrisch bin ich nicht, zu glauben, daß Musik
keinen Einfluß auf Dich habe. Da ich doch glaube an
das Firmament in deinem Geist, da Sonne und Mond
sammt allen Sternen in Dir leuchten, da soll ich zweiflen,
daß dieser höchste Planet über alle, der Licht ergießt,
der ein Gewaltiger ist unserer Sinne, Dich nicht durch-
ströme? Meinst Du dann, Du wärst der Du bist,
wenn es nicht Musik wäre in Dir? -- Du solltest Dich
vor dem Tod fürchten, da doch Musik ihn auflöst? Du

ſtill verhalten und die Feder laufen laſſen. Die ganze
Natur zeigte mir im Spiegel, was ich Dir ſagen ſoll;
wahrhaftig, ich habe geglaubt, alles ſei von Gott ſo
angeordnet, daß die Liebe einen Briefwechſel zwiſchen
uns führe. Aber Du haſt mehr Zutrauen in die be-
rühmte Frau, die das große Werk geſchrieben hat sur
les passions,
von welchen ich nichts weiß. — Ach glaub'
nur, Du biſt vor die unrechte Schmiede gegangen;
Lieben: das allein macht klug.

Über Muſik hatte ich Dir auch noch manches zu
ſagen; es war alles ſchon ſo hübſch angeordnet; erſt
mußt Du begreifen, was Du ihr alles ſchon zu verdan-
ken haſt. — Du biſt nicht feuerfeſt. Muſik bringt Dich
nicht in Gluth, weil Du einſchmelzen könnteſt.

So närriſch bin ich nicht, zu glauben, daß Muſik
keinen Einfluß auf Dich habe. Da ich doch glaube an
das Firmament in deinem Geiſt, da Sonne und Mond
ſammt allen Sternen in Dir leuchten, da ſoll ich zweiflen,
daß dieſer höchſte Planet über alle, der Licht ergießt,
der ein Gewaltiger iſt unſerer Sinne, Dich nicht durch-
ſtröme? Meinſt Du dann, Du wärſt der Du biſt,
wenn es nicht Muſik wäre in Dir? — Du ſollteſt Dich
vor dem Tod fürchten, da doch Muſik ihn auflöſt? Du

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[320/0352] ſtill verhalten und die Feder laufen laſſen. Die ganze Natur zeigte mir im Spiegel, was ich Dir ſagen ſoll; wahrhaftig, ich habe geglaubt, alles ſei von Gott ſo angeordnet, daß die Liebe einen Briefwechſel zwiſchen uns führe. Aber Du haſt mehr Zutrauen in die be- rühmte Frau, die das große Werk geſchrieben hat sur les passions, von welchen ich nichts weiß. — Ach glaub' nur, Du biſt vor die unrechte Schmiede gegangen; Lieben: das allein macht klug. Über Muſik hatte ich Dir auch noch manches zu ſagen; es war alles ſchon ſo hübſch angeordnet; erſt mußt Du begreifen, was Du ihr alles ſchon zu verdan- ken haſt. — Du biſt nicht feuerfeſt. Muſik bringt Dich nicht in Gluth, weil Du einſchmelzen könnteſt. So närriſch bin ich nicht, zu glauben, daß Muſik keinen Einfluß auf Dich habe. Da ich doch glaube an das Firmament in deinem Geiſt, da Sonne und Mond ſammt allen Sternen in Dir leuchten, da ſoll ich zweiflen, daß dieſer höchſte Planet über alle, der Licht ergießt, der ein Gewaltiger iſt unſerer Sinne, Dich nicht durch- ſtröme? Meinſt Du dann, Du wärſt der Du biſt, wenn es nicht Muſik wäre in Dir? — Du ſollteſt Dich vor dem Tod fürchten, da doch Muſik ihn auflöſt? Du

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/352>, abgerufen am 22.11.2024.