mich macht, wenn sie recht von Herzen lacht. Mein Un- glück führte mich grade nach Frankfurt, als Frau von Stael durchkam, ich hatte sie schon in Mainz einen gan- zen Abend genossen, die Mutter aber war recht froh, daß ich ihr Beistand leistete, denn sie war schon preve- nirt, daß die Stael ihr einen Brief von Dir bringen würde, und sie wünschte, daß ich die Intermezzos spie- len möge, wenn ihr bei dieser großen Katastrophe Er- holung nöthig sei. Die Mutter hat mir nun befohlen, Dir alles ausführlich zu beschreiben; die entervue war bei Bethmann-Schaaf, in den Zimmern des Moritz Bethmann. Die Mutter hatte sich -- ob aus Ironie oder aus Übermuth, wunderbar geschmückt, aber mit deutscher Laune, nicht mit französischem Geschmack, ich muß Dir sagen, daß wenn ich die Mutter ansah, mit ihren drei Federn auf dem Kopf, die nach drei verschie- denen Seiten hinschwankten, eine rothe, eine weiße und eine blaue -- die französischen Nationalfarben, welche aus einem Feld von Sonnenblumen emporstiegen, -- so klopfte mir das Herz vor Lust und Erwartung; sie war mit großer Kunst geschminkt, ihre großen schwarzen Au- gen feuerten einen Kanonendonner, um ihren Hals schlang sich der bekannte goldne Schmuck der Königin von Preußen, Spitzen von altherkömmlichem Ansehen
mich macht, wenn ſie recht von Herzen lacht. Mein Un- glück führte mich grade nach Frankfurt, als Frau von Staël durchkam, ich hatte ſie ſchon in Mainz einen gan- zen Abend genoſſen, die Mutter aber war recht froh, daß ich ihr Beiſtand leiſtete, denn ſie war ſchon preve- nirt, daß die Staël ihr einen Brief von Dir bringen würde, und ſie wünſchte, daß ich die Intermezzos ſpie- len möge, wenn ihr bei dieſer großen Kataſtrophe Er- holung nöthig ſei. Die Mutter hat mir nun befohlen, Dir alles ausführlich zu beſchreiben; die entervue war bei Bethmann-Schaaf, in den Zimmern des Moritz Bethmann. Die Mutter hatte ſich — ob aus Ironie oder aus Übermuth, wunderbar geſchmückt, aber mit deutſcher Laune, nicht mit franzöſiſchem Geſchmack, ich muß Dir ſagen, daß wenn ich die Mutter anſah, mit ihren drei Federn auf dem Kopf, die nach drei verſchie- denen Seiten hinſchwankten, eine rothe, eine weiße und eine blaue — die franzöſiſchen Nationalfarben, welche aus einem Feld von Sonnenblumen emporſtiegen, — ſo klopfte mir das Herz vor Luſt und Erwartung; ſie war mit großer Kunſt geſchminkt, ihre großen ſchwarzen Au- gen feuerten einen Kanonendonner, um ihren Hals ſchlang ſich der bekannte goldne Schmuck der Königin von Preußen, Spitzen von altherkömmlichem Anſehen
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mich macht, wenn ſie recht von Herzen lacht. Mein Un-
glück führte mich grade nach Frankfurt, als Frau von
Staël durchkam, ich hatte ſie ſchon in Mainz einen gan-
zen Abend genoſſen, die Mutter aber war recht froh,
daß ich ihr Beiſtand leiſtete, denn ſie war ſchon preve-
nirt, daß die Staël ihr einen Brief von Dir bringen
würde, und ſie wünſchte, daß ich die Intermezzos ſpie-
len möge, wenn ihr bei dieſer großen Kataſtrophe Er-
holung nöthig ſei. Die Mutter hat mir nun befohlen,
Dir alles ausführlich zu beſchreiben; die entervue war
bei Bethmann-Schaaf, in den Zimmern des Moritz
Bethmann. Die Mutter hatte ſich — ob aus Ironie
oder aus Übermuth, wunderbar geſchmückt, aber mit
deutſcher Laune, nicht mit franzöſiſchem Geſchmack, ich
muß Dir ſagen, daß wenn ich die Mutter anſah, mit
ihren drei Federn auf dem Kopf, die nach drei verſchie-
denen Seiten hinſchwankten, eine rothe, eine weiße und
eine blaue — die franzöſiſchen Nationalfarben, welche
aus einem Feld von Sonnenblumen emporſtiegen, — ſo
klopfte mir das Herz vor Luſt und Erwartung; ſie war
mit großer Kunſt geſchminkt, ihre großen ſchwarzen Au-
gen feuerten einen Kanonendonner, um ihren Hals
ſchlang ſich der bekannte goldne Schmuck der Königin
von Preußen, Spitzen von altherkömmlichem Anſehen
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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/346>, abgerufen am 23.11.2024.
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