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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835.

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Was lohnte denn auch die Mühe der Forschung,
wenn es nicht dies wäre! nach was können wir forschen,
was bewegt uns, als nur das Göttliche! -- und was
können Dir andere, die Wohlstudirten, Besseres und Hö-
heres darüber sagen; -- und wenn einer dagegen was
aufbringen wollte, -- müßte er sich nicht schämen? Wenn
einer sagen wollte: Musik sei nur da, daß der Men-
schengeist sich darin ausbilde? -- Nun ja! wir sollen
uns in Gott bilden. Wenn einer sagt, sie sei nur Ver-
mittlung zum Göttlichen, sie sei nicht Gott selbst! Nein,
Ihr falschen Kehlen, Euer eitler Gesang ist nicht gött-
lich durchdrungen. Ach, die Gottheit selbst lehrt uns
den Buchstaben begreifen, damit wir gleich ihr, aus eig-
nem Vermögen im Reich der Gottheit regieren lernen.
Alles Lernen in der Kunst ist nur dazu, daß wir den
Grund der Selbstständigkeit in uns legen, und daß es
unser Errungenes bleibe. Einer sagte von Christus,
daß er nichts von Musik gewußt habe; dagegen konnte
ich nichts sagen; einmal weiß ich seinen Lebenslauf nicht
genau, und dann was mir dabei einfiel, kann ich nur
Dir sagen, obschon ich nicht weiß, was Du dazu sagen
wirst. Christus sagt: "Auch Euer Leib soll verklärt wer-
den!" Ist nun Musik nicht die Verklärung der sinnli-
chen Natur? -- Berührt Musik nicht unsere Sinne,

Was lohnte denn auch die Mühe der Forſchung,
wenn es nicht dies wäre! nach was können wir forſchen,
was bewegt uns, als nur das Göttliche! — und was
können Dir andere, die Wohlſtudirten, Beſſeres und Hö-
heres darüber ſagen; — und wenn einer dagegen was
aufbringen wollte, — müßte er ſich nicht ſchämen? Wenn
einer ſagen wollte: Muſik ſei nur da, daß der Men-
ſchengeiſt ſich darin ausbilde? — Nun ja! wir ſollen
uns in Gott bilden. Wenn einer ſagt, ſie ſei nur Ver-
mittlung zum Göttlichen, ſie ſei nicht Gott ſelbſt! Nein,
Ihr falſchen Kehlen, Euer eitler Geſang iſt nicht gött-
lich durchdrungen. Ach, die Gottheit ſelbſt lehrt uns
den Buchſtaben begreifen, damit wir gleich ihr, aus eig-
nem Vermögen im Reich der Gottheit regieren lernen.
Alles Lernen in der Kunſt iſt nur dazu, daß wir den
Grund der Selbſtſtändigkeit in uns legen, und daß es
unſer Errungenes bleibe. Einer ſagte von Chriſtus,
daß er nichts von Muſik gewußt habe; dagegen konnte
ich nichts ſagen; einmal weiß ich ſeinen Lebenslauf nicht
genau, und dann was mir dabei einfiel, kann ich nur
Dir ſagen, obſchon ich nicht weiß, was Du dazu ſagen
wirſt. Chriſtus ſagt: „Auch Euer Leib ſoll verklärt wer-
den!“ Iſt nun Muſik nicht die Verklärung der ſinnli-
chen Natur? — Berührt Muſik nicht unſere Sinne,

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[301/0333] Was lohnte denn auch die Mühe der Forſchung, wenn es nicht dies wäre! nach was können wir forſchen, was bewegt uns, als nur das Göttliche! — und was können Dir andere, die Wohlſtudirten, Beſſeres und Hö- heres darüber ſagen; — und wenn einer dagegen was aufbringen wollte, — müßte er ſich nicht ſchämen? Wenn einer ſagen wollte: Muſik ſei nur da, daß der Men- ſchengeiſt ſich darin ausbilde? — Nun ja! wir ſollen uns in Gott bilden. Wenn einer ſagt, ſie ſei nur Ver- mittlung zum Göttlichen, ſie ſei nicht Gott ſelbſt! Nein, Ihr falſchen Kehlen, Euer eitler Geſang iſt nicht gött- lich durchdrungen. Ach, die Gottheit ſelbſt lehrt uns den Buchſtaben begreifen, damit wir gleich ihr, aus eig- nem Vermögen im Reich der Gottheit regieren lernen. Alles Lernen in der Kunſt iſt nur dazu, daß wir den Grund der Selbſtſtändigkeit in uns legen, und daß es unſer Errungenes bleibe. Einer ſagte von Chriſtus, daß er nichts von Muſik gewußt habe; dagegen konnte ich nichts ſagen; einmal weiß ich ſeinen Lebenslauf nicht genau, und dann was mir dabei einfiel, kann ich nur Dir ſagen, obſchon ich nicht weiß, was Du dazu ſagen wirſt. Chriſtus ſagt: „Auch Euer Leib ſoll verklärt wer- den!“ Iſt nun Muſik nicht die Verklärung der ſinnli- chen Natur? — Berührt Muſik nicht unſere Sinne,

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/333>, abgerufen am 24.11.2024.