Gnad und Ungnad; leide in Gottesnamen Schiffbruch mit Deinem Begriff; -- was willst Du alles Göttliche ordnen und verstehen, wo's her kommt und hin will. Siehst Du, so schreib' ich, wenn ich zügellos bin und nicht danach frage, ob's der Verstand billigt. Ich weiß nicht, ob es Wahrheit ist; mehr, als das, was ich erst prüfe, aber so möcht' ich lieber schreiben, ohne zu befürchten, daß Du, wie andre, mich schweigen hie- ßest; was könnt' ich Dir alles sagen, wenn ich mich nicht besinnen wollte! bald würde ich Herr werden, und nicht sollte sich mir verbergen, was ich halten wollte mit dem Geist, -- und wenn Du einstimmtest und neigtest Dich meinem Willen, wie der Sept-Accord sich der Auflösung entgegen drängt, dann wär's wie die Liebe es will.
Rochusberg.
Ich kann oft vor Lust, daß jetzt die seelige einsame Stunde dazu ist, nicht zum Schreiben kommen. Hier oben, im goldnen Sommer an die goldne Zukunft den- ken, -- denn das ist meine Zukunft: Dich wieder sehen;
Gnad und Ungnad; leide in Gottesnamen Schiffbruch mit Deinem Begriff; — was willſt Du alles Göttliche ordnen und verſtehen, wo's her kommt und hin will. Siehſt Du, ſo ſchreib' ich, wenn ich zügellos bin und nicht danach frage, ob's der Verſtand billigt. Ich weiß nicht, ob es Wahrheit iſt; mehr, als das, was ich erſt prüfe, aber ſo möcht' ich lieber ſchreiben, ohne zu befürchten, daß Du, wie andre, mich ſchweigen hie- ßeſt; was könnt' ich Dir alles ſagen, wenn ich mich nicht beſinnen wollte! bald würde ich Herr werden, und nicht ſollte ſich mir verbergen, was ich halten wollte mit dem Geiſt, — und wenn Du einſtimmteſt und neigteſt Dich meinem Willen, wie der Sept-Accord ſich der Auflöſung entgegen drängt, dann wär's wie die Liebe es will.
Rochusberg.
Ich kann oft vor Luſt, daß jetzt die ſeelige einſame Stunde dazu iſt, nicht zum Schreiben kommen. Hier oben, im goldnen Sommer an die goldne Zukunft den- ken, — denn das iſt meine Zukunft: Dich wieder ſehen;
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Gnad und Ungnad; leide in Gottesnamen Schiffbruch
mit Deinem Begriff; — was willſt Du alles Göttliche
ordnen und verſtehen, wo's her kommt und hin will.
Siehſt Du, ſo ſchreib' ich, wenn ich zügellos bin und
nicht danach frage, ob's der Verſtand billigt. Ich
weiß nicht, ob es Wahrheit iſt; mehr, als das, was
ich erſt prüfe, aber ſo möcht' ich lieber ſchreiben, ohne
zu befürchten, daß Du, wie andre, mich ſchweigen hie-
ßeſt; was könnt' ich Dir alles ſagen, wenn ich mich
nicht beſinnen wollte! bald würde ich Herr werden,
und nicht ſollte ſich mir verbergen, was ich halten wollte
mit dem Geiſt, — und wenn Du einſtimmteſt und
neigteſt Dich meinem Willen, wie der Sept-Accord
ſich der Auflöſung entgegen drängt, dann wär's wie
die Liebe es will.
Rochusberg.
Ich kann oft vor Luſt, daß jetzt die ſeelige einſame
Stunde dazu iſt, nicht zum Schreiben kommen. Hier
oben, im goldnen Sommer an die goldne Zukunft den-
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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/322>, abgerufen am 22.12.2024.
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