Heute um die eilfte Stunde wird "confirma hoc Deus" gesungen, welches schon sehr gut geht und großen Beifall erhält.
Weimar, den 3. April 1808.
G.
An Goethe.
Wir haben einen naßkalten April, ich merk's an Deinem Brief, -- der ist wie ein allgemeiner Landre- gen; der ganze Himmel überzogen von Anfang bis an's Ende; Du besitzest zwar die Kunst, in kleinen Formen- zügen und Linien Dein Gefühl ahnen zu lassen, und in dem was Du unausgesprochen läßt, stiehlt sich die Ver- sicherung in's Herz, daß man Dir nicht gleichgültig ist; ja ich glaub's, daß ich Dir lieb bin, trotz Deinem kal- ten Brief; aber wenn Deine schöne Mäßigung plötzlich zum Teufel ging', und Du bliebst ohne Kunst und ohne feines Taktgefühl, so ganz wie Dich Gott geschaffen hat, in Deinem Herzen, ich würde mich nicht vor Dir fürchten, wie jetzt, wenn ein so kühler Brief ankömmt, wo ich mich besinnen muß was ich denn gethan hab'.
Heute um die eilfte Stunde wird „confirma hoc Deus” geſungen, welches ſchon ſehr gut geht und großen Beifall erhält.
Weimar, den 3. April 1808.
G.
An Goethe.
Wir haben einen naßkalten April, ich merk's an Deinem Brief, — der iſt wie ein allgemeiner Landre- gen; der ganze Himmel überzogen von Anfang bis an's Ende; Du beſitzeſt zwar die Kunſt, in kleinen Formen- zügen und Linien Dein Gefühl ahnen zu laſſen, und in dem was Du unausgeſprochen läßt, ſtiehlt ſich die Ver- ſicherung in's Herz, daß man Dir nicht gleichgültig iſt; ja ich glaub's, daß ich Dir lieb bin, trotz Deinem kal- ten Brief; aber wenn Deine ſchöne Mäßigung plötzlich zum Teufel ging', und Du bliebſt ohne Kunſt und ohne feines Taktgefühl, ſo ganz wie Dich Gott geſchaffen hat, in Deinem Herzen, ich würde mich nicht vor Dir fürchten, wie jetzt, wenn ein ſo kühler Brief ankömmt, wo ich mich beſinnen muß was ich denn gethan hab'.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0241"n="209"/><p>Heute um die eilfte Stunde wird <hirendition="#aq">„confirma hoc<lb/>
Deus”</hi> geſungen, welches ſchon ſehr gut geht und großen<lb/>
Beifall erhält.</p><lb/><dateline><hirendition="#et">Weimar, den 3. April 1808.</hi></dateline><lb/><closer><salute><hirendition="#et">G.</hi></salute></closer></div><lb/><divn="2"><opener><salute>An Goethe.</salute></opener><lb/><p>Wir haben einen naßkalten April, ich merk's an<lb/>
Deinem Brief, — der iſt wie ein allgemeiner Landre-<lb/>
gen; der ganze Himmel überzogen von Anfang bis an's<lb/>
Ende; Du beſitzeſt zwar die Kunſt, in kleinen Formen-<lb/>
zügen und Linien Dein Gefühl ahnen zu laſſen, und in<lb/>
dem was Du unausgeſprochen läßt, ſtiehlt ſich die Ver-<lb/>ſicherung in's Herz, daß man Dir nicht gleichgültig iſt;<lb/>
ja ich glaub's, daß ich Dir lieb bin, trotz Deinem kal-<lb/>
ten Brief; aber wenn Deine ſchöne Mäßigung plötzlich<lb/>
zum Teufel ging', und Du bliebſt ohne Kunſt und ohne<lb/>
feines Taktgefühl, ſo ganz wie Dich Gott geſchaffen<lb/>
hat, in Deinem Herzen, ich würde mich nicht vor Dir<lb/>
fürchten, wie jetzt, wenn ein ſo kühler Brief ankömmt,<lb/>
wo ich mich beſinnen muß was ich denn gethan hab'.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[209/0241]
Heute um die eilfte Stunde wird „confirma hoc
Deus” geſungen, welches ſchon ſehr gut geht und großen
Beifall erhält.
Weimar, den 3. April 1808.
G.
An Goethe.
Wir haben einen naßkalten April, ich merk's an
Deinem Brief, — der iſt wie ein allgemeiner Landre-
gen; der ganze Himmel überzogen von Anfang bis an's
Ende; Du beſitzeſt zwar die Kunſt, in kleinen Formen-
zügen und Linien Dein Gefühl ahnen zu laſſen, und in
dem was Du unausgeſprochen läßt, ſtiehlt ſich die Ver-
ſicherung in's Herz, daß man Dir nicht gleichgültig iſt;
ja ich glaub's, daß ich Dir lieb bin, trotz Deinem kal-
ten Brief; aber wenn Deine ſchöne Mäßigung plötzlich
zum Teufel ging', und Du bliebſt ohne Kunſt und ohne
feines Taktgefühl, ſo ganz wie Dich Gott geſchaffen
hat, in Deinem Herzen, ich würde mich nicht vor Dir
fürchten, wie jetzt, wenn ein ſo kühler Brief ankömmt,
wo ich mich beſinnen muß was ich denn gethan hab'.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/241>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.