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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835.

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cholie; wir scherzten und machten Verse, und da der
schöne Wilhelm die schönsten gemacht zu haben behaup-
tete, so wollte die Günderode, ich solle ihm den Lorbeer-
kranz schenken; ich wollte mein Erbtheil nicht geschmä-
lert wissen. Doch mußt' ich ihm endlich die Hälfte des
Kranzes lassen; so hab' ich denn nur die eine Hälfte. Ein-
mal kam ich zu ihr, da zeigte sie mir einen Dolch, mit
silbernem Griff; den sie auf der Messe gekauft hatte,
sie freute sich über den schönen Stahl und über seine
Schärfe; ich nahm das Messer in die Hand und probte
es am Finger, da floß gleich Blut, sie erschrack, ich
sagte: O Günderode, Du bist so zaghaft und kannst
kein Blut sehen, und gehest immer mit einer Idee um,
die den höchsten Muth voraussetzt, ich hab' doch noch
das Bewußtsein, daß ich eher vermögend wär', etwas
zu wagen, obschon ich mich nie umbringen würde; aber
mich und Dich in einer Gefahr zu vertheidigen, dazu
hab' ich Muth; und wenn ich jetzt mit dem Messer auf
Dich eindringe -- siehst Du wie Du Dich fürchtest? -- sie
zog sich ängstlich zurück; der alte Zorn regte sich wie-
der in mir, unter der Decke des glühendsten Muthwills;
ich ging immer ernstlicher auf sie ein, sie lief in ihr
Schlafzimmer hinter einen ledernen Sessel, um sich zu
sichern; ich stach in den Sessel, ich riß ihn mit vielen

cholie; wir ſcherzten und machten Verſe, und da der
ſchöne Wilhelm die ſchönſten gemacht zu haben behaup-
tete, ſo wollte die Günderode, ich ſolle ihm den Lorbeer-
kranz ſchenken; ich wollte mein Erbtheil nicht geſchmä-
lert wiſſen. Doch mußt' ich ihm endlich die Hälfte des
Kranzes laſſen; ſo hab' ich denn nur die eine Hälfte. Ein-
mal kam ich zu ihr, da zeigte ſie mir einen Dolch, mit
ſilbernem Griff; den ſie auf der Meſſe gekauft hatte,
ſie freute ſich über den ſchönen Stahl und über ſeine
Schärfe; ich nahm das Meſſer in die Hand und probte
es am Finger, da floß gleich Blut, ſie erſchrack, ich
ſagte: O Günderode, Du biſt ſo zaghaft und kannſt
kein Blut ſehen, und geheſt immer mit einer Idee um,
die den höchſten Muth vorausſetzt, ich hab' doch noch
das Bewußtſein, daß ich eher vermögend wär', etwas
zu wagen, obſchon ich mich nie umbringen würde; aber
mich und Dich in einer Gefahr zu vertheidigen, dazu
hab' ich Muth; und wenn ich jetzt mit dem Meſſer auf
Dich eindringe — ſiehſt Du wie Du Dich fürchteſt? — ſie
zog ſich ängſtlich zurück; der alte Zorn regte ſich wie-
der in mir, unter der Decke des glühendſten Muthwills;
ich ging immer ernſtlicher auf ſie ein, ſie lief in ihr
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[93/0125] cholie; wir ſcherzten und machten Verſe, und da der ſchöne Wilhelm die ſchönſten gemacht zu haben behaup- tete, ſo wollte die Günderode, ich ſolle ihm den Lorbeer- kranz ſchenken; ich wollte mein Erbtheil nicht geſchmä- lert wiſſen. Doch mußt' ich ihm endlich die Hälfte des Kranzes laſſen; ſo hab' ich denn nur die eine Hälfte. Ein- mal kam ich zu ihr, da zeigte ſie mir einen Dolch, mit ſilbernem Griff; den ſie auf der Meſſe gekauft hatte, ſie freute ſich über den ſchönen Stahl und über ſeine Schärfe; ich nahm das Meſſer in die Hand und probte es am Finger, da floß gleich Blut, ſie erſchrack, ich ſagte: O Günderode, Du biſt ſo zaghaft und kannſt kein Blut ſehen, und geheſt immer mit einer Idee um, die den höchſten Muth vorausſetzt, ich hab' doch noch das Bewußtſein, daß ich eher vermögend wär', etwas zu wagen, obſchon ich mich nie umbringen würde; aber mich und Dich in einer Gefahr zu vertheidigen, dazu hab' ich Muth; und wenn ich jetzt mit dem Meſſer auf Dich eindringe — ſiehſt Du wie Du Dich fürchteſt? — ſie zog ſich ängſtlich zurück; der alte Zorn regte ſich wie- der in mir, unter der Decke des glühendſten Muthwills; ich ging immer ernſtlicher auf ſie ein, ſie lief in ihr Schlafzimmer hinter einen ledernen Seſſel, um ſich zu ſichern; ich ſtach in den Seſſel, ich riß ihn mit vielen

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/125>, abgerufen am 25.11.2024.