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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835.

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An Bettine.


Die Beschreibung von Deinen Prachtstücken und
Kostbarkeiten hat mir recht viel Plaisir gemacht; wenn's
nur auch wahr ist, daß Du sie gesehen hast, denn in
solchen Stücken kann man Dir nicht wenig genug
trauen. Du hast mir ja schon manchmal hier auf
Deinem Schemel die Unmöglichkeiten vorerzählt, denn
wenn Du, mit Ehren zu melden, in's Erfinden geräthst,
dann hält Dich kein Gebiß und kein Zaum. -- Ei,
mich wundert's, daß Du noch ein End' finden kannst
und nicht in einem Stück fortschwäzst, blos um selbst
zu erfahren, was alles noch in Deinem Kopf steckt.
Manchmal mein ich aber doch es müßt wahr sein, weil
Du alles so natürlich vorbringen kannst. Wo solltest
Du auch alles herwissen? -- Es ist aber doch kurios,
daß die Kurfürsten immer mit Fisch und Wassernymphen
zu thun haben; auf der Krönung hab' ich in den Sil-
berkammern auch solche Sachen gesehen, da war ein
Springbrunnen von Silber mit schönen Figuren, da
sprang Wein heraus, der wurde zur Pracht auf die
Tafel gestellt. Und einmal hat der Kurfürst von der
Pfalz ein Fischballet aufführen lassen, da tanzten die

An Bettine.


Die Beſchreibung von Deinen Prachtſtücken und
Koſtbarkeiten hat mir recht viel Plaiſir gemacht; wenn's
nur auch wahr iſt, daß Du ſie geſehen haſt, denn in
ſolchen Stücken kann man Dir nicht wenig genug
trauen. Du haſt mir ja ſchon manchmal hier auf
Deinem Schemel die Unmöglichkeiten vorerzählt, denn
wenn Du, mit Ehren zu melden, in's Erfinden geräthſt,
dann hält Dich kein Gebiß und kein Zaum. — Ei,
mich wundert's, daß Du noch ein End' finden kannſt
und nicht in einem Stück fortſchwäzſt, blos um ſelbſt
zu erfahren, was alles noch in Deinem Kopf ſteckt.
Manchmal mein ich aber doch es müßt wahr ſein, weil
Du alles ſo natürlich vorbringen kannſt. Wo ſollteſt
Du auch alles herwiſſen? — Es iſt aber doch kurios,
daß die Kurfürſten immer mit Fiſch und Waſſernymphen
zu thun haben; auf der Krönung hab' ich in den Sil-
berkammern auch ſolche Sachen geſehen, da war ein
Springbrunnen von Silber mit ſchönen Figuren, da
ſprang Wein heraus, der wurde zur Pracht auf die
Tafel geſtellt. Und einmal hat der Kurfürſt von der
Pfalz ein Fiſchballet aufführen laſſen, da tanzten die

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[71/0103] An Bettine. Fr. 7ten Oktober 1808. Die Beſchreibung von Deinen Prachtſtücken und Koſtbarkeiten hat mir recht viel Plaiſir gemacht; wenn's nur auch wahr iſt, daß Du ſie geſehen haſt, denn in ſolchen Stücken kann man Dir nicht wenig genug trauen. Du haſt mir ja ſchon manchmal hier auf Deinem Schemel die Unmöglichkeiten vorerzählt, denn wenn Du, mit Ehren zu melden, in's Erfinden geräthſt, dann hält Dich kein Gebiß und kein Zaum. — Ei, mich wundert's, daß Du noch ein End' finden kannſt und nicht in einem Stück fortſchwäzſt, blos um ſelbſt zu erfahren, was alles noch in Deinem Kopf ſteckt. Manchmal mein ich aber doch es müßt wahr ſein, weil Du alles ſo natürlich vorbringen kannſt. Wo ſollteſt Du auch alles herwiſſen? — Es iſt aber doch kurios, daß die Kurfürſten immer mit Fiſch und Waſſernymphen zu thun haben; auf der Krönung hab' ich in den Sil- berkammern auch ſolche Sachen geſehen, da war ein Springbrunnen von Silber mit ſchönen Figuren, da ſprang Wein heraus, der wurde zur Pracht auf die Tafel geſtellt. Und einmal hat der Kurfürſt von der Pfalz ein Fiſchballet aufführen laſſen, da tanzten die

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/103>, abgerufen am 24.11.2024.