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Arnim, Achim von: Der tolle Invalide auf dem Fort Ratonneau. In: Gaben der Milde. Bd. 4. Berlin, 1818, S. 75-124.

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stand ihm hellglänzend über Stirn und
Wangen, es war als ob zwei Naturen in
ihm rangen. Und Rosalie wollte nicht die¬
sen Kampf hemmen und der Zeit vorgrei¬
fen, auf die sie zu vertrauen begann; sie
ging nicht vor, sie kniete auf die Stufe nie¬
der, als sie drei Stufen von den Kanonen
entfernt war, wo sich das Feuer kreutzte.
Er riß Rock und Weste an der Brust auf,
um sich Luft zu machen, er griff in sein
schwarzes Haar, das verwildert in Locken
starrte und riß es sich wüthend aus. Da öff¬
nete sich die Wunde am Kopfe in dem wil¬
den Erschüttern durch Schläge, die er an
seine Stirn führte, Thränen und Blut lösch¬
ten den brennenden Zundstrick, ein Wirbel¬
wind warf das Pulver von den Zündlö¬
chern der Kanonen und die Teufelsflagge
vom Thurm. Der Schornsteinfeger macht
sich Platz, er schreit zum Schornstein hin¬
aus! rief er, und deckte seine Augen. Dann
besann er sich, öffnete die Gitterthüre, schwankte
zu seiner Frau, hob sie auf, küßte sie, end¬
lich sagte er: Der schwarze Bergmann hat

ſtand ihm hellglänzend über Stirn und
Wangen, es war als ob zwei Naturen in
ihm rangen. Und Roſalie wollte nicht die¬
ſen Kampf hemmen und der Zeit vorgrei¬
fen, auf die ſie zu vertrauen begann; ſie
ging nicht vor, ſie kniete auf die Stufe nie¬
der, als ſie drei Stufen von den Kanonen
entfernt war, wo ſich das Feuer kreutzte.
Er riß Rock und Weſte an der Bruſt auf,
um ſich Luft zu machen, er griff in ſein
ſchwarzes Haar, das verwildert in Locken
ſtarrte und riß es ſich wüthend aus. Da öff¬
nete ſich die Wunde am Kopfe in dem wil¬
den Erſchüttern durch Schläge, die er an
ſeine Stirn führte, Thränen und Blut löſch¬
ten den brennenden Zundſtrick, ein Wirbel¬
wind warf das Pulver von den Zündlö¬
chern der Kanonen und die Teufelsflagge
vom Thurm. Der Schornſteinfeger macht
ſich Platz, er ſchreit zum Schornſtein hin¬
aus! rief er, und deckte ſeine Augen. Dann
beſann er ſich, öffnete die Gitterthüre, ſchwankte
zu ſeiner Frau, hob ſie auf, küßte ſie, end¬
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[119/0051] ſtand ihm hellglänzend über Stirn und Wangen, es war als ob zwei Naturen in ihm rangen. Und Roſalie wollte nicht die¬ ſen Kampf hemmen und der Zeit vorgrei¬ fen, auf die ſie zu vertrauen begann; ſie ging nicht vor, ſie kniete auf die Stufe nie¬ der, als ſie drei Stufen von den Kanonen entfernt war, wo ſich das Feuer kreutzte. Er riß Rock und Weſte an der Bruſt auf, um ſich Luft zu machen, er griff in ſein ſchwarzes Haar, das verwildert in Locken ſtarrte und riß es ſich wüthend aus. Da öff¬ nete ſich die Wunde am Kopfe in dem wil¬ den Erſchüttern durch Schläge, die er an ſeine Stirn führte, Thränen und Blut löſch¬ ten den brennenden Zundſtrick, ein Wirbel¬ wind warf das Pulver von den Zündlö¬ chern der Kanonen und die Teufelsflagge vom Thurm. Der Schornſteinfeger macht ſich Platz, er ſchreit zum Schornſtein hin¬ aus! rief er, und deckte ſeine Augen. Dann beſann er ſich, öffnete die Gitterthüre, ſchwankte zu ſeiner Frau, hob ſie auf, küßte ſie, end¬ lich ſagte er: Der ſchwarze Bergmann hat

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Zitationshilfe: Arnim, Achim von: Der tolle Invalide auf dem Fort Ratonneau. In: Gaben der Milde. Bd. 4. Berlin, 1818, S. 75-124, hier S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnima_invalide_1818/51>, abgerufen am 27.11.2024.