Der Fünft gar wie ein Uhu thut, Das waren ihre Künste gut, Damit erhoben sie ein Geschrei, Füllt noch die Welt, ist nicht vorbei.
Die zwei Hirten in der Christnacht.
Als das Christkindlein geboren war, saßen die zwei Hirten, Damon und Halton Nachts bei ihrer Heerde, und erzählten sich einander, was sie dem Christkindlein für Geschenke machen wollten, es war bei einem Bache, unter einem Palmbaum, ihre Schaafe lagen um sie her, und schliefen, es war auf einer weiten, weiten Wiese, oben auf einem Berge, der Mond war ganz groß, und rechts waren am Himmel eine Menge kleine Wolken, wie Schäfchen so weiß, und der Mond war wie der Schäfer dazu; auf der linken Seite aber stand am Him- mel der Morgenstern, ganz hell wie ein Kristall, der stand über dem Stall, worin das Jesuskindlein lag, die Hirten aber saßen unter dem Palmbaum am Bach, der rauschte ganz leis, da haben sie so ge- sungen:
Halton. Ich will dem Kindlein schenken Ein silberweises Lamm, So viel ich mich bedenke, Kein schöners ich bekam; Es hat zur linken Seite Wie Blut so roth ein Fleck, Weis nicht, was der bedeutet, Und was dahinter steckt.
Damon. Und ich schenk diesem Kinde Ein Kälbchen zart und klein, Mit rothen Bändern binde Ich ihm die Füßlein sein;
Der Fuͤnft gar wie ein Uhu thut, Das waren ihre Kuͤnſte gut, Damit erhoben ſie ein Geſchrei, Fuͤllt noch die Welt, iſt nicht vorbei.
Die zwei Hirten in der Chriſtnacht.
Als das Chriſtkindlein geboren war, ſaßen die zwei Hirten, Damon und Halton Nachts bei ihrer Heerde, und erzaͤhlten ſich einander, was ſie dem Chriſtkindlein fuͤr Geſchenke machen wollten, es war bei einem Bache, unter einem Palmbaum, ihre Schaafe lagen um ſie her, und ſchliefen, es war auf einer weiten, weiten Wieſe, oben auf einem Berge, der Mond war ganz groß, und rechts waren am Himmel eine Menge kleine Wolken, wie Schaͤfchen ſo weiß, und der Mond war wie der Schaͤfer dazu; auf der linken Seite aber ſtand am Him- mel der Morgenſtern, ganz hell wie ein Kriſtall, der ſtand uͤber dem Stall, worin das Jeſuskindlein lag, die Hirten aber ſaßen unter dem Palmbaum am Bach, der rauſchte ganz leis, da haben ſie ſo ge- ſungen:
Halton. Ich will dem Kindlein ſchenken Ein ſilberweiſes Lamm, So viel ich mich bedenke, Kein ſchoͤners ich bekam; Es hat zur linken Seite Wie Blut ſo roth ein Fleck, Weis nicht, was der bedeutet, Und was dahinter ſteckt.
Damon. Und ich ſchenk dieſem Kinde Ein Kaͤlbchen zart und klein, Mit rothen Baͤndern binde Ich ihm die Fuͤßlein ſein;
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Der Fuͤnft gar wie ein Uhu thut,
Das waren ihre Kuͤnſte gut,
Damit erhoben ſie ein Geſchrei,
Fuͤllt noch die Welt, iſt nicht vorbei.
Die zwei Hirten in der Chriſtnacht.
Als das Chriſtkindlein geboren war, ſaßen die zwei Hirten, Damon
und Halton Nachts bei ihrer Heerde, und erzaͤhlten ſich einander,
was ſie dem Chriſtkindlein fuͤr Geſchenke machen wollten, es war bei
einem Bache, unter einem Palmbaum, ihre Schaafe lagen um ſie her,
und ſchliefen, es war auf einer weiten, weiten Wieſe, oben auf einem
Berge, der Mond war ganz groß, und rechts waren am Himmel
eine Menge kleine Wolken, wie Schaͤfchen ſo weiß, und der Mond
war wie der Schaͤfer dazu; auf der linken Seite aber ſtand am Him-
mel der Morgenſtern, ganz hell wie ein Kriſtall, der ſtand uͤber dem
Stall, worin das Jeſuskindlein lag, die Hirten aber ſaßen unter dem
Palmbaum am Bach, der rauſchte ganz leis, da haben ſie ſo ge-
ſungen:
Halton. Ich will dem Kindlein ſchenken
Ein ſilberweiſes Lamm,
So viel ich mich bedenke,
Kein ſchoͤners ich bekam;
Es hat zur linken Seite
Wie Blut ſo roth ein Fleck,
Weis nicht, was der bedeutet,
Und was dahinter ſteckt.
Damon. Und ich ſchenk dieſem Kinde
Ein Kaͤlbchen zart und klein,
Mit rothen Baͤndern binde
Ich ihm die Fuͤßlein ſein;
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Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 3. Heidelberg, 1808, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn03_1808/281>, abgerufen am 22.02.2025.
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