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Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 3. Heidelberg, 1808.

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Gesellen sein darinnen sassen,
Recht fröhlich tranken, sangen, assen.
Sie thäten ihm gar balde winken,
Der ein stand auf, bot ihm zu trinken.
Er schüttelte den Kopf und lachte,
Die Leute grosse Augen machten.
Der ein führt ihn hinein geschwind,
Er sizt bei ihnen wie ein Kind.
Es war sein Herz ihm noch so schwer,
Hub an zu seufzen gar zu sehr.
Wie er ans Heimweh nur gedacht,
Der Frau Gesundheit ward gebracht.
Er tranks hinein, er trank es aus,
Und dachte gar nicht mehr nach Haus
Sein Glas, das rückt er immer vor,
Und war der lauteste im Chor.
Doch die Gesellen giengen eben,
Zwei mußten ihn nach Hause heben.
Recht mit Gewalt sie mußten schleppen,
Er stürzt hinauf die schmalen Treppen.
Das Weib mit Angst kam angegangen,
Ein Unglück meint sie, wär ergangen.
Sie hat die ganze Nacht gewacht,
Und im Gebet an ihn gedacht.

3. Band. 10.
Geſellen ſein darinnen ſaſſen,
Recht froͤhlich tranken, ſangen, aſſen.
Sie thaͤten ihm gar balde winken,
Der ein ſtand auf, bot ihm zu trinken.
Er ſchuͤttelte den Kopf und lachte,
Die Leute groſſe Augen machten.
Der ein fuͤhrt ihn hinein geſchwind,
Er ſizt bei ihnen wie ein Kind.
Es war ſein Herz ihm noch ſo ſchwer,
Hub an zu ſeufzen gar zu ſehr.
Wie er ans Heimweh nur gedacht,
Der Frau Geſundheit ward gebracht.
Er tranks hinein, er trank es aus,
Und dachte gar nicht mehr nach Haus
Sein Glas, das ruͤckt er immer vor,
Und war der lauteſte im Chor.
Doch die Geſellen giengen eben,
Zwei mußten ihn nach Hauſe heben.
Recht mit Gewalt ſie mußten ſchleppen,
Er ſtuͤrzt hinauf die ſchmalen Treppen.
Das Weib mit Angſt kam angegangen,
Ein Ungluͤck meint ſie, waͤr ergangen.
Sie hat die ganze Nacht gewacht,
Und im Gebet an ihn gedacht.

3. Band. 10.
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[145/0155] Geſellen ſein darinnen ſaſſen, Recht froͤhlich tranken, ſangen, aſſen. Sie thaͤten ihm gar balde winken, Der ein ſtand auf, bot ihm zu trinken. Er ſchuͤttelte den Kopf und lachte, Die Leute groſſe Augen machten. Der ein fuͤhrt ihn hinein geſchwind, Er ſizt bei ihnen wie ein Kind. Es war ſein Herz ihm noch ſo ſchwer, Hub an zu ſeufzen gar zu ſehr. Wie er ans Heimweh nur gedacht, Der Frau Geſundheit ward gebracht. Er tranks hinein, er trank es aus, Und dachte gar nicht mehr nach Haus Sein Glas, das ruͤckt er immer vor, Und war der lauteſte im Chor. Doch die Geſellen giengen eben, Zwei mußten ihn nach Hauſe heben. Recht mit Gewalt ſie mußten ſchleppen, Er ſtuͤrzt hinauf die ſchmalen Treppen. Das Weib mit Angſt kam angegangen, Ein Ungluͤck meint ſie, waͤr ergangen. Sie hat die ganze Nacht gewacht, Und im Gebet an ihn gedacht. 3. Band. 10.

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Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 3. Heidelberg, 1808, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn03_1808/155>, abgerufen am 27.11.2024.