Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 3. Heidelberg, 1808.Sie rief o weh, weh meine Stirn! Sie rief o weh, mein Rück und Seit, Er sprach: wie klingt die Zittersait, Sie schrie: schlag mich doch nicht so sehr; Er sprach: das Leder darf viel Schmeer. Sie bat: er sollt ihr Gnad erweisen, Er sprach: ich schmied ein neues Eisen; Sie schrie: o daß es Gott erbarm! Er sprach: es ist noch nicht recht warm. Sie rief, ich geb auf meine Seel, Er sprach: ich heil dich mit dem Oehl; Sie bat: vergieb mirs nur diesmal, Er sagte: mir dies Kleid bezahl. Sie sprach: die Schuld will ich bekennen, Er sprach: das heißt mirs Kleid verbrennen; Sie sprach: hört auf, ich schaff euch Tuch, Er sprach: ich les' in deinem Buch. Sie sprach: erwürge mich nicht gar, Er sprach: o nimm die Kirch fürwahr; Und lerne da nicht in der Schul, Sie sprach: ich hab da keinen Stuhl. Er sprach: du sollst die Predigt hören, So läßt du dich Studenten lehren; Sie sprach: es soll nicht mehr geschehn, Er sprach: ich kann dich nicht verstehn. Also ein böses Weib wohl kann Bös machen einen frommen Mann; 3.Band. 7.
Sie rief o weh, weh meine Stirn! Sie rief o weh, mein Ruͤck und Seit, Er ſprach: wie klingt die Zitterſait, Sie ſchrie: ſchlag mich doch nicht ſo ſehr; Er ſprach: das Leder darf viel Schmeer. Sie bat: er ſollt ihr Gnad erweiſen, Er ſprach: ich ſchmied ein neues Eiſen; Sie ſchrie: o daß es Gott erbarm! Er ſprach: es iſt noch nicht recht warm. Sie rief, ich geb auf meine Seel, Er ſprach: ich heil dich mit dem Oehl; Sie bat: vergieb mirs nur diesmal, Er ſagte: mir dies Kleid bezahl. Sie ſprach: die Schuld will ich bekennen, Er ſprach: das heißt mirs Kleid verbrennen; Sie ſprach: hoͤrt auf, ich ſchaff euch Tuch, Er ſprach: ich leſ' in deinem Buch. Sie ſprach: erwuͤrge mich nicht gar, Er ſprach: o nimm die Kirch fuͤrwahr; Und lerne da nicht in der Schul, Sie ſprach: ich hab da keinen Stuhl. Er ſprach: du ſollſt die Predigt hoͤren, So laͤßt du dich Studenten lehren; Sie ſprach: es ſoll nicht mehr geſchehn, Er ſprach: ich kann dich nicht verſtehn. Alſo ein boͤſes Weib wohl kann Boͤs machen einen frommen Mann; 3.Band. 7.
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Sie rief o weh, weh meine Stirn!
Er ſprach: ich ſpeiſe dich mit Birn.
Sie rief o weh, mein Ruͤck und Seit,
Er ſprach: wie klingt die Zitterſait,
Sie ſchrie: ſchlag mich doch nicht ſo ſehr;
Er ſprach: das Leder darf viel Schmeer.
Sie bat: er ſollt ihr Gnad erweiſen,
Er ſprach: ich ſchmied ein neues Eiſen;
Sie ſchrie: o daß es Gott erbarm!
Er ſprach: es iſt noch nicht recht warm.
Sie rief, ich geb auf meine Seel,
Er ſprach: ich heil dich mit dem Oehl;
Sie bat: vergieb mirs nur diesmal,
Er ſagte: mir dies Kleid bezahl.
Sie ſprach: die Schuld will ich bekennen,
Er ſprach: das heißt mirs Kleid verbrennen;
Sie ſprach: hoͤrt auf, ich ſchaff euch Tuch,
Er ſprach: ich leſ' in deinem Buch.
Sie ſprach: erwuͤrge mich nicht gar,
Er ſprach: o nimm die Kirch fuͤrwahr;
Und lerne da nicht in der Schul,
Sie ſprach: ich hab da keinen Stuhl.
Er ſprach: du ſollſt die Predigt hoͤren,
So laͤßt du dich Studenten lehren;
Sie ſprach: es ſoll nicht mehr geſchehn,
Er ſprach: ich kann dich nicht verſtehn.
Alſo ein boͤſes Weib wohl kann
Boͤs machen einen frommen Mann;
3.Band. 7.
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Zitationshilfe: | Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 3. Heidelberg, 1808, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn03_1808/107>, abgerufen am 27.07.2024. |