Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808.Da sprach das Wasser: Bin ich so fein, Es gehn die Schiffe groß und klein Sonn, Mond auf meiner Straßen, Die Erd thu ich umfassen. Da sprach der Wein: Bin ich so fein, Man trägt mich in die Kirch hinein, Braucht mich zum heiligen Sakramente, Dem Menschen vor seinem Ende. Da sprach das Wasser: Bin ich so fein, Man trägt mich in die Kirch hinein, Braucht mich zur heiligen Taufen, Darf mich ums Geld nicht kaufen. Da sprach der Wein: Bin ich so fein, Man pflanzt mich in die Gärten hinein, Da laß ich mich hacken und hauen, Von Männern und schönen Jungfrauen. Da sprach das Wasser: Bin ich so fein, Ich laufe dir über die Wurzel hinein, Wär ich nicht an dich geronnen, Du hättst nicht können kommen. Da sprach der Wein: Und du hast Recht, Du bist der Meister, ich bin der Knecht, Das Recht will ich dir lassen, Geh du nur deiner Straßen. Das Wasser sprach noch: Hättst du micht nicht erkannt, Du wärst sogleich an der Sonn verbrannt! -- Sie wollten noch länger da streiten, -- Da mischte der Gastwirth die beiden. Da ſprach das Waſſer: Bin ich ſo fein, Es gehn die Schiffe groß und klein Sonn, Mond auf meiner Straßen, Die Erd thu ich umfaſſen. Da ſprach der Wein: Bin ich ſo fein, Man traͤgt mich in die Kirch hinein, Braucht mich zum heiligen Sakramente, Dem Menſchen vor ſeinem Ende. Da ſprach das Waſſer: Bin ich ſo fein, Man traͤgt mich in die Kirch hinein, Braucht mich zur heiligen Taufen, Darf mich ums Geld nicht kaufen. Da ſprach der Wein: Bin ich ſo fein, Man pflanzt mich in die Gaͤrten hinein, Da laß ich mich hacken und hauen, Von Maͤnnern und ſchoͤnen Jungfrauen. Da ſprach das Waſſer: Bin ich ſo fein, Ich laufe dir uͤber die Wurzel hinein, Waͤr ich nicht an dich geronnen, Du haͤttſt nicht koͤnnen kommen. Da ſprach der Wein: Und du haſt Recht, Du biſt der Meiſter, ich bin der Knecht, Das Recht will ich dir laſſen, Geh du nur deiner Straßen. Das Waſſer ſprach noch: Haͤttſt du micht nicht erkannt, Du waͤrſt ſogleich an der Sonn verbrannt! — Sie wollten noch laͤnger da ſtreiten, — Da miſchte der Gaſtwirth die beiden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0051" n="39"/> <lg n="13"> <l>Da ſprach das Waſſer: Bin ich ſo fein,</l><lb/> <l>Es gehn die Schiffe groß und klein</l><lb/> <l>Sonn, Mond auf meiner Straßen,</l><lb/> <l>Die Erd thu ich umfaſſen.</l> </lg><lb/> <lg n="14"> <l>Da ſprach der Wein: Bin ich ſo fein,</l><lb/> <l>Man traͤgt mich in die Kirch hinein,</l><lb/> <l>Braucht mich zum heiligen Sakramente,</l><lb/> <l>Dem Menſchen vor ſeinem Ende.</l> </lg><lb/> <lg n="15"> <l>Da ſprach das Waſſer: Bin ich ſo fein,</l><lb/> <l>Man traͤgt mich in die Kirch hinein,</l><lb/> <l>Braucht mich zur heiligen Taufen,</l><lb/> <l>Darf mich ums Geld nicht kaufen.</l> </lg><lb/> <lg n="16"> <l>Da ſprach der Wein: Bin ich ſo fein,</l><lb/> <l>Man pflanzt mich in die Gaͤrten hinein,</l><lb/> <l>Da laß ich mich hacken und hauen,</l><lb/> <l>Von Maͤnnern und ſchoͤnen Jungfrauen.</l> </lg><lb/> <lg n="17"> <l>Da ſprach das Waſſer: Bin ich ſo fein,</l><lb/> <l>Ich laufe dir uͤber die Wurzel hinein,</l><lb/> <l>Waͤr ich nicht an dich geronnen,</l><lb/> <l>Du haͤttſt nicht koͤnnen kommen.</l> </lg><lb/> <lg n="18"> <l>Da ſprach der Wein: Und du haſt Recht,</l><lb/> <l>Du biſt der Meiſter, ich bin der Knecht,</l><lb/> <l>Das Recht will ich dir laſſen,</l><lb/> <l>Geh du nur deiner Straßen.</l> </lg><lb/> <lg n="19"> <l>Das Waſſer ſprach noch: Haͤttſt du micht nicht erkannt,</l><lb/> <l>Du waͤrſt ſogleich an der Sonn verbrannt! —</l><lb/> <l>Sie wollten noch laͤnger da ſtreiten, —</l><lb/> <l>Da miſchte der Gaſtwirth die beiden.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [39/0051]
Da ſprach das Waſſer: Bin ich ſo fein,
Es gehn die Schiffe groß und klein
Sonn, Mond auf meiner Straßen,
Die Erd thu ich umfaſſen.
Da ſprach der Wein: Bin ich ſo fein,
Man traͤgt mich in die Kirch hinein,
Braucht mich zum heiligen Sakramente,
Dem Menſchen vor ſeinem Ende.
Da ſprach das Waſſer: Bin ich ſo fein,
Man traͤgt mich in die Kirch hinein,
Braucht mich zur heiligen Taufen,
Darf mich ums Geld nicht kaufen.
Da ſprach der Wein: Bin ich ſo fein,
Man pflanzt mich in die Gaͤrten hinein,
Da laß ich mich hacken und hauen,
Von Maͤnnern und ſchoͤnen Jungfrauen.
Da ſprach das Waſſer: Bin ich ſo fein,
Ich laufe dir uͤber die Wurzel hinein,
Waͤr ich nicht an dich geronnen,
Du haͤttſt nicht koͤnnen kommen.
Da ſprach der Wein: Und du haſt Recht,
Du biſt der Meiſter, ich bin der Knecht,
Das Recht will ich dir laſſen,
Geh du nur deiner Straßen.
Das Waſſer ſprach noch: Haͤttſt du micht nicht erkannt,
Du waͤrſt ſogleich an der Sonn verbrannt! —
Sie wollten noch laͤnger da ſtreiten, —
Da miſchte der Gaſtwirth die beiden.
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Zitationshilfe: | Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808/51>, abgerufen am 16.02.2025. |