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Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808.

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Das unter vierthalb hundert wär." --
Und dones war am Frytig früh
Sie führet das Mägdli us so früh.
Frumm Mägdli wend sie henke,
Sin junge Soh vertränke. --
Und dones uf die Laiter kam
Und es de Nachrichter treuli bath.
"Nachrichter, liebe Nachrichter mi --
O wart du nune kleine Wil,
Ih ghör e scharfe Reitery,
Ih hoffs es möcht ein drunter sy,
Möcht meines Kindlis Vater sy." --
Der Nachrichter ist en barmherzige Ma,
Er warte vierthalb Stunden ab,
Er wartet vierthalb Stund
Bis das die Schaar vo Ritter kumt.
Er wünschet allen e gute Tag,
Dazu nen gute Morge.
"Wen wender so früh versorge? --
In unserm Land ists nit der Bruch
Daß mas Wibervolk thut henken uf."
Was zog er us sim Buse? --
Voll Wunder! -- Ein schönes Thücheli.
"Sieh hi! sieh hie! Brun Maidli mi!
Wickle du di kleis Kindli dri!" --
Was zieht er us si'r Scheide? --
Voll Wunder! -- Ein schönglänziges Schwerdt,
Er stach sin Schwägerin uf die Erd.
"Wenn ih den Adel nit niesse möcht,
So stäch ih min Schwäher wohl uf die Erd.
Ach! Anni -- magsts ritten erlide? --

Das unter vierthalb hundert waͤr.“ —
Und dones war am Frytig fruͤh
Sie fuͤhret das Maͤgdli us ſo fruͤh.
Frumm Maͤgdli wend ſie henke,
Sin junge Soh vertraͤnke. —
Und dones uf die Laiter kam
Und es de Nachrichter treuli bath.
„Nachrichter, liebe Nachrichter mi —
O wart du nune kleine Wil,
Ih ghoͤr e ſcharfe Reitery,
Ih hoffs es moͤcht ein drunter ſy,
Moͤcht meines Kindlis Vater ſy.“ —
Der Nachrichter iſt en barmherzige Ma,
Er warte vierthalb Stunden ab,
Er wartet vierthalb Stund
Bis das die Schaar vo Ritter kumt.
Er wuͤnſchet allen e gute Tag,
Dazu nen gute Morge.
„Wen wender ſo fruͤh verſorge? —
In unſerm Land iſts nit der Bruch
Daß mas Wibervolk thut henken uf.“
Was zog er us ſim Buſe? —
Voll Wunder! — Ein ſchoͤnes Thuͤcheli.
„Sieh hi! ſieh hie! Brun Maidli mi!
Wickle du di kleis Kindli dri!“ —
Was zieht er us ſi'r Scheide? —
Voll Wunder! — Ein ſchoͤnglaͤnziges Schwerdt,
Er ſtach ſin Schwaͤgerin uf die Erd.
„Wenn ih den Adel nit nieſſe moͤcht,
So ſtaͤch ih min Schwaͤher wohl uf die Erd.
Ach! Anni — magſts ritten erlide? —

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[288/0300] Das unter vierthalb hundert waͤr.“ — Und dones war am Frytig fruͤh Sie fuͤhret das Maͤgdli us ſo fruͤh. Frumm Maͤgdli wend ſie henke, Sin junge Soh vertraͤnke. — Und dones uf die Laiter kam Und es de Nachrichter treuli bath. „Nachrichter, liebe Nachrichter mi — O wart du nune kleine Wil, Ih ghoͤr e ſcharfe Reitery, Ih hoffs es moͤcht ein drunter ſy, Moͤcht meines Kindlis Vater ſy.“ — Der Nachrichter iſt en barmherzige Ma, Er warte vierthalb Stunden ab, Er wartet vierthalb Stund Bis das die Schaar vo Ritter kumt. Er wuͤnſchet allen e gute Tag, Dazu nen gute Morge. „Wen wender ſo fruͤh verſorge? — In unſerm Land iſts nit der Bruch Daß mas Wibervolk thut henken uf.“ Was zog er us ſim Buſe? — Voll Wunder! — Ein ſchoͤnes Thuͤcheli. „Sieh hi! ſieh hie! Brun Maidli mi! Wickle du di kleis Kindli dri!“ — Was zieht er us ſi'r Scheide? — Voll Wunder! — Ein ſchoͤnglaͤnziges Schwerdt, Er ſtach ſin Schwaͤgerin uf die Erd. „Wenn ih den Adel nit nieſſe moͤcht, So ſtaͤch ih min Schwaͤher wohl uf die Erd. Ach! Anni — magſts ritten erlide? —

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Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808/300>, abgerufen am 22.11.2024.