Zur Hochzeit mitgenommen, In ein Gespräch gar mancherley Sind da die Frauen kommen.
Jakob von Gültlings Frau zeigt an: "Viel Tugend hat mein Edelmann, "Viel Tugend thut er üben, "Er ist besonnen, hat Vernunft, "Er thut mich herzlich lieben.
"Doch leget er sich trunken nieder, "Er oft gar schnell erwachet wieder, "Ein'n Streich hat er empfangen "Vor Mastrich in dem Niederland, "Der thut ihm noch anhangen.
"Dann springt er von dem Bett herab, "Daß ich mich oft verwundert hab, "Wehrt sich um Leib und Leben, "Doch thut er sich auf freundlich Wort "Ganz stille niederlegen.
Des Degenfelders Frau zeigt an: "Die Tugend liebt mein Edelmann, "Doch thut er dies oft üben, "Im Schlafe geht er manche Nacht, "Thut mich damit betrüben."
Indem sie dies Gespräch vollendt, Ging schier die Hochzeit auch zu End, Da ging es an ein Scheiden, Allein die beiden edlen Fraun Lebten da länger in Freuden.
Zur Hochzeit mitgenommen, In ein Geſpraͤch gar mancherley Sind da die Frauen kommen.
Jakob von Guͤltlings Frau zeigt an: „Viel Tugend hat mein Edelmann, „Viel Tugend thut er uͤben, „Er iſt beſonnen, hat Vernunft, „Er thut mich herzlich lieben.
„Doch leget er ſich trunken nieder, „Er oft gar ſchnell erwachet wieder, „Ein'n Streich hat er empfangen „Vor Maſtrich in dem Niederland, „Der thut ihm noch anhangen.
„Dann ſpringt er von dem Bett herab, „Daß ich mich oft verwundert hab, „Wehrt ſich um Leib und Leben, „Doch thut er ſich auf freundlich Wort „Ganz ſtille niederlegen.
Des Degenfelders Frau zeigt an: „Die Tugend liebt mein Edelmann, „Doch thut er dies oft uͤben, „Im Schlafe geht er manche Nacht, „Thut mich damit betruͤben.“
Indem ſie dies Geſpraͤch vollendt, Ging ſchier die Hochzeit auch zu End, Da ging es an ein Scheiden, Allein die beiden edlen Fraun Lebten da laͤnger in Freuden.
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Zur Hochzeit mitgenommen,
In ein Geſpraͤch gar mancherley
Sind da die Frauen kommen.
Jakob von Guͤltlings Frau zeigt an:
„Viel Tugend hat mein Edelmann,
„Viel Tugend thut er uͤben,
„Er iſt beſonnen, hat Vernunft,
„Er thut mich herzlich lieben.
„Doch leget er ſich trunken nieder,
„Er oft gar ſchnell erwachet wieder,
„Ein'n Streich hat er empfangen
„Vor Maſtrich in dem Niederland,
„Der thut ihm noch anhangen.
„Dann ſpringt er von dem Bett herab,
„Daß ich mich oft verwundert hab,
„Wehrt ſich um Leib und Leben,
„Doch thut er ſich auf freundlich Wort
„Ganz ſtille niederlegen.
Des Degenfelders Frau zeigt an:
„Die Tugend liebt mein Edelmann,
„Doch thut er dies oft uͤben,
„Im Schlafe geht er manche Nacht,
„Thut mich damit betruͤben.“
Indem ſie dies Geſpraͤch vollendt,
Ging ſchier die Hochzeit auch zu End,
Da ging es an ein Scheiden,
Allein die beiden edlen Fraun
Lebten da laͤnger in Freuden.
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Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808/276>, abgerufen am 16.02.2025.
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