"Ey das wäre ja gelogen, "Stünd mir gar übel an, "Viel lieber will ich sagen: "Der jung Graf wär mein Mann."
"Ey, Jungfer, wärt ihr ein wenig reich, "Wärt ihr ein edler Zweig, "Fürwahr ich wollt euch nehmen, "Wir wären einander gleich!"
"Und ob ich schon nicht reiche bin, "Aller Ehren bin ich voll. "Meine Ehr will ich behalten, "Bis daß meins Gleichen kommt."
"Kommt aber deines Gleichen nicht, "Was fängst du darnach an?" "Darnach geh ich in das Kloster, "Zu werden eine Nonn'"
Es stund wohl an ein Vierteljahr, Dem Grafen träumts gar schwer, Als ob sein herzallerliebster Schatz Ins Kloster zogen wär.
"Steh auf, steh auf, lieb Reitknecht mein! "Sattel mir und dir ein Pferd, "Wir wollen reiten über Berg und Thal, "Das Mädel ist alles werth."
Und als sie vor das Kloster kamen, Sie klopften ans hohe Haus:
„Ey das waͤre ja gelogen, „Stuͤnd mir gar uͤbel an, „Viel lieber will ich ſagen: „Der jung Graf waͤr mein Mann.“
„Ey, Jungfer, waͤrt ihr ein wenig reich, „Waͤrt ihr ein edler Zweig, „Fuͤrwahr ich wollt euch nehmen, „Wir waͤren einander gleich!“
„Und ob ich ſchon nicht reiche bin, „Aller Ehren bin ich voll. „Meine Ehr will ich behalten, „Bis daß meins Gleichen kommt.“
„Kommt aber deines Gleichen nicht, „Was faͤngſt du darnach an?“ „Darnach geh ich in das Kloſter, „Zu werden eine Nonn'“
Es ſtund wohl an ein Vierteljahr, Dem Grafen traͤumts gar ſchwer, Als ob ſein herzallerliebſter Schatz Ins Kloſter zogen waͤr.
„Steh auf, ſteh auf, lieb Reitknecht mein! „Sattel mir und dir ein Pferd, „Wir wollen reiten uͤber Berg und Thal, „Das Maͤdel iſt alles werth.“
Und als ſie vor das Kloſter kamen, Sie klopften ans hohe Haus:
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><lgtype="poem"><pbfacs="#f0080"n="71"/><lgn="5"><l>„Ey das waͤre ja gelogen,</l><lb/><l>„Stuͤnd mir gar uͤbel an,</l><lb/><l>„Viel lieber will ich ſagen:</l><lb/><l>„Der jung Graf waͤr mein Mann.“</l></lg><lb/><lgn="6"><l>„Ey, Jungfer, waͤrt ihr ein wenig reich,</l><lb/><l>„Waͤrt ihr ein edler Zweig,</l><lb/><l>„Fuͤrwahr ich wollt euch nehmen,</l><lb/><l>„Wir waͤren einander gleich!“</l></lg><lb/><lgn="7"><l>„Und ob ich ſchon nicht reiche bin,</l><lb/><l>„Aller Ehren bin ich voll.</l><lb/><l>„Meine Ehr will ich behalten,</l><lb/><l>„Bis daß meins Gleichen kommt.“</l></lg><lb/><lgn="8"><l>„Kommt aber deines Gleichen nicht,</l><lb/><l>„Was faͤngſt du darnach an?“</l><lb/><l>„Darnach geh ich in das Kloſter,</l><lb/><l>„Zu werden eine Nonn'“</l></lg><lb/><lgn="9"><l>Es ſtund wohl an ein Vierteljahr,</l><lb/><l>Dem Grafen traͤumts gar ſchwer,</l><lb/><l>Als ob ſein herzallerliebſter Schatz</l><lb/><l>Ins Kloſter zogen waͤr.</l></lg><lb/><lgn="10"><l>„Steh auf, ſteh auf, lieb Reitknecht mein!</l><lb/><l>„Sattel mir und dir ein Pferd,</l><lb/><l>„Wir wollen reiten uͤber Berg und Thal,</l><lb/><l>„Das Maͤdel iſt alles werth.“</l></lg><lb/><lgn="11"><l>Und als ſie vor das Kloſter kamen,</l><lb/><l>Sie klopften ans hohe Haus:</l><lb/></lg></lg></div></div></body></text></TEI>
[71/0080]
„Ey das waͤre ja gelogen,
„Stuͤnd mir gar uͤbel an,
„Viel lieber will ich ſagen:
„Der jung Graf waͤr mein Mann.“
„Ey, Jungfer, waͤrt ihr ein wenig reich,
„Waͤrt ihr ein edler Zweig,
„Fuͤrwahr ich wollt euch nehmen,
„Wir waͤren einander gleich!“
„Und ob ich ſchon nicht reiche bin,
„Aller Ehren bin ich voll.
„Meine Ehr will ich behalten,
„Bis daß meins Gleichen kommt.“
„Kommt aber deines Gleichen nicht,
„Was faͤngſt du darnach an?“
„Darnach geh ich in das Kloſter,
„Zu werden eine Nonn'“
Es ſtund wohl an ein Vierteljahr,
Dem Grafen traͤumts gar ſchwer,
Als ob ſein herzallerliebſter Schatz
Ins Kloſter zogen waͤr.
„Steh auf, ſteh auf, lieb Reitknecht mein!
„Sattel mir und dir ein Pferd,
„Wir wollen reiten uͤber Berg und Thal,
„Das Maͤdel iſt alles werth.“
Und als ſie vor das Kloſter kamen,
Sie klopften ans hohe Haus:
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/80>, abgerufen am 29.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.