"Steh auf, steh auf, lieb Reitknecht mein, "Sattle mir und dir zwey Pferd,
"Wir wollen reiten bey Tag und Nacht, "Bis wir den Traum erfahren."
Und als sie über die Heid 'naus kamen, Hörten sie ein Glöcklein läuten.
"Ach großer Gott vom Himmel herab, "Was mag doch dieß bedeuten."
Als sie vor die Stadt Augsburg kamen, Wohl vor die hohe Thore,
Hier sahen sie vier Träger schwarz, Mit einer Todenbahre.
"Stellt ab, stellt ab, ih Träger mein, "Laßt mir den Todten schauen,
"Es möcht meine Herzallerliebste sein "Mit ihren schwarzbraunen Augen.
"Du bist fürwahr mein Schatz geweßt, "Und hast es nicht geglaubet.
"Hätt dir der liebe Gott das Leben geschenkt, "Fürwahr ich hätt dich behalten.
"Hast du gelitten den bittern Tod, "Jezt leid ich große Schmerzen."
Er zog das blanke Schwerdt heraus Und stach es sich ins Herze.
„Steh auf, ſteh auf, lieb Reitknecht mein, „Sattle mir und dir zwey Pferd,
„Wir wollen reiten bey Tag und Nacht, „Bis wir den Traum erfahren.“
Und als ſie uͤber die Heid 'naus kamen, Hoͤrten ſie ein Gloͤcklein laͤuten.
„Ach großer Gott vom Himmel herab, „Was mag doch dieß bedeuten.“
Als ſie vor die Stadt Augsburg kamen, Wohl vor die hohe Thore,
Hier ſahen ſie vier Traͤger ſchwarz, Mit einer Todenbahre.
„Stellt ab, ſtellt ab, ih Traͤger mein, „Laßt mir den Todten ſchauen,
„Es moͤcht meine Herzallerliebſte ſein „Mit ihren ſchwarzbraunen Augen.
„Du biſt fuͤrwahr mein Schatz geweßt, „Und haſt es nicht geglaubet.
„Haͤtt dir der liebe Gott das Leben geſchenkt, „Fuͤrwahr ich haͤtt dich behalten.
„Haſt du gelitten den bittern Tod, „Jezt leid ich große Schmerzen.“
Er zog das blanke Schwerdt heraus Und ſtach es ſich ins Herze.
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„Steh auf, ſteh auf, lieb Reitknecht mein,
„Sattle mir und dir zwey Pferd,
„Wir wollen reiten bey Tag und Nacht,
„Bis wir den Traum erfahren.“
Und als ſie uͤber die Heid 'naus kamen,
Hoͤrten ſie ein Gloͤcklein laͤuten.
„Ach großer Gott vom Himmel herab,
„Was mag doch dieß bedeuten.“
Als ſie vor die Stadt Augsburg kamen,
Wohl vor die hohe Thore,
Hier ſahen ſie vier Traͤger ſchwarz,
Mit einer Todenbahre.
„Stellt ab, ſtellt ab, ih Traͤger mein,
„Laßt mir den Todten ſchauen,
„Es moͤcht meine Herzallerliebſte ſein
„Mit ihren ſchwarzbraunen Augen.
„Du biſt fuͤrwahr mein Schatz geweßt,
„Und haſt es nicht geglaubet.
„Haͤtt dir der liebe Gott das Leben geſchenkt,
„Fuͤrwahr ich haͤtt dich behalten.
„Haſt du gelitten den bittern Tod,
„Jezt leid ich große Schmerzen.“
Er zog das blanke Schwerdt heraus
Und ſtach es ſich ins Herze.
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Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/61>, abgerufen am 16.07.2024.
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