"Bist du willkommen liebs Töchterlein, "Wie ist es dir ergangen,
"Daß dir dein Rock von vorne so klein, "Und hinten viel zu lange?"
"Und wie es mir ergangen ist, "Das darf ich Euch wohl sagen:
"Ich hab mit einem Edelherrn gespielt, "Ein Kindlein muß ich tragen."
"Hast du mit einem Edelherrn gespielt, "Das sollst du niemand sagen.
"Wenn du dein Kindlein zur Welt gebierst, "Ins Wasser wollen wirs tragen."
"Ach nein, ach nein, liebe Mutter mein, "Das wollen wir lassen bleiben.
"Wann ich das Kind zur Welt gebähr, "Dem Vater will ich zuschreiben.
"Ach Mutter, liebe Mutter mein, "Machet mir das Bettlein nicht zu klein,
"Darin will ich leiden Schmerz und Pein, "Dazu den bittern Tod."
Und da es war um Mitternacht, Dem Edelherrn träumt es schwer:
Als wenn sein herzallerliebster Schatz Im Kindbett gestorben wär.
„Biſt du willkommen liebs Toͤchterlein, „Wie iſt es dir ergangen,
„Daß dir dein Rock von vorne ſo klein, „Und hinten viel zu lange?“
„Und wie es mir ergangen iſt, „Das darf ich Euch wohl ſagen:
„Ich hab mit einem Edelherrn geſpielt, „Ein Kindlein muß ich tragen.“
„Haſt du mit einem Edelherrn geſpielt, „Das ſollſt du niemand ſagen.
„Wenn du dein Kindlein zur Welt gebierſt, „Ins Waſſer wollen wirs tragen.“
„Ach nein, ach nein, liebe Mutter mein, „Das wollen wir laſſen bleiben.
„Wann ich das Kind zur Welt gebaͤhr, „Dem Vater will ich zuſchreiben.
„Ach Mutter, liebe Mutter mein, „Machet mir das Bettlein nicht zu klein,
„Darin will ich leiden Schmerz und Pein, „Dazu den bittern Tod.“
Und da es war um Mitternacht, Dem Edelherrn traͤumt es ſchwer:
Als wenn ſein herzallerliebſter Schatz Im Kindbett geſtorben waͤr.
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„Biſt du willkommen liebs Toͤchterlein,
„Wie iſt es dir ergangen,
„Daß dir dein Rock von vorne ſo klein,
„Und hinten viel zu lange?“
„Und wie es mir ergangen iſt,
„Das darf ich Euch wohl ſagen:
„Ich hab mit einem Edelherrn geſpielt,
„Ein Kindlein muß ich tragen.“
„Haſt du mit einem Edelherrn geſpielt,
„Das ſollſt du niemand ſagen.
„Wenn du dein Kindlein zur Welt gebierſt,
„Ins Waſſer wollen wirs tragen.“
„Ach nein, ach nein, liebe Mutter mein,
„Das wollen wir laſſen bleiben.
„Wann ich das Kind zur Welt gebaͤhr,
„Dem Vater will ich zuſchreiben.
„Ach Mutter, liebe Mutter mein,
„Machet mir das Bettlein nicht zu klein,
„Darin will ich leiden Schmerz und Pein,
„Dazu den bittern Tod.“
Und da es war um Mitternacht,
Dem Edelherrn traͤumt es ſchwer:
Als wenn ſein herzallerliebſter Schatz
Im Kindbett geſtorben waͤr.
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Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/60>, abgerufen am 28.07.2024.
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