"Wie lang soll ich denn trauren gehn? "Bis alle Wasser zusammen gehn!
"Ja alle Wasser gehn nicht zusammn, "So wird mein Trauren kein Ende han."
Der Pilger und die fromme Dame.
Fliegendes Blat.
Es reist ein Pilgersmann nach Morgenland hinaus, Er kam vor eines Edelmannes Haus, Kam vor sein Haus, vor seine Thür, Trat eine schöne Dam herfür.
Er sprach sie an um eine gute Gab, Was eine solche Dam vermag: "Ich kann dir halt nichts geben, "In mein Schlafkämmerlein laß ich dich legen."
Der Pilgersmann war von Herzen froh, Sein Mantel er sogleich auszog, Sie schlafen bey einander die liebe lange Nacht, Bis daß das Hämmerlein sechs Uhr schlägt.
"Ey Bettelmann steh auf, es ist schon Zeit, "Die Vögelein singen auf grüner Heid." "Ey laß sie betteln und pfeifen oder nicht, "Von meiner Allerliebsten scheid ich nicht."
Und als der Pilgersmann zum Hof raus kam, Der Edelmann vom Jagen zurücke kam:
„Wie lang ſoll ich denn trauren gehn? „Bis alle Waſſer zuſammen gehn!
„Ja alle Waſſer gehn nicht zuſammn, „So wird mein Trauren kein Ende han.“
Der Pilger und die fromme Dame.
Fliegendes Blat.
Es reiſt ein Pilgersmann nach Morgenland hinaus, Er kam vor eines Edelmannes Haus, Kam vor ſein Haus, vor ſeine Thuͤr, Trat eine ſchoͤne Dam herfuͤr.
Er ſprach ſie an um eine gute Gab, Was eine ſolche Dam vermag: „Ich kann dir halt nichts geben, „In mein Schlafkaͤmmerlein laß ich dich legen.“
Der Pilgersmann war von Herzen froh, Sein Mantel er ſogleich auszog, Sie ſchlafen bey einander die liebe lange Nacht, Bis daß das Haͤmmerlein ſechs Uhr ſchlaͤgt.
„Ey Bettelmann ſteh auf, es iſt ſchon Zeit, „Die Voͤgelein ſingen auf gruͤner Heid.“ „Ey laß ſie betteln und pfeifen oder nicht, „Von meiner Allerliebſten ſcheid ich nicht.“
Und als der Pilgersmann zum Hof raus kam, Der Edelmann vom Jagen zuruͤcke kam:
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[396[406]/0415]
„Wie lang ſoll ich denn trauren gehn?
„Bis alle Waſſer zuſammen gehn!
„Ja alle Waſſer gehn nicht zuſammn,
„So wird mein Trauren kein Ende han.“
Der Pilger und die fromme Dame.
Fliegendes Blat.
Es reiſt ein Pilgersmann nach Morgenland hinaus,
Er kam vor eines Edelmannes Haus,
Kam vor ſein Haus, vor ſeine Thuͤr,
Trat eine ſchoͤne Dam herfuͤr.
Er ſprach ſie an um eine gute Gab,
Was eine ſolche Dam vermag:
„Ich kann dir halt nichts geben,
„In mein Schlafkaͤmmerlein laß ich dich legen.“
Der Pilgersmann war von Herzen froh,
Sein Mantel er ſogleich auszog,
Sie ſchlafen bey einander die liebe lange Nacht,
Bis daß das Haͤmmerlein ſechs Uhr ſchlaͤgt.
„Ey Bettelmann ſteh auf, es iſt ſchon Zeit,
„Die Voͤgelein ſingen auf gruͤner Heid.“
„Ey laß ſie betteln und pfeifen oder nicht,
„Von meiner Allerliebſten ſcheid ich nicht.“
Und als der Pilgersmann zum Hof raus kam,
Der Edelmann vom Jagen zuruͤcke kam:
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Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806, S. 396[406]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/415>, abgerufen am 22.02.2025.
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