Sie ward ihres Grafen inne, Den Pflug zog er im Feld.
Wohl zu derselben Stunde, Hob sie viel heiß zu weinen an, Daß sie ihm nicht helfen konnte, Wie sie gern hät gethan; Sie war gar unverdrossen, Sang schöner jeden Tag, Vier Wochen war sie im Schlosse, Eh sie da Urlaub nahm.
Der König wollte lohnen, Den Mönch wollt lohnen wohl, Ihn krönt mit goldner Krone, Viel Gelds, ein Schüssel voll: "Nimm hin mein lieber Herre, "Last's euch verschmähen nicht." Der Mönch wehrt sich gar sehre: "Ist nicht meines Ordens Sitt!"
Der Mönch der sprach mit Sitten: "Ich will kein solchen Sold, "Ein Gab will ich erbitten, "Ist nicht um rothes Gold, "Und nicht um Edelgesteine, "Noch sonst um andern Rath, "Dort um den Menschen alleine, "Ders Feld umpflüget hat."
Sie ward ihres Grafen inne, Den Pflug zog er im Feld.
Wohl zu derſelben Stunde, Hob ſie viel heiß zu weinen an, Daß ſie ihm nicht helfen konnte, Wie ſie gern haͤt gethan; Sie war gar unverdroſſen, Sang ſchoͤner jeden Tag, Vier Wochen war ſie im Schloſſe, Eh ſie da Urlaub nahm.
Der Koͤnig wollte lohnen, Den Moͤnch wollt lohnen wohl, Ihn kroͤnt mit goldner Krone, Viel Gelds, ein Schuͤſſel voll: „Nimm hin mein lieber Herre, „Laſt's euch verſchmaͤhen nicht.“ Der Moͤnch wehrt ſich gar ſehre: „Iſt nicht meines Ordens Sitt!“
Der Moͤnch der ſprach mit Sitten: „Ich will kein ſolchen Sold, „Ein Gab will ich erbitten, „Iſt nicht um rothes Gold, „Und nicht um Edelgeſteine, „Noch ſonſt um andern Rath, „Dort um den Menſchen alleine, „Ders Feld umpfluͤget hat.“
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><lgtype="poem"><lgn="19"><pbfacs="#f0355"n="336[346]"/><l>Sie ward ihres Grafen inne,</l><lb/><l>Den Pflug zog er im Feld.</l></lg><lb/><lgn="20"><l>Wohl zu derſelben Stunde,</l><lb/><l>Hob ſie viel heiß zu weinen an,</l><lb/><l>Daß ſie ihm nicht helfen konnte,</l><lb/><l>Wie ſie gern haͤt gethan;</l><lb/><l>Sie war gar unverdroſſen,</l><lb/><l>Sang ſchoͤner jeden Tag,</l><lb/><l>Vier Wochen war ſie im Schloſſe,</l><lb/><l>Eh ſie da Urlaub nahm.</l></lg><lb/><lgn="21"><l>Der Koͤnig wollte lohnen,</l><lb/><l>Den Moͤnch wollt lohnen wohl,</l><lb/><l>Ihn kroͤnt mit goldner Krone,</l><lb/><l>Viel Gelds, ein Schuͤſſel voll:</l><lb/><l>„Nimm hin mein lieber Herre,</l><lb/><l>„Laſt's euch verſchmaͤhen nicht.“</l><lb/><l>Der Moͤnch wehrt ſich gar ſehre:</l><lb/><l>„Iſt nicht meines Ordens Sitt!“</l></lg><lb/><lgn="22"><l>Der Moͤnch der ſprach mit Sitten:</l><lb/><l>„Ich will kein ſolchen Sold,</l><lb/><l>„Ein Gab will ich erbitten,</l><lb/><l>„Iſt nicht um rothes Gold,</l><lb/><l>„Und nicht um Edelgeſteine,</l><lb/><l>„Noch ſonſt um andern Rath,</l><lb/><l>„Dort um den Menſchen alleine,</l><lb/><l>„Ders Feld umpfluͤget hat.“</l></lg><lb/></lg></div></div></body></text></TEI>
[336[346]/0355]
Sie ward ihres Grafen inne,
Den Pflug zog er im Feld.
Wohl zu derſelben Stunde,
Hob ſie viel heiß zu weinen an,
Daß ſie ihm nicht helfen konnte,
Wie ſie gern haͤt gethan;
Sie war gar unverdroſſen,
Sang ſchoͤner jeden Tag,
Vier Wochen war ſie im Schloſſe,
Eh ſie da Urlaub nahm.
Der Koͤnig wollte lohnen,
Den Moͤnch wollt lohnen wohl,
Ihn kroͤnt mit goldner Krone,
Viel Gelds, ein Schuͤſſel voll:
„Nimm hin mein lieber Herre,
„Laſt's euch verſchmaͤhen nicht.“
Der Moͤnch wehrt ſich gar ſehre:
„Iſt nicht meines Ordens Sitt!“
Der Moͤnch der ſprach mit Sitten:
„Ich will kein ſolchen Sold,
„Ein Gab will ich erbitten,
„Iſt nicht um rothes Gold,
„Und nicht um Edelgeſteine,
„Noch ſonſt um andern Rath,
„Dort um den Menſchen alleine,
„Ders Feld umpfluͤget hat.“
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806, S. 336[346]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/355>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.