Daphnis liegt in harter Buß, Daphnis thu' die Lippen rühren, Eja, nicht verbleibe stumm, Daphnis, laß dich dannen führen, Eja, nicht verbleibe stumm.
Weidet meine Schäflein, weidet, Daphnis liegt in Aengsten groß, Daphnis Pein und Marter leidet, Wollt', er läg im Mutterschos! Er dem Felsen liegt in Armen, Liegt auf harten Steinen bloß: Ach dort wird er nie erwarmen! Fürcht, daß er sein Haupt zerstoß.
Weidet meine Schäflein, weidet, Daphnis spaltet mir das Herz: Wer mag haben ihn beleidet? Weinen möchten Stein und Erz; Kalter Wind, halt ein die Flügel, Rühre nicht das kranke Blut, Meide jenen Berg und Hügel, Daphnis liegt ohn Schuh und Hut.
Weidet meine Schäflein, weidet, Daphnis leidet Angst und Noth, Daphnis dopple Thränen weinet, Perlen weiß, Korallen roth. Perlen von den Augen schießen, Schießen hin ins grüne Gras.
Daphnis liegt in harter Buß, Daphnis thu' die Lippen ruͤhren, Eja, nicht verbleibe ſtumm, Daphnis, laß dich dannen fuͤhren, Eja, nicht verbleibe ſtumm.
Weidet meine Schaͤflein, weidet, Daphnis liegt in Aengſten groß, Daphnis Pein und Marter leidet, Wollt', er laͤg im Mutterſchos! Er dem Felſen liegt in Armen, Liegt auf harten Steinen bloß: Ach dort wird er nie erwarmen! Fuͤrcht, daß er ſein Haupt zerſtoß.
Weidet meine Schaͤflein, weidet, Daphnis ſpaltet mir das Herz: Wer mag haben ihn beleidet? Weinen moͤchten Stein und Erz; Kalter Wind, halt ein die Fluͤgel, Ruͤhre nicht das kranke Blut, Meide jenen Berg und Huͤgel, Daphnis liegt ohn Schuh und Hut.
Weidet meine Schaͤflein, weidet, Daphnis leidet Angſt und Noth, Daphnis dopple Thraͤnen weinet, Perlen weiß, Korallen roth. Perlen von den Augen ſchießen, Schießen hin ins gruͤne Gras.
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[285[295]/0304]
Daphnis liegt in harter Buß,
Daphnis thu' die Lippen ruͤhren,
Eja, nicht verbleibe ſtumm,
Daphnis, laß dich dannen fuͤhren,
Eja, nicht verbleibe ſtumm.
Weidet meine Schaͤflein, weidet,
Daphnis liegt in Aengſten groß,
Daphnis Pein und Marter leidet,
Wollt', er laͤg im Mutterſchos!
Er dem Felſen liegt in Armen,
Liegt auf harten Steinen bloß:
Ach dort wird er nie erwarmen!
Fuͤrcht, daß er ſein Haupt zerſtoß.
Weidet meine Schaͤflein, weidet,
Daphnis ſpaltet mir das Herz:
Wer mag haben ihn beleidet?
Weinen moͤchten Stein und Erz;
Kalter Wind, halt ein die Fluͤgel,
Ruͤhre nicht das kranke Blut,
Meide jenen Berg und Huͤgel,
Daphnis liegt ohn Schuh und Hut.
Weidet meine Schaͤflein, weidet,
Daphnis leidet Angſt und Noth,
Daphnis dopple Thraͤnen weinet,
Perlen weiß, Korallen roth.
Perlen von den Augen ſchießen,
Schießen hin ins gruͤne Gras.
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Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806, S. 285[295]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/304>, abgerufen am 25.11.2024.
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