Die Geschichten und ritterlichen Thaten Moritz Herzogs zu Sachsen, durch Leonhardt Reutter. 1553. Flugschrift.
Mir kam ein schwerer Unmuth an, Ich konnt mich selber nicht verstan, Und wuste selbst nicht wie mir was, Ganz traurig auf mir selber saß, Ging in die Stadt wohl hin und wieder, Mir war nicht recht, ich legt mich nieder, Und must dem Unglück geben Raum, Da fiel mir ein ein schwerer Traum. Deucht mich, wie ich zu Freiberg, Noch war mein Herz mir also schwer, Vermeint ich wollt zur Kirchen nun, Vielleicht würd' man ein Predigt thun, Ich kam zum Dom, war ganz verdrossen, Da warn alle Thürn verschlossen, Ich dacht es muß nicht recht da seyn, Doch klopft ich an, man ließ mich ein. Mich fragten, was ich wollt so bald? Die ganze Kirch hätt' traurig Gestalt, Mit schwarzem Gewand bezogen war Die Vorkirche und auch der Altar, Viel Wappen sah ich rummer hangen. Mit Trauren mein Herz wurd' umfangen, Ich ging schnell zu der Kirchen aus, Däucht mich, ich wollt' zum Thor hinaus, Zum Spitalholz stand mein Begehr.
Moriz von Sachſen.
Die Geſchichten und ritterlichen Thaten Moritz Herzogs zu Sachſen, durch Leonhardt Reutter. 1553. Flugſchrift.
Mir kam ein ſchwerer Unmuth an, Ich konnt mich ſelber nicht verſtan, Und wuſte ſelbſt nicht wie mir was, Ganz traurig auf mir ſelber ſaß, Ging in die Stadt wohl hin und wieder, Mir war nicht recht, ich legt mich nieder, Und muſt dem Ungluͤck geben Raum, Da fiel mir ein ein ſchwerer Traum. Deucht mich, wie ich zu Freiberg, Noch war mein Herz mir alſo ſchwer, Vermeint ich wollt zur Kirchen nun, Vielleicht wuͤrd' man ein Predigt thun, Ich kam zum Dom, war ganz verdroſſen, Da warn alle Thuͤrn verſchloſſen, Ich dacht es muß nicht recht da ſeyn, Doch klopft ich an, man ließ mich ein. Mich fragten, was ich wollt ſo bald? Die ganze Kirch haͤtt' traurig Geſtalt, Mit ſchwarzem Gewand bezogen war Die Vorkirche und auch der Altar, Viel Wappen ſah ich rummer hangen. Mit Trauren mein Herz wurd' umfangen, Ich ging ſchnell zu der Kirchen aus, Daͤucht mich, ich wollt' zum Thor hinaus, Zum Spitalholz ſtand mein Begehr.
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[270[280]/0289]
Moriz von Sachſen.
Die Geſchichten und ritterlichen Thaten Moritz Herzogs zu Sachſen, durch
Leonhardt Reutter. 1553. Flugſchrift.
Mir kam ein ſchwerer Unmuth an,
Ich konnt mich ſelber nicht verſtan,
Und wuſte ſelbſt nicht wie mir was,
Ganz traurig auf mir ſelber ſaß,
Ging in die Stadt wohl hin und wieder,
Mir war nicht recht, ich legt mich nieder,
Und muſt dem Ungluͤck geben Raum,
Da fiel mir ein ein ſchwerer Traum.
Deucht mich, wie ich zu Freiberg,
Noch war mein Herz mir alſo ſchwer,
Vermeint ich wollt zur Kirchen nun,
Vielleicht wuͤrd' man ein Predigt thun,
Ich kam zum Dom, war ganz verdroſſen,
Da warn alle Thuͤrn verſchloſſen,
Ich dacht es muß nicht recht da ſeyn,
Doch klopft ich an, man ließ mich ein.
Mich fragten, was ich wollt ſo bald?
Die ganze Kirch haͤtt' traurig Geſtalt,
Mit ſchwarzem Gewand bezogen war
Die Vorkirche und auch der Altar,
Viel Wappen ſah ich rummer hangen.
Mit Trauren mein Herz wurd' umfangen,
Ich ging ſchnell zu der Kirchen aus,
Daͤucht mich, ich wollt' zum Thor hinaus,
Zum Spitalholz ſtand mein Begehr.
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Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806, S. 270[280]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/289>, abgerufen am 22.02.2025.
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