Und schnell die Magd ihr Bettlein ließ, Zum Fenster thät sie gehen, Sah Jesum ihr viel schönes Lieb So herrlich vor sich stehen.
Sie öffnet ihm voll Freudigkeit, Sie neigt sich tief zur Erden, Und bot ihm freundlich gute Zeit, Mit sittsamen Geberden.
"Woher, woher, o Jüngling schön? "In meines Vaters Reichen "Mag keiner dir zu Seite gehn, "Sich keiner dir vergleichen.
"Viel schöne Magd, du dachtest mein, "Um dich bin ich gekommen "Aus meines Vaters Königreich, "Ich bin der Meister der Blumen.
"O Herr, o Herr, wie weit, wie weit "Ists zu des Vaters Garten? "Dort mögt ich wohl in Ewigkeit "Der schönen Blumen warten.
"Mein Garten liegt in Ewigkeit "Und noch viel tausend Meilen, "Da will ich dir zum Brautgeschmeid "Ein Kränzlein roth ertheilen."
Da nahm er von dem Finger sein Ein Ring von Sonnengolde
Und ſchnell die Magd ihr Bettlein ließ, Zum Fenſter thaͤt ſie gehen, Sah Jeſum ihr viel ſchoͤnes Lieb So herrlich vor ſich ſtehen.
Sie oͤffnet ihm voll Freudigkeit, Sie neigt ſich tief zur Erden, Und bot ihm freundlich gute Zeit, Mit ſittſamen Geberden.
„Woher, woher, o Juͤngling ſchoͤn? „In meines Vaters Reichen „Mag keiner dir zu Seite gehn, „Sich keiner dir vergleichen.
„Viel ſchoͤne Magd, du dachteſt mein, „Um dich bin ich gekommen „Aus meines Vaters Koͤnigreich, „Ich bin der Meiſter der Blumen.
„O Herr, o Herr, wie weit, wie weit „Iſts zu des Vaters Garten? „Dort moͤgt ich wohl in Ewigkeit „Der ſchoͤnen Blumen warten.
„Mein Garten liegt in Ewigkeit „Und noch viel tauſend Meilen, „Da will ich dir zum Brautgeſchmeid „Ein Kraͤnzlein roth ertheilen.“
Da nahm er von dem Finger ſein Ein Ring von Sonnengolde
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Und ſchnell die Magd ihr Bettlein ließ,
Zum Fenſter thaͤt ſie gehen,
Sah Jeſum ihr viel ſchoͤnes Lieb
So herrlich vor ſich ſtehen.
Sie oͤffnet ihm voll Freudigkeit,
Sie neigt ſich tief zur Erden,
Und bot ihm freundlich gute Zeit,
Mit ſittſamen Geberden.
„Woher, woher, o Juͤngling ſchoͤn?
„In meines Vaters Reichen
„Mag keiner dir zu Seite gehn,
„Sich keiner dir vergleichen.
„Viel ſchoͤne Magd, du dachteſt mein,
„Um dich bin ich gekommen
„Aus meines Vaters Koͤnigreich,
„Ich bin der Meiſter der Blumen.
„O Herr, o Herr, wie weit, wie weit
„Iſts zu des Vaters Garten?
„Dort moͤgt ich wohl in Ewigkeit
„Der ſchoͤnen Blumen warten.
„Mein Garten liegt in Ewigkeit
„Und noch viel tauſend Meilen,
„Da will ich dir zum Brautgeſchmeid
„Ein Kraͤnzlein roth ertheilen.“
Da nahm er von dem Finger ſein
Ein Ring von Sonnengolde
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Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/25>, abgerufen am 16.07.2024.
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