Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806.

Bild:
<< vorherige Seite

Die doch zulezt welk wird und alt,
Und dann zu Staub und Aschen;
Besonders die mit falscher Müh,
Sich Schönheit nur erdichtet,
Und uns ins Herz, in bitterm Scherz,
Den süßen Giftpfeil richtet.

Sag auch hiemit den Parzen ab,
Die mir bisher gesponnen,
Bei denen ich an meinem Grab
Verloren, nicht gewonnen.
Falsch und untreu sind alle drey
Heimlich mit mir umgangen;
An ihr Gespinnst, an ihre Kunst
Sollt ich mein Leben hangen?
Nein, wenn der Athem mir wird schwer,
Daß ichs nicht mehr kann leiden,
Soll mir den Faden nimmermehr
Derselben Ein' abschneiden;
Dein schöne Hand, dein milde Hand,
O Jungfrau auserkohren,
Schneid oder schon, straf oder lohn,
Sonst ist alles verloren.
Wenn mir geschwächt sind alle Sinn',
Und die Umstehenden sagen:
Jezt scheidet er, jezt ist er hin,
Der Puls hört auf zu schlagen!
12.

Die doch zulezt welk wird und alt,
Und dann zu Staub und Aſchen;
Beſonders die mit falſcher Muͤh,
Sich Schoͤnheit nur erdichtet,
Und uns ins Herz, in bitterm Scherz,
Den ſuͤßen Giftpfeil richtet.

Sag auch hiemit den Parzen ab,
Die mir bisher geſponnen,
Bei denen ich an meinem Grab
Verloren, nicht gewonnen.
Falſch und untreu ſind alle drey
Heimlich mit mir umgangen;
An ihr Geſpinnſt, an ihre Kunſt
Sollt ich mein Leben hangen?
Nein, wenn der Athem mir wird ſchwer,
Daß ichs nicht mehr kann leiden,
Soll mir den Faden nimmermehr
Derſelben Ein' abſchneiden;
Dein ſchoͤne Hand, dein milde Hand,
O Jungfrau auserkohren,
Schneid oder ſchon, ſtraf oder lohn,
Sonſt iſt alles verloren.
Wenn mir geſchwaͤcht ſind alle Sinn',
Und die Umſtehenden ſagen:
Jezt ſcheidet er, jezt iſt er hin,
Der Puls hoͤrt auf zu ſchlagen!
12.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="9">
              <pb facs="#f0186" n="177"/>
              <l>Die doch zulezt welk wird und alt,</l><lb/>
              <l>Und dann zu Staub und A&#x017F;chen;</l><lb/>
              <l>Be&#x017F;onders die mit fal&#x017F;cher Mu&#x0364;h,</l><lb/>
              <l>Sich Scho&#x0364;nheit nur erdichtet,</l><lb/>
              <l>Und uns ins Herz, in bitterm Scherz,</l><lb/>
              <l>Den &#x017F;u&#x0364;ßen Giftpfeil richtet.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="10">
              <l>Sag auch hiemit den Parzen ab,</l><lb/>
              <l>Die mir bisher ge&#x017F;ponnen,</l><lb/>
              <l>Bei denen ich an meinem Grab</l><lb/>
              <l>Verloren, nicht gewonnen.</l><lb/>
              <l>Fal&#x017F;ch und untreu &#x017F;ind alle drey</l><lb/>
              <l>Heimlich mit mir umgangen;</l><lb/>
              <l>An ihr Ge&#x017F;pinn&#x017F;t, an ihre Kun&#x017F;t</l><lb/>
              <l>Sollt ich mein Leben hangen?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="11">
              <l>Nein, wenn der Athem mir wird &#x017F;chwer,</l><lb/>
              <l>Daß ichs nicht mehr kann leiden,</l><lb/>
              <l>Soll mir den Faden nimmermehr</l><lb/>
              <l>Der&#x017F;elben Ein' ab&#x017F;chneiden;</l><lb/>
              <l>Dein &#x017F;cho&#x0364;ne Hand, dein milde Hand,</l><lb/>
              <l>O Jungfrau auserkohren,</l><lb/>
              <l>Schneid oder &#x017F;chon, &#x017F;traf oder lohn,</l><lb/>
              <l>Son&#x017F;t i&#x017F;t alles verloren.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="12">
              <l>Wenn mir ge&#x017F;chwa&#x0364;cht &#x017F;ind alle Sinn',</l><lb/>
              <l>Und die Um&#x017F;tehenden &#x017F;agen:</l><lb/>
              <l>Jezt &#x017F;cheidet er, jezt i&#x017F;t er hin,</l><lb/>
              <l>Der Puls ho&#x0364;rt auf zu &#x017F;chlagen!</l><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">12.</fw><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[177/0186] Die doch zulezt welk wird und alt, Und dann zu Staub und Aſchen; Beſonders die mit falſcher Muͤh, Sich Schoͤnheit nur erdichtet, Und uns ins Herz, in bitterm Scherz, Den ſuͤßen Giftpfeil richtet. Sag auch hiemit den Parzen ab, Die mir bisher geſponnen, Bei denen ich an meinem Grab Verloren, nicht gewonnen. Falſch und untreu ſind alle drey Heimlich mit mir umgangen; An ihr Geſpinnſt, an ihre Kunſt Sollt ich mein Leben hangen? Nein, wenn der Athem mir wird ſchwer, Daß ichs nicht mehr kann leiden, Soll mir den Faden nimmermehr Derſelben Ein' abſchneiden; Dein ſchoͤne Hand, dein milde Hand, O Jungfrau auserkohren, Schneid oder ſchon, ſtraf oder lohn, Sonſt iſt alles verloren. Wenn mir geſchwaͤcht ſind alle Sinn', Und die Umſtehenden ſagen: Jezt ſcheidet er, jezt iſt er hin, Der Puls hoͤrt auf zu ſchlagen! 12.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/186
Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/186>, abgerufen am 22.11.2024.