Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806.

Bild:
<< vorherige Seite

O des schweren Eisenkragen!
O der kalten Kettenkraft.

Mond und Daphnis, ihr allbeiden
Oft enthieltet euch vom Schlaf,
Kamet in Gesellschaft weiden,
Du die Sterne, er die Schaf,
Nicht hinführo wacht allbeyde,
Schlaf, o matter Mond! entschlaf,
Nie zusammen werdet weiden,
Du die Sterne, er die Schaf.
Ach ihr Schäflein, wer wird hüten,
Wer soll euch nun treiben auf?
Hirten solcher Mild und Güte
Sind nicht also guten Kaufs.
O des jung und schönen Knaben,
Hirt und Schützen gleiche gut,
Wer soll seinen Stecken haben?
Taschen, Horn und Winterhut?
Wer soll haben seinen Bogen?
Wer den Köcher, Pfeil und Bolz?
Die von ihm so weit geflogen,
Nie gefehlet in dem Holz.
Wer soll haben seine Geigen,
Dulzian und Mandolin?
Ach für Trauren muß ich schweigen,
Ach ade! muß fließen hin.


O des ſchweren Eiſenkragen!
O der kalten Kettenkraft.

Mond und Daphnis, ihr allbeiden
Oft enthieltet euch vom Schlaf,
Kamet in Geſellſchaft weiden,
Du die Sterne, er die Schaf,
Nicht hinfuͤhro wacht allbeyde,
Schlaf, o matter Mond! entſchlaf,
Nie zuſammen werdet weiden,
Du die Sterne, er die Schaf.
Ach ihr Schaͤflein, wer wird huͤten,
Wer ſoll euch nun treiben auf?
Hirten ſolcher Mild und Guͤte
Sind nicht alſo guten Kaufs.
O des jung und ſchoͤnen Knaben,
Hirt und Schuͤtzen gleiche gut,
Wer ſoll ſeinen Stecken haben?
Taſchen, Horn und Winterhut?
Wer ſoll haben ſeinen Bogen?
Wer den Koͤcher, Pfeil und Bolz?
Die von ihm ſo weit geflogen,
Nie gefehlet in dem Holz.
Wer ſoll haben ſeine Geigen,
Dulzian und Mandolin?
Ach fuͤr Trauren muß ich ſchweigen,
Ach ade! muß fließen hin.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="14">
              <pb facs="#f0180" n="171"/>
              <l>O des &#x017F;chweren Ei&#x017F;enkragen!</l><lb/>
              <l>O der kalten Kettenkraft.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="15">
              <l>Mond und Daphnis, ihr allbeiden</l><lb/>
              <l>Oft enthieltet euch vom Schlaf,</l><lb/>
              <l>Kamet in Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft weiden,</l><lb/>
              <l>Du die Sterne, er die Schaf,</l><lb/>
              <l>Nicht hinfu&#x0364;hro wacht allbeyde,</l><lb/>
              <l>Schlaf, o matter Mond! ent&#x017F;chlaf,</l><lb/>
              <l>Nie zu&#x017F;ammen werdet weiden,</l><lb/>
              <l>Du die Sterne, er die Schaf.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="16">
              <l>Ach ihr Scha&#x0364;flein, wer wird hu&#x0364;ten,</l><lb/>
              <l>Wer &#x017F;oll euch nun treiben auf?</l><lb/>
              <l>Hirten &#x017F;olcher Mild und Gu&#x0364;te</l><lb/>
              <l>Sind nicht al&#x017F;o guten Kaufs.</l><lb/>
              <l>O des jung und &#x017F;cho&#x0364;nen Knaben,</l><lb/>
              <l>Hirt und Schu&#x0364;tzen gleiche gut,</l><lb/>
              <l>Wer &#x017F;oll &#x017F;einen Stecken haben?</l><lb/>
              <l>Ta&#x017F;chen, Horn und Winterhut?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="17">
              <l>Wer &#x017F;oll haben &#x017F;einen Bogen?</l><lb/>
              <l>Wer den Ko&#x0364;cher, Pfeil und Bolz?</l><lb/>
              <l>Die von ihm &#x017F;o weit geflogen,</l><lb/>
              <l>Nie gefehlet in dem Holz.</l><lb/>
              <l>Wer &#x017F;oll haben &#x017F;eine Geigen,</l><lb/>
              <l>Dulzian und Mandolin?</l><lb/>
              <l>Ach fu&#x0364;r Trauren muß ich &#x017F;chweigen,</l><lb/>
              <l>Ach ade! muß fließen hin.</l>
            </lg>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[171/0180] O des ſchweren Eiſenkragen! O der kalten Kettenkraft. Mond und Daphnis, ihr allbeiden Oft enthieltet euch vom Schlaf, Kamet in Geſellſchaft weiden, Du die Sterne, er die Schaf, Nicht hinfuͤhro wacht allbeyde, Schlaf, o matter Mond! entſchlaf, Nie zuſammen werdet weiden, Du die Sterne, er die Schaf. Ach ihr Schaͤflein, wer wird huͤten, Wer ſoll euch nun treiben auf? Hirten ſolcher Mild und Guͤte Sind nicht alſo guten Kaufs. O des jung und ſchoͤnen Knaben, Hirt und Schuͤtzen gleiche gut, Wer ſoll ſeinen Stecken haben? Taſchen, Horn und Winterhut? Wer ſoll haben ſeinen Bogen? Wer den Koͤcher, Pfeil und Bolz? Die von ihm ſo weit geflogen, Nie gefehlet in dem Holz. Wer ſoll haben ſeine Geigen, Dulzian und Mandolin? Ach fuͤr Trauren muß ich ſchweigen, Ach ade! muß fließen hin.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/180
Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/180>, abgerufen am 22.11.2024.