Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806.

Bild:
<< vorherige Seite
Zun Juden thät er laufen,
Und fragen sie behend:
"Ob sie nit wollten kaufen,
"Das heilig Sakrament?"
Alsbald sie Antwort gaben:
"Er solls ihnen bringen nun,
"Sie wollten ihm mit Gaben,
"Ein völlig Gnüge thun."
In stürmischer Nacht, im Finstern,
Brach er die Thüre auf,
Von unser Frauen Münster,
Nahm acht Partikel raus.
Um einen Gulden merk eben,
Er sie alle acht verkauft,
Daß einer, wie zu sehen,
Auf dreyßig Pfennig lauft.
Die Juden ließens zum Tempel,
Bald tragen auf den Altar,
Ein Messer sie auszogen,
Und stachen grimmig drein.
Bald sahen sie herausfließen,
Das Blut ganz mild und reich,
Gestalt sich sehen ließe,
Eim jungen Kindlein gleich.
Das brachte großen Schrecken,
Sie gingen bald zu Rath:
Zun Juden thaͤt er laufen,
Und fragen ſie behend:
„Ob ſie nit wollten kaufen,
„Das heilig Sakrament?“
Alsbald ſie Antwort gaben:
„Er ſolls ihnen bringen nun,
„Sie wollten ihm mit Gaben,
„Ein voͤllig Gnuͤge thun.“
In ſtuͤrmiſcher Nacht, im Finſtern,
Brach er die Thuͤre auf,
Von unſer Frauen Muͤnſter,
Nahm acht Partikel raus.
Um einen Gulden merk eben,
Er ſie alle acht verkauft,
Daß einer, wie zu ſehen,
Auf dreyßig Pfennig lauft.
Die Juden ließens zum Tempel,
Bald tragen auf den Altar,
Ein Meſſer ſie auszogen,
Und ſtachen grimmig drein.
Bald ſahen ſie herausfließen,
Das Blut ganz mild und reich,
Geſtalt ſich ſehen ließe,
Eim jungen Kindlein gleich.
Das brachte großen Schrecken,
Sie gingen bald zu Rath:
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0103" n="94"/>
            <lg n="3">
              <l>Zun Juden tha&#x0364;t er laufen,</l><lb/>
              <l>Und fragen &#x017F;ie behend:</l><lb/>
              <l>&#x201E;Ob &#x017F;ie nit wollten kaufen,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Das heilig Sakrament?&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Alsbald &#x017F;ie Antwort gaben:</l><lb/>
              <l>&#x201E;Er &#x017F;olls ihnen bringen nun,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Sie wollten ihm mit Gaben,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Ein vo&#x0364;llig Gnu&#x0364;ge thun.&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>In &#x017F;tu&#x0364;rmi&#x017F;cher Nacht, im Fin&#x017F;tern,</l><lb/>
              <l>Brach er die Thu&#x0364;re auf,</l><lb/>
              <l>Von un&#x017F;er Frauen Mu&#x0364;n&#x017F;ter,</l><lb/>
              <l>Nahm acht Partikel raus.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Um einen Gulden merk eben,</l><lb/>
              <l>Er &#x017F;ie alle acht verkauft,</l><lb/>
              <l>Daß einer, wie zu &#x017F;ehen,</l><lb/>
              <l>Auf dreyßig Pfennig lauft.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <l>Die Juden ließens zum Tempel,</l><lb/>
              <l>Bald tragen auf den Altar,</l><lb/>
              <l>Ein Me&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ie auszogen,</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;tachen grimmig drein.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="8">
              <l>Bald &#x017F;ahen &#x017F;ie herausfließen,</l><lb/>
              <l>Das Blut ganz mild und reich,</l><lb/>
              <l>Ge&#x017F;talt &#x017F;ich &#x017F;ehen ließe,</l><lb/>
              <l>Eim jungen Kindlein gleich.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="9">
              <l>Das brachte großen Schrecken,</l><lb/>
              <l>Sie gingen bald zu Rath:</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[94/0103] Zun Juden thaͤt er laufen, Und fragen ſie behend: „Ob ſie nit wollten kaufen, „Das heilig Sakrament?“ Alsbald ſie Antwort gaben: „Er ſolls ihnen bringen nun, „Sie wollten ihm mit Gaben, „Ein voͤllig Gnuͤge thun.“ In ſtuͤrmiſcher Nacht, im Finſtern, Brach er die Thuͤre auf, Von unſer Frauen Muͤnſter, Nahm acht Partikel raus. Um einen Gulden merk eben, Er ſie alle acht verkauft, Daß einer, wie zu ſehen, Auf dreyßig Pfennig lauft. Die Juden ließens zum Tempel, Bald tragen auf den Altar, Ein Meſſer ſie auszogen, Und ſtachen grimmig drein. Bald ſahen ſie herausfließen, Das Blut ganz mild und reich, Geſtalt ſich ſehen ließe, Eim jungen Kindlein gleich. Das brachte großen Schrecken, Sie gingen bald zu Rath:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/103
Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/103>, abgerufen am 24.11.2024.