Arnim, Achim von: Der tolle Invalide auf dem Fort Ratonneau. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. [163]–201. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.sich den Fluß herabtreiben; sie wagte nicht umzublicken; wenn am Hafen ein Schuß geschah, meinte sie, das Fort sei gesprengt, und ihr halbes Leben verloren; so verfiel sie allmählich in einen dumpfen fieberartigen Zustand. Unterdessen waren die beiden Soldaten, mit Aepfeln und Trauben bepackt, in die Nähe des Forts gekommen, aber Francoeur's starke Stimme rief ihnen, indem er eine Flintenkugel über ihre Köpfe abfeuerte: Zurück! dann sagte er durch das Sprachrohr: An der hohen Mauer werde ich mit euch reden, ich habe hier allein zu befehlen und will auch allein hier leben, so lange es dem Teufel gefällt! -- Sie wußten nicht, was das bedeuten solle, aber es war nichts Anderes zu thun, als dem Willen des Sergeanten Folge zu leisten. Sie gingen herab zu dem steilen Abhange des Forts, welcher die hohe Mauer hieß, und kaum waren sie dort angelangt, so sahen sie Rosaliens Bette und des Kindes Wiege an einem Seile niedersinken, dem folgten ihre Betten und Geräthe, und Francoeur rief durch das Sprachrohr: Das Eurige nehmt; Bette, Wiege und Kleider meiner entlaufenen Frau bringt zum Commandanten, da werdet ihr sie finden; sagt: das schicke ihr Satanas, und diese alte Fahne, um ihre Schande mit dem Commandanten zu decken! Bei diesen Worten warf er die große französische Flagge, die auf dem Fort geweht hatte, herab und fuhr fort: Dem Commandanten lasse ich hierdurch Krieg erklären, er mag sich waffnen bis zum sich den Fluß herabtreiben; sie wagte nicht umzublicken; wenn am Hafen ein Schuß geschah, meinte sie, das Fort sei gesprengt, und ihr halbes Leben verloren; so verfiel sie allmählich in einen dumpfen fieberartigen Zustand. Unterdessen waren die beiden Soldaten, mit Aepfeln und Trauben bepackt, in die Nähe des Forts gekommen, aber Francoeur's starke Stimme rief ihnen, indem er eine Flintenkugel über ihre Köpfe abfeuerte: Zurück! dann sagte er durch das Sprachrohr: An der hohen Mauer werde ich mit euch reden, ich habe hier allein zu befehlen und will auch allein hier leben, so lange es dem Teufel gefällt! — Sie wußten nicht, was das bedeuten solle, aber es war nichts Anderes zu thun, als dem Willen des Sergeanten Folge zu leisten. Sie gingen herab zu dem steilen Abhange des Forts, welcher die hohe Mauer hieß, und kaum waren sie dort angelangt, so sahen sie Rosaliens Bette und des Kindes Wiege an einem Seile niedersinken, dem folgten ihre Betten und Geräthe, und Francoeur rief durch das Sprachrohr: Das Eurige nehmt; Bette, Wiege und Kleider meiner entlaufenen Frau bringt zum Commandanten, da werdet ihr sie finden; sagt: das schicke ihr Satanas, und diese alte Fahne, um ihre Schande mit dem Commandanten zu decken! Bei diesen Worten warf er die große französische Flagge, die auf dem Fort geweht hatte, herab und fuhr fort: Dem Commandanten lasse ich hierdurch Krieg erklären, er mag sich waffnen bis zum <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0030"/> sich den Fluß herabtreiben; sie wagte nicht umzublicken; wenn am Hafen ein Schuß geschah, meinte sie, das Fort sei gesprengt, und ihr halbes Leben verloren; so verfiel sie allmählich in einen dumpfen fieberartigen Zustand.</p><lb/> <p>Unterdessen waren die beiden Soldaten, mit Aepfeln und Trauben bepackt, in die Nähe des Forts gekommen, aber Francoeur's starke Stimme rief ihnen, indem er eine Flintenkugel über ihre Köpfe abfeuerte: Zurück! dann sagte er durch das Sprachrohr: An der hohen Mauer werde ich mit euch reden, ich habe hier allein zu befehlen und will auch allein hier leben, so lange es dem Teufel gefällt! — Sie wußten nicht, was das bedeuten solle, aber es war nichts Anderes zu thun, als dem Willen des Sergeanten Folge zu leisten. Sie gingen herab zu dem steilen Abhange des Forts, welcher die hohe Mauer hieß, und kaum waren sie dort angelangt, so sahen sie Rosaliens Bette und des Kindes Wiege an einem Seile niedersinken, dem folgten ihre Betten und Geräthe, und Francoeur rief durch das Sprachrohr: Das Eurige nehmt; Bette, Wiege und Kleider meiner entlaufenen Frau bringt zum Commandanten, da werdet ihr sie finden; sagt: das schicke ihr Satanas, und diese alte Fahne, um ihre Schande mit dem Commandanten zu decken! Bei diesen Worten warf er die große französische Flagge, die auf dem Fort geweht hatte, herab und fuhr fort: Dem Commandanten lasse ich hierdurch Krieg erklären, er mag sich waffnen bis zum<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0030]
sich den Fluß herabtreiben; sie wagte nicht umzublicken; wenn am Hafen ein Schuß geschah, meinte sie, das Fort sei gesprengt, und ihr halbes Leben verloren; so verfiel sie allmählich in einen dumpfen fieberartigen Zustand.
Unterdessen waren die beiden Soldaten, mit Aepfeln und Trauben bepackt, in die Nähe des Forts gekommen, aber Francoeur's starke Stimme rief ihnen, indem er eine Flintenkugel über ihre Köpfe abfeuerte: Zurück! dann sagte er durch das Sprachrohr: An der hohen Mauer werde ich mit euch reden, ich habe hier allein zu befehlen und will auch allein hier leben, so lange es dem Teufel gefällt! — Sie wußten nicht, was das bedeuten solle, aber es war nichts Anderes zu thun, als dem Willen des Sergeanten Folge zu leisten. Sie gingen herab zu dem steilen Abhange des Forts, welcher die hohe Mauer hieß, und kaum waren sie dort angelangt, so sahen sie Rosaliens Bette und des Kindes Wiege an einem Seile niedersinken, dem folgten ihre Betten und Geräthe, und Francoeur rief durch das Sprachrohr: Das Eurige nehmt; Bette, Wiege und Kleider meiner entlaufenen Frau bringt zum Commandanten, da werdet ihr sie finden; sagt: das schicke ihr Satanas, und diese alte Fahne, um ihre Schande mit dem Commandanten zu decken! Bei diesen Worten warf er die große französische Flagge, die auf dem Fort geweht hatte, herab und fuhr fort: Dem Commandanten lasse ich hierdurch Krieg erklären, er mag sich waffnen bis zum
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Zitationshilfe: | Arnim, Achim von: Der tolle Invalide auf dem Fort Ratonneau. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. [163]–201. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_invalide_1910/30>, abgerufen am 16.02.2025. |