Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Achim von: Der tolle Invalide auf dem Fort Ratonneau. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. [163]–201. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

Teufel und Ihr stiftet mir Unheil? -- Man darf den Teufel nicht an die Wand malen, sonst hat man ihn im Spiegel, antwortete Francoeur mit einem gewissen Zutrauen. Das gab dem Kommandanten Vertrauen, er reichte ihm den Schlüssel, das Inventarium und den Befehl an die jetzige kleine Garnison, auszuziehen. So wurde er entlassen, und auf dem Hausflur fiel ihm Basset um den Hals; sie hatten sich gleich erkannt und erzählten einander in aller Kürze, wie es ihnen ergangen. Doch weil Francoeur an große Strenge in allem Militärischen gewöhnt war, so riß er sich los und bat ihn auf den nächsten Sonntag, wenn er abkommen könnte, zu Gast nach dem Fort Ratonneau, zu dessen Commandanten, der er selbst zu sein die Ehre habe.

Der Einzug auf dem Fort war für Alle gleich fröhlich; die abziehenden Invaliden hatten die schöne Aussicht auf Marseille bis zum Ueberdrusse genossen, und die Einziehenden waren entzückt über die Aussicht, über das zierliche Werk, über die bequemen Zimmer und Betten; auch kauften sie von den Abziehenden ein paar Ziegen, ein Taubenpaar, ein Dutzend Hühner und die Kunststücke, um in der Nähe einiges Wild in aller Stille belauern zu können; denn müßige Soldaten sind ihrer Natur nach Jäger. Als Francoeur sein Kommando angetreten, befahl er sogleich seinen beiden Soldaten, Brunet und Tessier, mit ihm den Pulverthurm zu eröffnen, das Inventarium durchzugehen, um dann einen gewissen Vorrath zur Feuerwerkarbeit in das Laboratorium zu tragen.

Teufel und Ihr stiftet mir Unheil? — Man darf den Teufel nicht an die Wand malen, sonst hat man ihn im Spiegel, antwortete Francoeur mit einem gewissen Zutrauen. Das gab dem Kommandanten Vertrauen, er reichte ihm den Schlüssel, das Inventarium und den Befehl an die jetzige kleine Garnison, auszuziehen. So wurde er entlassen, und auf dem Hausflur fiel ihm Basset um den Hals; sie hatten sich gleich erkannt und erzählten einander in aller Kürze, wie es ihnen ergangen. Doch weil Francoeur an große Strenge in allem Militärischen gewöhnt war, so riß er sich los und bat ihn auf den nächsten Sonntag, wenn er abkommen könnte, zu Gast nach dem Fort Ratonneau, zu dessen Commandanten, der er selbst zu sein die Ehre habe.

Der Einzug auf dem Fort war für Alle gleich fröhlich; die abziehenden Invaliden hatten die schöne Aussicht auf Marseille bis zum Ueberdrusse genossen, und die Einziehenden waren entzückt über die Aussicht, über das zierliche Werk, über die bequemen Zimmer und Betten; auch kauften sie von den Abziehenden ein paar Ziegen, ein Taubenpaar, ein Dutzend Hühner und die Kunststücke, um in der Nähe einiges Wild in aller Stille belauern zu können; denn müßige Soldaten sind ihrer Natur nach Jäger. Als Francoeur sein Kommando angetreten, befahl er sogleich seinen beiden Soldaten, Brunet und Tessier, mit ihm den Pulverthurm zu eröffnen, das Inventarium durchzugehen, um dann einen gewissen Vorrath zur Feuerwerkarbeit in das Laboratorium zu tragen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0023"/>
Teufel und Ihr stiftet mir Unheil? &#x2014; Man darf den                Teufel nicht an die Wand malen, sonst hat man ihn im Spiegel, antwortete Francoeur                mit einem gewissen Zutrauen. Das gab dem Kommandanten Vertrauen, er reichte ihm den                Schlüssel, das Inventarium und den Befehl an die jetzige kleine Garnison,                auszuziehen. So wurde er entlassen, und auf dem Hausflur fiel ihm Basset um den Hals;                sie hatten sich gleich erkannt und erzählten einander in aller Kürze, wie es ihnen                ergangen. Doch weil Francoeur an große Strenge in allem Militärischen gewöhnt war, so                riß er sich los und bat ihn auf den nächsten Sonntag, wenn er abkommen könnte, zu                Gast nach dem Fort Ratonneau, zu dessen Commandanten, der er selbst zu sein die Ehre                habe.</p><lb/>
        <p>Der Einzug auf dem Fort war für Alle gleich fröhlich; die abziehenden Invaliden                hatten die schöne Aussicht auf Marseille bis zum Ueberdrusse genossen, und die                Einziehenden waren entzückt über die Aussicht, über das zierliche Werk, über die                bequemen Zimmer und Betten; auch kauften sie von den Abziehenden ein paar Ziegen, ein                Taubenpaar, ein Dutzend Hühner und die Kunststücke, um in der Nähe einiges Wild in                aller Stille belauern zu können; denn müßige Soldaten sind ihrer Natur nach Jäger.                Als Francoeur sein Kommando angetreten, befahl er sogleich seinen beiden Soldaten,                Brunet und Tessier, mit ihm den Pulverthurm zu eröffnen, das Inventarium                durchzugehen, um dann einen gewissen Vorrath zur Feuerwerkarbeit in das Laboratorium                zu tragen.<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0023] Teufel und Ihr stiftet mir Unheil? — Man darf den Teufel nicht an die Wand malen, sonst hat man ihn im Spiegel, antwortete Francoeur mit einem gewissen Zutrauen. Das gab dem Kommandanten Vertrauen, er reichte ihm den Schlüssel, das Inventarium und den Befehl an die jetzige kleine Garnison, auszuziehen. So wurde er entlassen, und auf dem Hausflur fiel ihm Basset um den Hals; sie hatten sich gleich erkannt und erzählten einander in aller Kürze, wie es ihnen ergangen. Doch weil Francoeur an große Strenge in allem Militärischen gewöhnt war, so riß er sich los und bat ihn auf den nächsten Sonntag, wenn er abkommen könnte, zu Gast nach dem Fort Ratonneau, zu dessen Commandanten, der er selbst zu sein die Ehre habe. Der Einzug auf dem Fort war für Alle gleich fröhlich; die abziehenden Invaliden hatten die schöne Aussicht auf Marseille bis zum Ueberdrusse genossen, und die Einziehenden waren entzückt über die Aussicht, über das zierliche Werk, über die bequemen Zimmer und Betten; auch kauften sie von den Abziehenden ein paar Ziegen, ein Taubenpaar, ein Dutzend Hühner und die Kunststücke, um in der Nähe einiges Wild in aller Stille belauern zu können; denn müßige Soldaten sind ihrer Natur nach Jäger. Als Francoeur sein Kommando angetreten, befahl er sogleich seinen beiden Soldaten, Brunet und Tessier, mit ihm den Pulverthurm zu eröffnen, das Inventarium durchzugehen, um dann einen gewissen Vorrath zur Feuerwerkarbeit in das Laboratorium zu tragen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T12:48:52Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T12:48:52Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: nicht gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: nein; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_invalide_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_invalide_1910/23
Zitationshilfe: Arnim, Achim von: Der tolle Invalide auf dem Fort Ratonneau. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. [163]–201. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_invalide_1910/23>, abgerufen am 11.12.2024.