Arndts, Maria: Der Juhschrei auf der Halseralm. Novelle aus dem bayerischen Gebirgslande. Dresden, 1875.verkündeten wieder Böllerschüsse einen Brautzug, wie vor einem Auch das Mahl war so reichhaltig, daß sich die Tische verkündeten wieder Böllerſchüſſe einen Brautzug, wie vor einem Auch das Mahl war ſo reichhaltig, daß ſich die Tiſche <TEI> <text> <body> <div type="chapter"> <p><pb facs="#f0070"/> verkündeten wieder Böllerſchüſſe einen Brautzug, wie vor einem<lb/> Vierteljahre zu Tegernſee. Diesmal ertönte aber auch feier-<lb/> liches Glockengeläute, und beim hellſten Sonnenſchein ſtieg die<lb/> feſtliche Verſammlung, an welcher das ganze Dorf und Viele<lb/> aus der Umgegend Antheil nahmen, den Hügel hinauf zur<lb/> Kirche. — Dort war ein feierliches Hochamt mit Geſang, Trom-<lb/> peten und Pauken, dann folgte, wie gewöhnlich (zur Erinnerung<lb/> an die Hochzeit von Kanaan), der ſchöne Gebrauch, daß der<lb/> Prieſter Wein in einem Kelche weiht, und dieſen zuerſt dreimal<lb/> dem Bräutigam, dann dreimal der Braut und zuletzt den ande-<lb/> ren Hochzeitsgäſten zum Trunke darreichte; und hierauf folgte<lb/> die Trauung. — Nach dem kirchlichen Akte bewegte ſich der<lb/> Zug zurück in’s Dorf, wo der Feſtſaal mit fürſtlichem Reich-<lb/> thum und ſo viel wie möglich in Nachahmung des Tegernſeer<lb/> königlichen Tanzſaals geſchmückt war.</p><lb/> <p>Auch das Mahl war ſo reichhaltig, daß ſich die Tiſche<lb/> darunter hätten biegen mögen; und wer könnte ſich nicht leicht<lb/> vorſtellen, in welchem Wonnegefühl das liebliche Brautpaar<lb/> heute gleichſam ſtrahlte. — Nach einiger Zeit fuhr ein könig-<lb/> licher Wagen an, und unter donnerndem Jubel trat der König<lb/> ein. Auch heute unterhielt er ſich wieder mit Jedem gleich<lb/> leutſelig, und das Brautpaar konnte nicht genug ſeinen Dank<lb/> ausſprechen gegen ſeines Glückes Gründer, vor dem es nun zum<lb/> zweiten Mal als ſolches ſtand. — Mehreren Nationaltänzen<lb/> wohnte der König bei, und beim Schuhplatteln ſprang Franz<lb/> ſo hoch wie kein Anderer, und dann nahm er wieder ſeine Resl<lb/> in den Arm und flog mit ihr durch den Saal, indem er einen<lb/> Juhſchrei erſchallen ließ, faſt ſo ſtark wie damals auf der Halſer-<lb/> alm. — Unter Zurufen und Hüteſchwingen verließ nach dieſem<lb/> Tanz der Monarch in heiterſter Laune den Adlerhof. Als aber<lb/> bald darauf ein königlicher Diener ein prachtvolles Hochzeits-<lb/> geſchenk für das Brautpaar überbrachte, da brach neuer, ſtür-<lb/> miſcher Jubel los, und die Vivat’s auf den guten Vater Max<lb/> wollten gar nicht enden. — Zugleich erfaßte nun Jung und<lb/> Alt eine Tanzluſt, als hätte ſie alle eine Tarantel geſtochen.<lb/> Der Adler, welcher meinte: „eine <hi rendition="#g">ſolche</hi> Ehre wie ihm ſei doch<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0070]
verkündeten wieder Böllerſchüſſe einen Brautzug, wie vor einem
Vierteljahre zu Tegernſee. Diesmal ertönte aber auch feier-
liches Glockengeläute, und beim hellſten Sonnenſchein ſtieg die
feſtliche Verſammlung, an welcher das ganze Dorf und Viele
aus der Umgegend Antheil nahmen, den Hügel hinauf zur
Kirche. — Dort war ein feierliches Hochamt mit Geſang, Trom-
peten und Pauken, dann folgte, wie gewöhnlich (zur Erinnerung
an die Hochzeit von Kanaan), der ſchöne Gebrauch, daß der
Prieſter Wein in einem Kelche weiht, und dieſen zuerſt dreimal
dem Bräutigam, dann dreimal der Braut und zuletzt den ande-
ren Hochzeitsgäſten zum Trunke darreichte; und hierauf folgte
die Trauung. — Nach dem kirchlichen Akte bewegte ſich der
Zug zurück in’s Dorf, wo der Feſtſaal mit fürſtlichem Reich-
thum und ſo viel wie möglich in Nachahmung des Tegernſeer
königlichen Tanzſaals geſchmückt war.
Auch das Mahl war ſo reichhaltig, daß ſich die Tiſche
darunter hätten biegen mögen; und wer könnte ſich nicht leicht
vorſtellen, in welchem Wonnegefühl das liebliche Brautpaar
heute gleichſam ſtrahlte. — Nach einiger Zeit fuhr ein könig-
licher Wagen an, und unter donnerndem Jubel trat der König
ein. Auch heute unterhielt er ſich wieder mit Jedem gleich
leutſelig, und das Brautpaar konnte nicht genug ſeinen Dank
ausſprechen gegen ſeines Glückes Gründer, vor dem es nun zum
zweiten Mal als ſolches ſtand. — Mehreren Nationaltänzen
wohnte der König bei, und beim Schuhplatteln ſprang Franz
ſo hoch wie kein Anderer, und dann nahm er wieder ſeine Resl
in den Arm und flog mit ihr durch den Saal, indem er einen
Juhſchrei erſchallen ließ, faſt ſo ſtark wie damals auf der Halſer-
alm. — Unter Zurufen und Hüteſchwingen verließ nach dieſem
Tanz der Monarch in heiterſter Laune den Adlerhof. Als aber
bald darauf ein königlicher Diener ein prachtvolles Hochzeits-
geſchenk für das Brautpaar überbrachte, da brach neuer, ſtür-
miſcher Jubel los, und die Vivat’s auf den guten Vater Max
wollten gar nicht enden. — Zugleich erfaßte nun Jung und
Alt eine Tanzluſt, als hätte ſie alle eine Tarantel geſtochen.
Der Adler, welcher meinte: „eine ſolche Ehre wie ihm ſei doch
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