Arndts, Maria: Der Juhschrei auf der Halseralm. Novelle aus dem bayerischen Gebirgslande. Dresden, 1875.einen guten Schluck. "Man hätt' es ihm wahrhaftig nicht ver- einen guten Schluck. „Man hätt’ es ihm wahrhaftig nicht ver- <TEI> <text> <body> <div type="chapter"> <p><pb facs="#f0057"/> einen guten Schluck. „Man hätt’ es ihm wahrhaftig nicht ver-<lb/> übeln können, wenn er ſich doch <hi rendition="#g">einmal</hi> noch nach der Resl<lb/> umg’ſchaut hätt’, — g’fallen muß ſie ihm doch gewiß haben —<lb/> und meiner Treu’! hätt’ ich’s doch ſelber nicht anders gemacht,<lb/> wie ich noch jung war.“ Der Waſtl ſtieß den Kameraden ver-<lb/> traulich mit dem Ellbogen und ſagte: „Drum verdient er aber<lb/> auch was B’ſonderes. Schau’, Leonhard, der Franzl, <hi rendition="#g">der</hi> wär’<lb/> der rechte Mann für deine Resl, einen braveren kriegt ſie nicht.“<lb/> „Heirathen?“ rief der Adler erregt, „meine Resl? nein, Waſtl,<lb/><hi rendition="#g">daraus</hi> wird nix. — Freilich hat ſie mich ſchon oft erbarmt,<lb/> daß ſie in den Kuglerhof kommen ſoll. Hat auch der Jakob<lb/> nachgelaſſen, ein halbes Fegfeuer iſt immer noch drüben. „Jam-<lb/> mer und ſchad’ wär’s“, meinte der Waſtl, „wenn die Resl wegen<lb/> die Paar Goldſäck’ <choice><sic>ibr</sic><corr>ihr</corr></choice> Leben auch einmal ſo vertrauern müßt’<lb/> wie die arme Stafi.“ „Deshalb kriegt ſie aber der Kleinhäusler<lb/> doch nicht“, fiel der Leonhard ein. „Müßt’ ich mich denn nicht<lb/> vor dem ganzen Dorf ſchämen. Nein, lieber ſoll ſie ledig bleiben.“<lb/> Der Waſtl ſah, daß für den Augenblick nichts zu machen ſei und<lb/> lenkte das Geſpräch und den Zorn lieber wieder auf den Michel.<lb/> — Dieſer war aber dem Waſtl nachgegangen, ſchlich um’s Haus<lb/> herum und dachte: „Wart’ Waſtl, ich bin doch geſcheidter als<lb/> du.“ — Als der Adler ſpäter wieder allein war und nochmals<lb/> vor die Thüre ging, um ſich nach dem Himmel umzuſchauen,<lb/> ob’s einen ſchönen Feſttag gibt, da wußte ſich der Michel heran<lb/> zu ſchleichen, und erzählte, daß er die ſchöne Resl flüchtig ge-<lb/> ſprochen habe, daß ſie prächtig ausſieht, und einen ſchönen Gruß<lb/> auftrug. — Der Adler hielt noch mit Gewalt an ſich, um zu<lb/> hören, ob nichts mehr nachkomme. „Aber Eins“, ſagte der Michel,<lb/> „darf ich euch nicht verſchweigen.“ „Was iſt’s?“ frug der Adler<lb/> geſpannt. „Daß der Wiesbauer Franzl bei ihr war,“ antwortete<lb/> der Burſche. „Du unverſchämter Lügner!“ ſchrie Leonhard, „was<lb/> für einen Beweis haſt du?“ „Meine Hand leg’ ich ins Feuer“,<lb/> betheuerte der Michel, „wenn’s nicht ſo iſt. Der Franz hatte<lb/> heute einen Strauß auf dem Hut von Enzian, Edelweiß und<lb/> Brunellen, wie ſie nur auf der Halſerſpitz ſo ſchön wachſen.“<lb/> Der Leonhard wußte nun nicht, auf wen er ſeinen Hauptzorn<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0057]
einen guten Schluck. „Man hätt’ es ihm wahrhaftig nicht ver-
übeln können, wenn er ſich doch einmal noch nach der Resl
umg’ſchaut hätt’, — g’fallen muß ſie ihm doch gewiß haben —
und meiner Treu’! hätt’ ich’s doch ſelber nicht anders gemacht,
wie ich noch jung war.“ Der Waſtl ſtieß den Kameraden ver-
traulich mit dem Ellbogen und ſagte: „Drum verdient er aber
auch was B’ſonderes. Schau’, Leonhard, der Franzl, der wär’
der rechte Mann für deine Resl, einen braveren kriegt ſie nicht.“
„Heirathen?“ rief der Adler erregt, „meine Resl? nein, Waſtl,
daraus wird nix. — Freilich hat ſie mich ſchon oft erbarmt,
daß ſie in den Kuglerhof kommen ſoll. Hat auch der Jakob
nachgelaſſen, ein halbes Fegfeuer iſt immer noch drüben. „Jam-
mer und ſchad’ wär’s“, meinte der Waſtl, „wenn die Resl wegen
die Paar Goldſäck’ ihr Leben auch einmal ſo vertrauern müßt’
wie die arme Stafi.“ „Deshalb kriegt ſie aber der Kleinhäusler
doch nicht“, fiel der Leonhard ein. „Müßt’ ich mich denn nicht
vor dem ganzen Dorf ſchämen. Nein, lieber ſoll ſie ledig bleiben.“
Der Waſtl ſah, daß für den Augenblick nichts zu machen ſei und
lenkte das Geſpräch und den Zorn lieber wieder auf den Michel.
— Dieſer war aber dem Waſtl nachgegangen, ſchlich um’s Haus
herum und dachte: „Wart’ Waſtl, ich bin doch geſcheidter als
du.“ — Als der Adler ſpäter wieder allein war und nochmals
vor die Thüre ging, um ſich nach dem Himmel umzuſchauen,
ob’s einen ſchönen Feſttag gibt, da wußte ſich der Michel heran
zu ſchleichen, und erzählte, daß er die ſchöne Resl flüchtig ge-
ſprochen habe, daß ſie prächtig ausſieht, und einen ſchönen Gruß
auftrug. — Der Adler hielt noch mit Gewalt an ſich, um zu
hören, ob nichts mehr nachkomme. „Aber Eins“, ſagte der Michel,
„darf ich euch nicht verſchweigen.“ „Was iſt’s?“ frug der Adler
geſpannt. „Daß der Wiesbauer Franzl bei ihr war,“ antwortete
der Burſche. „Du unverſchämter Lügner!“ ſchrie Leonhard, „was
für einen Beweis haſt du?“ „Meine Hand leg’ ich ins Feuer“,
betheuerte der Michel, „wenn’s nicht ſo iſt. Der Franz hatte
heute einen Strauß auf dem Hut von Enzian, Edelweiß und
Brunellen, wie ſie nur auf der Halſerſpitz ſo ſchön wachſen.“
Der Leonhard wußte nun nicht, auf wen er ſeinen Hauptzorn
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