Arndts, Maria: Der Juhschrei auf der Halseralm. Novelle aus dem bayerischen Gebirgslande. Dresden, 1875.der Andere, "sonst vergreif' ich mich an Dir." Zu allem Un- 13. Vor der Auffahrt. Am zweiten Tage nach diesem Vorfalle fuhren der Letner der Andere, „ſonſt vergreif’ ich mich an Dir.“ Zu allem Un- 13. Vor der Auffahrt. Am zweiten Tage nach dieſem Vorfalle fuhren der Letner <TEI> <text> <body> <div type="chapter"> <p><pb facs="#f0039"/> der Andere, „ſonſt vergreif’ ich mich an Dir.“ Zu allem Un-<lb/> glück kam nun das Weib dazu, das in der Küche daneben alles<lb/> hören konnte, und zu fürchten begann, es werde zwiſchen den<lb/> beiden Nachbarhäuſern ein vollſtändiger Bruch entſtehen. Mit<lb/> erzwungener Ruhe ſagte ſie: „ſei gut, Jakob, der Leonhard hat’s<lb/> ja nicht bös gemeint.“ Das war nun aber gerade Oel in’s<lb/> Feuer gegoſſen. Kaum hatte ſie dieſe Worte ausgeſprochen, ſo<lb/> brüllte der Jakob mit halb erſtickter Stimme, indem ſeine vom<lb/> Trunk glotzenden Augen ſich unheimlich aus ihren Höhlen her-<lb/> vordrängten: „Jetzt iſt’s doch klar, daß Jhr Beide im Bund<lb/> gegen mich ſeid, und mich umbringen wollt. Da muß man ſich<lb/> aber wehren“, — und damit griff er nach dem ſteinernen<lb/> Branntweinkrug, und ſchlug ſein Weib derart auf den Kopf,<lb/> daß die Arme mit einem Schrei zuſammenſtürzte. Der Adler<lb/> aber ſprang auf, packte mit ſeiner ganzen Kraft den Wüthen-<lb/> den, der eben zu neuem wuchtigen Streich den Krug ſchwingen<lb/> wollte, an beiden Armen, und rief, ſo laut er es vermochte, um<lb/> Hilfe. Jn dieſem Augenblick ſah man einen unbekannten Bauern-<lb/> burſchen am Fenſter vorüber gehen. Offenbar hatte er in der<lb/> Nähe desſelben dem ganzen Vorfall beigewohnt, denn indem<lb/> er einen Blick auf die unheimliche Scene in der Stube warf,<lb/> flüſterte er mit geballter Fauſt: „Wart’, du alter Sünder!<lb/> jetzt iſt’s g’rad genug, das wird dir nimmer geſchenkt.“</p><lb/> </div> <div type="chapter"> <head>13. Vor der Auffahrt.</head><lb/> <p>Am zweiten Tage nach dieſem Vorfalle fuhren der Letner<lb/> und der Luxbauer, wie es der Adler auf Resl’s Bitten ſchon<lb/> früher gethan, auf die Niederalm, um das zurückbleibende Haus-<lb/> geräthe abzuholen. Der Kugler war aber nicht nüchtern genug<lb/> dazu, und der Seppl hatte keine Luſt, weil er die Resl durch<lb/> ſein Wegbleiben ſtrafen und zugleich zum Nachgeben dadurch<lb/> reizen wollte. — Jſt es bis dahin der Resl glücklich verborgen<lb/> geblieben, wie weit es mit ihrem künftigen Schwiegervater ge-<lb/> kommen, ſo war es doch jetzt damit vorbei, denn des Kugler’s<lb/> Knecht erzählte den anderen Sennerinnen, wie der Bauer die<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0039]
der Andere, „ſonſt vergreif’ ich mich an Dir.“ Zu allem Un-
glück kam nun das Weib dazu, das in der Küche daneben alles
hören konnte, und zu fürchten begann, es werde zwiſchen den
beiden Nachbarhäuſern ein vollſtändiger Bruch entſtehen. Mit
erzwungener Ruhe ſagte ſie: „ſei gut, Jakob, der Leonhard hat’s
ja nicht bös gemeint.“ Das war nun aber gerade Oel in’s
Feuer gegoſſen. Kaum hatte ſie dieſe Worte ausgeſprochen, ſo
brüllte der Jakob mit halb erſtickter Stimme, indem ſeine vom
Trunk glotzenden Augen ſich unheimlich aus ihren Höhlen her-
vordrängten: „Jetzt iſt’s doch klar, daß Jhr Beide im Bund
gegen mich ſeid, und mich umbringen wollt. Da muß man ſich
aber wehren“, — und damit griff er nach dem ſteinernen
Branntweinkrug, und ſchlug ſein Weib derart auf den Kopf,
daß die Arme mit einem Schrei zuſammenſtürzte. Der Adler
aber ſprang auf, packte mit ſeiner ganzen Kraft den Wüthen-
den, der eben zu neuem wuchtigen Streich den Krug ſchwingen
wollte, an beiden Armen, und rief, ſo laut er es vermochte, um
Hilfe. Jn dieſem Augenblick ſah man einen unbekannten Bauern-
burſchen am Fenſter vorüber gehen. Offenbar hatte er in der
Nähe desſelben dem ganzen Vorfall beigewohnt, denn indem
er einen Blick auf die unheimliche Scene in der Stube warf,
flüſterte er mit geballter Fauſt: „Wart’, du alter Sünder!
jetzt iſt’s g’rad genug, das wird dir nimmer geſchenkt.“
13. Vor der Auffahrt.
Am zweiten Tage nach dieſem Vorfalle fuhren der Letner
und der Luxbauer, wie es der Adler auf Resl’s Bitten ſchon
früher gethan, auf die Niederalm, um das zurückbleibende Haus-
geräthe abzuholen. Der Kugler war aber nicht nüchtern genug
dazu, und der Seppl hatte keine Luſt, weil er die Resl durch
ſein Wegbleiben ſtrafen und zugleich zum Nachgeben dadurch
reizen wollte. — Jſt es bis dahin der Resl glücklich verborgen
geblieben, wie weit es mit ihrem künftigen Schwiegervater ge-
kommen, ſo war es doch jetzt damit vorbei, denn des Kugler’s
Knecht erzählte den anderen Sennerinnen, wie der Bauer die
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Zitationshilfe: | Arndts, Maria: Der Juhschrei auf der Halseralm. Novelle aus dem bayerischen Gebirgslande. Dresden, 1875, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arndts_juhschrei_1875/39>, abgerufen am 03.03.2025. |