Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].Julius Hart. Das Haar gelöst auf braunen Nacken hängt, Den nackten, schweren Fuß kein Schuh umzwängt. Das Banner dräut, wie Herzblut dunkelroth, Und dort die Fahn', schwarz wie der Würger Tod. Parol' die Frag: Was für ein seltsam Wesen? Antwort: Vom Elend wollen wir genesen. Es drängt heran, es wogt die dunkle Fluth Und in den Lüften schwimmt's wie schwarzes Blut. Auf, auf die Herzen, die am Thron ihr sitzt, Von Gold und heißem Demantglanz umblitzt! Auf, auf die Herzen, die beim duft'gen Mahl Ihr schwingt den silberstrahlenden Weinpokal. Seht ihr es nicht, das Zeichen, das sich hebt? Ein eherner Kelch vor euren Augen schwebt! Ein eherner Kelch mit Thränen angefüllt, In Dornen und in Stacheln eingehüllt. Hört aus der Tiefe schmerzenbanges Schrein -- Auf, auf die Herzen, laßt die Liebe ein! Reißt ab das rothe Gold vom Sammtgewand, Den Demantschmuck, das schimmernde Perlenband. Wir wandeln in der Lebenswüste Noth, Des Golds bedarf es nicht, o gebt nur Brod! Auf, auf die Herzen, Thrän' um Thräne quillt Dort in der Tiefe, und von Seufzern schwillt Die bange Brust, das Aug' verderblich blitzt -- Auf, auf ihr Herzen, die am Thron ihr sitzt! Hört ihr es nicht? In meinem Ohre bang Ewig tönt herber dumpfer Trommelklang . . . . . Julius Hart. Das Haar gelöſt auf braunen Nacken hängt, Den nackten, ſchweren Fuß kein Schuh umzwängt. Das Banner dräut, wie Herzblut dunkelroth, Und dort die Fahn’, ſchwarz wie der Würger Tod. Parol’ die Frag: Was für ein ſeltſam Weſen? Antwort: Vom Elend wollen wir geneſen. Es drängt heran, es wogt die dunkle Fluth Und in den Lüften ſchwimmt’s wie ſchwarzes Blut. Auf, auf die Herzen, die am Thron ihr ſitzt, Von Gold und heißem Demantglanz umblitzt! Auf, auf die Herzen, die beim duft’gen Mahl Ihr ſchwingt den ſilberſtrahlenden Weinpokal. Seht ihr es nicht, das Zeichen, das ſich hebt? Ein eherner Kelch vor euren Augen ſchwebt! Ein eherner Kelch mit Thränen angefüllt, In Dornen und in Stacheln eingehüllt. Hört aus der Tiefe ſchmerzenbanges Schrein — Auf, auf die Herzen, laßt die Liebe ein! Reißt ab das rothe Gold vom Sammtgewand, Den Demantſchmuck, das ſchimmernde Perlenband. Wir wandeln in der Lebenswüſte Noth, Des Golds bedarf es nicht, o gebt nur Brod! Auf, auf die Herzen, Thrän’ um Thräne quillt Dort in der Tiefe, und von Seufzern ſchwillt Die bange Bruſt, das Aug’ verderblich blitzt — Auf, auf ihr Herzen, die am Thron ihr ſitzt! Hört ihr es nicht? In meinem Ohre bang Ewig tönt herber dumpfer Trommelklang . . . . . <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0086" n="68"/> <fw place="top" type="header">Julius Hart.</fw><lb/> <lg n="14"> <l>Das Haar gelöſt auf braunen Nacken hängt,</l><lb/> <l>Den nackten, ſchweren Fuß kein Schuh umzwängt.</l> </lg><lb/> <lg n="15"> <l>Das Banner dräut, wie Herzblut dunkelroth,</l><lb/> <l>Und dort die Fahn’, ſchwarz wie der Würger Tod.</l> </lg><lb/> <lg n="16"> <l>Parol’ die Frag: Was für ein ſeltſam Weſen?</l><lb/> <l>Antwort: Vom Elend wollen wir geneſen.</l> </lg><lb/> <lg n="17"> <l>Es drängt heran, es wogt die dunkle Fluth</l><lb/> <l>Und in den Lüften ſchwimmt’s wie ſchwarzes Blut.</l> </lg><lb/> <lg n="18"> <l>Auf, auf die Herzen, die am Thron ihr ſitzt,</l><lb/> <l>Von Gold und heißem Demantglanz umblitzt!</l> </lg><lb/> <lg n="19"> <l>Auf, auf die Herzen, die beim duft’gen Mahl</l><lb/> <l>Ihr ſchwingt den ſilberſtrahlenden Weinpokal.</l> </lg><lb/> <lg n="20"> <l>Seht ihr es nicht, das Zeichen, das ſich hebt?</l><lb/> <l>Ein eherner Kelch vor euren Augen ſchwebt!</l> </lg><lb/> <lg n="21"> <l>Ein eherner Kelch mit Thränen angefüllt,</l><lb/> <l>In Dornen und in Stacheln eingehüllt.</l> </lg><lb/> <lg n="22"> <l>Hört aus der Tiefe ſchmerzenbanges Schrein —</l><lb/> <l>Auf, auf die Herzen, laßt die Liebe ein!</l> </lg><lb/> <lg n="23"> <l>Reißt ab das rothe Gold vom Sammtgewand,</l><lb/> <l>Den Demantſchmuck, das ſchimmernde Perlenband.</l> </lg><lb/> <lg n="24"> <l>Wir wandeln in der Lebenswüſte Noth,</l><lb/> <l>Des Golds bedarf es nicht, o gebt nur Brod!</l> </lg><lb/> <lg n="25"> <l>Auf, auf die Herzen, Thrän’ um Thräne quillt</l><lb/> <l>Dort in der Tiefe, und von Seufzern ſchwillt</l> </lg><lb/> <lg n="26"> <l>Die bange Bruſt, das Aug’ verderblich blitzt —</l><lb/> <l>Auf, auf ihr Herzen, die am Thron ihr ſitzt!</l> </lg><lb/> <lg n="27"> <l>Hört ihr es nicht? In meinem Ohre bang</l><lb/> <l>Ewig tönt herber dumpfer Trommelklang . . . . .</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [68/0086]
Julius Hart.
Das Haar gelöſt auf braunen Nacken hängt,
Den nackten, ſchweren Fuß kein Schuh umzwängt.
Das Banner dräut, wie Herzblut dunkelroth,
Und dort die Fahn’, ſchwarz wie der Würger Tod.
Parol’ die Frag: Was für ein ſeltſam Weſen?
Antwort: Vom Elend wollen wir geneſen.
Es drängt heran, es wogt die dunkle Fluth
Und in den Lüften ſchwimmt’s wie ſchwarzes Blut.
Auf, auf die Herzen, die am Thron ihr ſitzt,
Von Gold und heißem Demantglanz umblitzt!
Auf, auf die Herzen, die beim duft’gen Mahl
Ihr ſchwingt den ſilberſtrahlenden Weinpokal.
Seht ihr es nicht, das Zeichen, das ſich hebt?
Ein eherner Kelch vor euren Augen ſchwebt!
Ein eherner Kelch mit Thränen angefüllt,
In Dornen und in Stacheln eingehüllt.
Hört aus der Tiefe ſchmerzenbanges Schrein —
Auf, auf die Herzen, laßt die Liebe ein!
Reißt ab das rothe Gold vom Sammtgewand,
Den Demantſchmuck, das ſchimmernde Perlenband.
Wir wandeln in der Lebenswüſte Noth,
Des Golds bedarf es nicht, o gebt nur Brod!
Auf, auf die Herzen, Thrän’ um Thräne quillt
Dort in der Tiefe, und von Seufzern ſchwillt
Die bange Bruſt, das Aug’ verderblich blitzt —
Auf, auf ihr Herzen, die am Thron ihr ſitzt!
Hört ihr es nicht? In meinem Ohre bang
Ewig tönt herber dumpfer Trommelklang . . . . .
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |