Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].

Bild:
<< vorherige Seite
Karl Henckell.
Wer der Zeit Meduse schaute
Schon mit jungen Jahren,
Wem's in Höllentiefen graute,
Früh hinabgefahren:
Wen zu Eis der Frost des Lebens
Oft das Herz erstarrt hat,
Wen der Irrthum dunklen Strebens
Trügerisch genarrt hat:
Laßt ihn in die treuen Augen
Seiner Mutter blicken,
Heiße Wonne wird er saugen
Und sich heiß erquicken.
Mutter, aus der Ferne eilst Du,
Deinen Sohn zu sehen,
Ach, die kranke Seele heilst Du,
Linderst ihre Wehen.


Ruhe, meine Seele!

Originalbeitrag.

Nicht ein Lüftchen,
Regt sich leise,
Sanft entschlummert
Ruht der Hain;
Durch der Blätter
Dunkle Hülle
Stiehlt sich lichter
Sonnenschein.
Ruhe, ruhe,
Meine Seele,
Deine Stürme
Gingen wild,
Karl Henckell.
Wer der Zeit Meduſe ſchaute
Schon mit jungen Jahren,
Wem’s in Höllentiefen graute,
Früh hinabgefahren:
Wen zu Eis der Froſt des Lebens
Oft das Herz erſtarrt hat,
Wen der Irrthum dunklen Strebens
Trügeriſch genarrt hat:
Laßt ihn in die treuen Augen
Seiner Mutter blicken,
Heiße Wonne wird er ſaugen
Und ſich heiß erquicken.
Mutter, aus der Ferne eilſt Du,
Deinen Sohn zu ſehen,
Ach, die kranke Seele heilſt Du,
Linderſt ihre Wehen.


Ruhe, meine Seele!

Originalbeitrag.

Nicht ein Lüftchen,
Regt ſich leiſe,
Sanft entſchlummert
Ruht der Hain;
Durch der Blätter
Dunkle Hülle
Stiehlt ſich lichter
Sonnenſchein.
Ruhe, ruhe,
Meine Seele,
Deine Stürme
Gingen wild,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0306" n="288"/>
            <fw place="top" type="header">Karl Henckell.</fw><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Wer der Zeit Medu&#x017F;e &#x017F;chaute</l><lb/>
              <l>Schon mit jungen Jahren,</l><lb/>
              <l>Wem&#x2019;s in Höllentiefen graute,</l><lb/>
              <l>Früh hinabgefahren:</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Wen zu Eis der Fro&#x017F;t des Lebens</l><lb/>
              <l>Oft das Herz er&#x017F;tarrt hat,</l><lb/>
              <l>Wen der Irrthum dunklen Strebens</l><lb/>
              <l>Trügeri&#x017F;ch genarrt hat:</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Laßt ihn in die treuen Augen</l><lb/>
              <l>Seiner Mutter blicken,</l><lb/>
              <l>Heiße Wonne wird er &#x017F;augen</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;ich heiß erquicken.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Mutter, aus der Ferne eil&#x017F;t Du,</l><lb/>
              <l>Deinen Sohn zu &#x017F;ehen,</l><lb/>
              <l>Ach, die kranke Seele heil&#x017F;t Du,</l><lb/>
              <l>Linder&#x017F;t ihre Wehen.</l>
            </lg>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Ruhe, meine Seele!</hi> </head><lb/>
          <p> <hi rendition="#c">Originalbeitrag.</hi> </p><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Nicht ein Lüftchen,</l><lb/>
              <l>Regt &#x017F;ich lei&#x017F;e,</l><lb/>
              <l>Sanft ent&#x017F;chlummert</l><lb/>
              <l>Ruht der Hain;</l><lb/>
              <l>Durch der Blätter</l><lb/>
              <l>Dunkle Hülle</l><lb/>
              <l>Stiehlt &#x017F;ich lichter</l><lb/>
              <l>Sonnen&#x017F;chein.</l><lb/>
              <l>Ruhe, ruhe,</l><lb/>
              <l>Meine Seele,</l><lb/>
              <l>Deine Stürme</l><lb/>
              <l>Gingen wild,</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[288/0306] Karl Henckell. Wer der Zeit Meduſe ſchaute Schon mit jungen Jahren, Wem’s in Höllentiefen graute, Früh hinabgefahren: Wen zu Eis der Froſt des Lebens Oft das Herz erſtarrt hat, Wen der Irrthum dunklen Strebens Trügeriſch genarrt hat: Laßt ihn in die treuen Augen Seiner Mutter blicken, Heiße Wonne wird er ſaugen Und ſich heiß erquicken. Mutter, aus der Ferne eilſt Du, Deinen Sohn zu ſehen, Ach, die kranke Seele heilſt Du, Linderſt ihre Wehen. Ruhe, meine Seele! Originalbeitrag. Nicht ein Lüftchen, Regt ſich leiſe, Sanft entſchlummert Ruht der Hain; Durch der Blätter Dunkle Hülle Stiehlt ſich lichter Sonnenſchein. Ruhe, ruhe, Meine Seele, Deine Stürme Gingen wild,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885/306
Zitationshilfe: Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885], S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885/306>, abgerufen am 24.11.2024.