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Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].

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Karl Henckell.
O bitt'res Leiden,
So jung zu scheiden
In's Todtenland!
Geknickte Saaten,
Gemordete Thaten,
Nimmer genannt.
Wie flammt's im Blute
Von drängendem Muthe
Und edler Kraft!
Dank, gütige Götter,
Daß nicht das Wetter
Mich hingerafft.
O, laß mich leben,
Gewappnet zu streben
Nach Lieb' und Licht,
Bis einst in Frieden
Dem Kampfesmüden
Das Auge bricht.


Gott segne dich.
Der einst mein erstes Lied erklungen
In sehnsuchtsscheuer Knabenzeit,
Hast dir den Brautkranz nun errungen --
Gott segne dich, du junge Maid.
Ein goldner Stern in Maiennächten,
Stiegst du vor meinem Blick empor,
Du glich'st dem Edelstein, dem ächten,
An den ich ganz mein Herz verlor.
Ich sah dein Bild von fern nur leuchten
Und betete in stummer Nacht
Mit fleh'nden Augen, thränenfeuchten,
Zu dir -- die nimmer mein gedacht.

Karl Henckell.
O bitt’res Leiden,
So jung zu ſcheiden
In’s Todtenland!
Geknickte Saaten,
Gemordete Thaten,
Nimmer genannt.
Wie flammt’s im Blute
Von drängendem Muthe
Und edler Kraft!
Dank, gütige Götter,
Daß nicht das Wetter
Mich hingerafft.
O, laß mich leben,
Gewappnet zu ſtreben
Nach Lieb’ und Licht,
Bis einſt in Frieden
Dem Kampfesmüden
Das Auge bricht.


Gott ſegne dich.
Der einſt mein erſtes Lied erklungen
In ſehnſuchtsſcheuer Knabenzeit,
Haſt dir den Brautkranz nun errungen —
Gott ſegne dich, du junge Maid.
Ein goldner Stern in Maiennächten,
Stiegſt du vor meinem Blick empor,
Du glich’ſt dem Edelſtein, dem ächten,
An den ich ganz mein Herz verlor.
Ich ſah dein Bild von fern nur leuchten
Und betete in ſtummer Nacht
Mit fleh’nden Augen, thränenfeuchten,
Zu dir — die nimmer mein gedacht.

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[282/0300] Karl Henckell. O bitt’res Leiden, So jung zu ſcheiden In’s Todtenland! Geknickte Saaten, Gemordete Thaten, Nimmer genannt. Wie flammt’s im Blute Von drängendem Muthe Und edler Kraft! Dank, gütige Götter, Daß nicht das Wetter Mich hingerafft. O, laß mich leben, Gewappnet zu ſtreben Nach Lieb’ und Licht, Bis einſt in Frieden Dem Kampfesmüden Das Auge bricht. Gott ſegne dich. Der einſt mein erſtes Lied erklungen In ſehnſuchtsſcheuer Knabenzeit, Haſt dir den Brautkranz nun errungen — Gott ſegne dich, du junge Maid. Ein goldner Stern in Maiennächten, Stiegſt du vor meinem Blick empor, Du glich’ſt dem Edelſtein, dem ächten, An den ich ganz mein Herz verlor. Ich ſah dein Bild von fern nur leuchten Und betete in ſtummer Nacht Mit fleh’nden Augen, thränenfeuchten, Zu dir — die nimmer mein gedacht.

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Zitationshilfe: Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885], S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885/300>, abgerufen am 22.12.2024.