Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].

Bild:
<< vorherige Seite
Karl Henckell.
Sendest nieder du den Hauch
Deines wunderbaren Lebens,
Strömt durch meine Seele auch
Voll geheimniß-süßen Webens
Kraft des Strebens.
Heil dir Sonne, jauchzend soll
Dir mein Lied zum Aether wallen,
In die Saiten schlag' ich voll,
Daß sie durch der Erde Hallen
Hell erschallen!
In Verklärung blickt empor
Dann die Menschheit, lichtdurchdrungen,
Spenden dir im Jubelchor,
Gott der Götter, tausend Zungen
Huldigungen!


Genius.

Deutsche Romanzeitung.

Mir winkt ein Stern, wenn dieser Stern nicht glömme,
Mich hüllte schaurig Todesdunkel ein,
Mich trägt ein Strom, wenn ich auf ihm nicht schwömme,
Im Wüstensand verdorrte mein Gebein.
O bleib mir treu, du Leitstern meiner Pfade,
Versiege nicht, du Linderin der Gluth!
Ihr seid mir Himmel, Seligkeit und Gnade,
Darin erschöpft mein ganzes Wesen ruht.
Ihr könnt allein des Herzens Sehnsucht kühlen,
Du Stern, du Strom herz'eigner Dichterkraft,
Nur wenn ich bilde, mag ich Mensch mich fühlen,
Und meine Seele lebt nur, wenn sie schafft.


Karl Henckell.
Sendeſt nieder du den Hauch
Deines wunderbaren Lebens,
Strömt durch meine Seele auch
Voll geheimniß-ſüßen Webens
Kraft des Strebens.
Heil dir Sonne, jauchzend ſoll
Dir mein Lied zum Aether wallen,
In die Saiten ſchlag’ ich voll,
Daß ſie durch der Erde Hallen
Hell erſchallen!
In Verklärung blickt empor
Dann die Menſchheit, lichtdurchdrungen,
Spenden dir im Jubelchor,
Gott der Götter, tauſend Zungen
Huldigungen!


Genius.

Deutſche Romanzeitung.

Mir winkt ein Stern, wenn dieſer Stern nicht glömme,
Mich hüllte ſchaurig Todesdunkel ein,
Mich trägt ein Strom, wenn ich auf ihm nicht ſchwömme,
Im Wüſtenſand verdorrte mein Gebein.
O bleib mir treu, du Leitſtern meiner Pfade,
Verſiege nicht, du Linderin der Gluth!
Ihr ſeid mir Himmel, Seligkeit und Gnade,
Darin erſchöpft mein ganzes Weſen ruht.
Ihr könnt allein des Herzens Sehnſucht kühlen,
Du Stern, du Strom herz’eigner Dichterkraft,
Nur wenn ich bilde, mag ich Menſch mich fühlen,
Und meine Seele lebt nur, wenn ſie ſchafft.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0294" n="276"/>
            <fw place="top" type="header">Karl Henckell.</fw><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Sende&#x017F;t nieder du den Hauch</l><lb/>
              <l>Deines wunderbaren Lebens,</l><lb/>
              <l>Strömt durch meine Seele auch</l><lb/>
              <l>Voll geheimniß-&#x017F;üßen Webens</l><lb/>
              <l>Kraft des Strebens.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Heil dir Sonne, jauchzend &#x017F;oll</l><lb/>
              <l>Dir mein Lied zum Aether wallen,</l><lb/>
              <l>In die Saiten &#x017F;chlag&#x2019; ich voll,</l><lb/>
              <l>Daß &#x017F;ie durch der Erde Hallen</l><lb/>
              <l>Hell er&#x017F;challen!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <l>In Verklärung blickt empor</l><lb/>
              <l>Dann die Men&#x017F;chheit, lichtdurchdrungen,</l><lb/>
              <l>Spenden dir im Jubelchor,</l><lb/>
              <l>Gott der Götter, tau&#x017F;end Zungen</l><lb/>
              <l>Huldigungen!</l>
            </lg>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Genius.</hi> </head><lb/>
          <p> <hi rendition="#c">Deut&#x017F;che Romanzeitung.</hi> </p><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Mir winkt ein Stern, wenn die&#x017F;er Stern nicht glömme,</l><lb/>
              <l>Mich hüllte &#x017F;chaurig Todesdunkel ein,</l><lb/>
              <l>Mich trägt ein Strom, wenn ich auf ihm nicht &#x017F;chwömme,</l><lb/>
              <l>Im Wü&#x017F;ten&#x017F;and verdorrte mein Gebein.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>O bleib mir treu, du Leit&#x017F;tern meiner Pfade,</l><lb/>
              <l>Ver&#x017F;iege nicht, du Linderin der Gluth!</l><lb/>
              <l>Ihr &#x017F;eid mir Himmel, Seligkeit und Gnade,</l><lb/>
              <l>Darin er&#x017F;chöpft mein ganzes We&#x017F;en ruht.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Ihr könnt allein des Herzens Sehn&#x017F;ucht kühlen,</l><lb/>
              <l>Du Stern, du Strom herz&#x2019;eigner Dichterkraft,</l><lb/>
              <l>Nur wenn ich bilde, mag ich Men&#x017F;ch mich fühlen,</l><lb/>
              <l>Und meine Seele lebt nur, wenn &#x017F;ie &#x017F;chafft.</l>
            </lg>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[276/0294] Karl Henckell. Sendeſt nieder du den Hauch Deines wunderbaren Lebens, Strömt durch meine Seele auch Voll geheimniß-ſüßen Webens Kraft des Strebens. Heil dir Sonne, jauchzend ſoll Dir mein Lied zum Aether wallen, In die Saiten ſchlag’ ich voll, Daß ſie durch der Erde Hallen Hell erſchallen! In Verklärung blickt empor Dann die Menſchheit, lichtdurchdrungen, Spenden dir im Jubelchor, Gott der Götter, tauſend Zungen Huldigungen! Genius. Deutſche Romanzeitung. Mir winkt ein Stern, wenn dieſer Stern nicht glömme, Mich hüllte ſchaurig Todesdunkel ein, Mich trägt ein Strom, wenn ich auf ihm nicht ſchwömme, Im Wüſtenſand verdorrte mein Gebein. O bleib mir treu, du Leitſtern meiner Pfade, Verſiege nicht, du Linderin der Gluth! Ihr ſeid mir Himmel, Seligkeit und Gnade, Darin erſchöpft mein ganzes Weſen ruht. Ihr könnt allein des Herzens Sehnſucht kühlen, Du Stern, du Strom herz’eigner Dichterkraft, Nur wenn ich bilde, mag ich Menſch mich fühlen, Und meine Seele lebt nur, wenn ſie ſchafft.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885/294
Zitationshilfe: Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885], S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885/294>, abgerufen am 22.12.2024.