Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].Wolfgang Kirchbach. Und schluckte vor Vergnügen all' die Thränen, Die von dem Mond in weißen Lichtern fielen. Und Alles lachte auf der weiten Erde, Bis die Gesellen prügelsatt ihn ließen; Sie schritten wieder in die heiße Schmiede Und schürten lachend neue Gluthen auf. Er lag am Boden, blickte auf zum Himmel Und fühlte selber schmerzliches Vergnügen Und rief die Sterne und die Monde an: "Ihr kleinen Sterne, o du breiter Mond, Ihr großen Götter, o du weiter Himmel, Seht mich Zerschlag'nen an! Und ahnt ihr Guten, Was der Humor von der Geschichte ist? Bewund're die Natur in ihrer Größe, In ihrer Allmacht und erhab'nen Schönheit, Sie frißt dich doch zuletzt und drückt dich todt Wer ist der Stärk're nun, ihr Schandgesellen? Seid ihr's? Bin ich's, der euren Prügel spürt Und 'was Gescheidtes noch dazu sich denkt? Wer macht den bess'ren Witz? Ich oder ihr?!" Wolfgang Kirchbach. Und ſchluckte vor Vergnügen all’ die Thränen, Die von dem Mond in weißen Lichtern fielen. Und Alles lachte auf der weiten Erde, Bis die Geſellen prügelſatt ihn ließen; Sie ſchritten wieder in die heiße Schmiede Und ſchürten lachend neue Gluthen auf. Er lag am Boden, blickte auf zum Himmel Und fühlte ſelber ſchmerzliches Vergnügen Und rief die Sterne und die Monde an: „Ihr kleinen Sterne, o du breiter Mond, Ihr großen Götter, o du weiter Himmel, Seht mich Zerſchlag’nen an! Und ahnt ihr Guten, Was der Humor von der Geſchichte iſt? Bewund’re die Natur in ihrer Größe, In ihrer Allmacht und erhab’nen Schönheit, Sie frißt dich doch zuletzt und drückt dich todt Wer iſt der Stärk’re nun, ihr Schandgeſellen? Seid ihr’s? Bin ich’s, der euren Prügel ſpürt Und ’was Geſcheidtes noch dazu ſich denkt? Wer macht den beſſ’ren Witz? Ich oder ihr?!“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="2"> <pb facs="#f0288" n="270"/> <fw place="top" type="header">Wolfgang Kirchbach.</fw><lb/> <l>Und ſchluckte vor Vergnügen all’ die Thränen,</l><lb/> <l>Die von dem Mond in weißen Lichtern fielen.</l><lb/> <l>Und Alles lachte auf der weiten Erde,</l><lb/> <l>Bis die Geſellen prügelſatt ihn ließen;</l><lb/> <l>Sie ſchritten wieder in die heiße Schmiede</l><lb/> <l>Und ſchürten lachend neue Gluthen auf.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Er lag am Boden, blickte auf zum Himmel</l><lb/> <l>Und fühlte ſelber ſchmerzliches Vergnügen</l><lb/> <l>Und rief die Sterne und die Monde an:</l><lb/> <l>„Ihr kleinen Sterne, o du breiter Mond,</l><lb/> <l>Ihr großen Götter, o du weiter Himmel,</l><lb/> <l>Seht mich Zerſchlag’nen an! Und ahnt ihr Guten,</l><lb/> <l>Was der Humor von der Geſchichte iſt?</l><lb/> <l>Bewund’re die Natur in ihrer Größe,</l><lb/> <l>In ihrer Allmacht und erhab’nen Schönheit,</l><lb/> <l>Sie frißt dich doch zuletzt und drückt dich todt</l><lb/> <l>Wer iſt der Stärk’re nun, ihr Schandgeſellen?</l><lb/> <l>Seid ihr’s? Bin ich’s, der euren Prügel ſpürt</l><lb/> <l>Und ’was Geſcheidtes noch dazu ſich denkt?</l><lb/> <l>Wer macht den beſſ’ren Witz? Ich oder ihr?!“</l> </lg> </lg> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </body> </text> </TEI> [270/0288]
Wolfgang Kirchbach.
Und ſchluckte vor Vergnügen all’ die Thränen,
Die von dem Mond in weißen Lichtern fielen.
Und Alles lachte auf der weiten Erde,
Bis die Geſellen prügelſatt ihn ließen;
Sie ſchritten wieder in die heiße Schmiede
Und ſchürten lachend neue Gluthen auf.
Er lag am Boden, blickte auf zum Himmel
Und fühlte ſelber ſchmerzliches Vergnügen
Und rief die Sterne und die Monde an:
„Ihr kleinen Sterne, o du breiter Mond,
Ihr großen Götter, o du weiter Himmel,
Seht mich Zerſchlag’nen an! Und ahnt ihr Guten,
Was der Humor von der Geſchichte iſt?
Bewund’re die Natur in ihrer Größe,
In ihrer Allmacht und erhab’nen Schönheit,
Sie frißt dich doch zuletzt und drückt dich todt
Wer iſt der Stärk’re nun, ihr Schandgeſellen?
Seid ihr’s? Bin ich’s, der euren Prügel ſpürt
Und ’was Geſcheidtes noch dazu ſich denkt?
Wer macht den beſſ’ren Witz? Ich oder ihr?!“
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