Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].Alfred Hugenberg. "O meine Freunde! Meine süßen Schwestern! Euch drück' ich liebend wieder an mein Herz!" -- ""Hör' endlich auf, den großen Gott zu lästern!"" Durch meinen Busen zog ein tiefer Schmerz. "Nein, noch ist alle Hoffnung nicht geschwunden, Ich sahe Sie -- nun fühl' ich neuen Muth, -- An deren Brust ich Paradieses-Stunden In weicher, warmer Sommernacht geruht." Und durch allmächtiges Gefühl getrieben, Eilt' ich auf ihre süßen Reize zu. "Du," rief ich aus," Du mußt mich ewig lieben -- Denn meines Lebens Liebe warst ja Du!" Sie sah mich an. Ihr Haupt erhob sich freier -- Sie war so schön, so keusch, so engelrein! Gehüllt in einen leichten, weißen Schleier Lud ihres Busens holde Pracht mich ein. "O blicke dorthin! Beuge Deine Glieder! Und bete Gott, den Allerbarmer an!" Ich sah mich um, ich sank zu Boden nieder, Ein Schauder stieg mir kalt das Herz hinan. Den Gott der Liebe sah ich vor mir stehen, Und zitternd schaut' ich ihm in's Angesicht: Ach, meinen ganzen Stolz fühlt' ich vergehen: Die Liebe Gottes war die meine nicht. -- -- Und wollt' ich kühn mich abzuwenden wagen, Gleich hört' ich dumpfe Stimmen rechts und links -- Ich fühlte mich von heißer Angst geschlagen, Und "Ewig! Ewig! Ewig!" scholl es rings! -- O welch ein Traum! Ich starb in dumpfen Banden! Schwer lag es wie gewitterschwüle Nacht Auf meiner Brust, und alle Sinne schwanden ... Auf Erden bin ich wieder, bin erwacht! Die Vögel schlagen fröhlich ihr Gefieder, Die Sonne lugt in mein Versteck herein, Auf meine Jugend lächelt sie hernieder! Noch ist die Welt, noch ist das Leben mein! Alfred Hugenberg. „O meine Freunde! Meine ſüßen Schweſtern! Euch drück’ ich liebend wieder an mein Herz!“ — „„Hör’ endlich auf, den großen Gott zu läſtern!““ Durch meinen Buſen zog ein tiefer Schmerz. „Nein, noch iſt alle Hoffnung nicht geſchwunden, Ich ſahe Sie — nun fühl’ ich neuen Muth, — An deren Bruſt ich Paradieſes-Stunden In weicher, warmer Sommernacht geruht.“ Und durch allmächtiges Gefühl getrieben, Eilt’ ich auf ihre ſüßen Reize zu. „Du,“ rief ich aus,“ Du mußt mich ewig lieben — Denn meines Lebens Liebe warſt ja Du!“ Sie ſah mich an. Ihr Haupt erhob ſich freier — Sie war ſo ſchön, ſo keuſch, ſo engelrein! Gehüllt in einen leichten, weißen Schleier Lud ihres Buſens holde Pracht mich ein. „O blicke dorthin! Beuge Deine Glieder! Und bete Gott, den Allerbarmer an!“ Ich ſah mich um, ich ſank zu Boden nieder, Ein Schauder ſtieg mir kalt das Herz hinan. Den Gott der Liebe ſah ich vor mir ſtehen, Und zitternd ſchaut’ ich ihm in’s Angeſicht: Ach, meinen ganzen Stolz fühlt’ ich vergehen: Die Liebe Gottes war die meine nicht. — — Und wollt’ ich kühn mich abzuwenden wagen, Gleich hört’ ich dumpfe Stimmen rechts und links — Ich fühlte mich von heißer Angſt geſchlagen, Und „Ewig! Ewig! Ewig!“ ſcholl es rings! — O welch ein Traum! Ich ſtarb in dumpfen Banden! Schwer lag es wie gewitterſchwüle Nacht Auf meiner Bruſt, und alle Sinne ſchwanden … Auf Erden bin ich wieder, bin erwacht! Die Vögel ſchlagen fröhlich ihr Gefieder, Die Sonne lugt in mein Verſteck herein, Auf meine Jugend lächelt ſie hernieder! Noch iſt die Welt, noch iſt das Leben mein! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="4"> <pb facs="#f0226" n="208"/> <fw place="top" type="header">Alfred Hugenberg.</fw><lb/> <l>„O meine Freunde! Meine ſüßen Schweſtern!</l><lb/> <l>Euch drück’ ich liebend wieder an mein Herz!“ —</l><lb/> <l>„„Hör’ endlich auf, den großen <hi rendition="#g">Gott</hi> zu läſtern!““</l><lb/> <l>Durch meinen Buſen zog ein tiefer Schmerz.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>„Nein, noch iſt alle Hoffnung nicht geſchwunden,</l><lb/> <l>Ich ſahe <hi rendition="#g">Sie</hi> — nun fühl’ ich neuen Muth, —</l><lb/> <l>An deren Bruſt ich Paradieſes-Stunden</l><lb/> <l>In weicher, warmer Sommernacht geruht.“</l><lb/> <l>Und durch allmächtiges Gefühl getrieben,</l><lb/> <l>Eilt’ ich auf ihre ſüßen Reize zu.</l><lb/> <l>„Du,“ rief ich aus,“ Du mußt mich ewig lieben —</l><lb/> <l>Denn meines Lebens Liebe warſt ja Du!“</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Sie ſah mich an. Ihr Haupt erhob ſich freier —</l><lb/> <l>Sie war ſo ſchön, ſo keuſch, ſo engelrein!</l><lb/> <l>Gehüllt in einen leichten, weißen Schleier</l><lb/> <l>Lud ihres Buſens holde Pracht mich ein.</l><lb/> <l>„O blicke dorthin! Beuge Deine Glieder!</l><lb/> <l>Und bete Gott, den Allerbarmer an!“</l><lb/> <l>Ich ſah mich um, ich ſank zu Boden nieder,</l><lb/> <l>Ein Schauder ſtieg mir kalt das Herz hinan.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Den Gott der Liebe ſah ich vor mir ſtehen,</l><lb/> <l>Und zitternd ſchaut’ ich ihm in’s Angeſicht:</l><lb/> <l>Ach, meinen ganzen Stolz fühlt’ ich vergehen:</l><lb/> <l>Die Liebe Gottes war die meine nicht. — —</l><lb/> <l>Und wollt’ ich kühn mich abzuwenden wagen,</l><lb/> <l>Gleich hört’ ich dumpfe Stimmen rechts und links —</l><lb/> <l>Ich fühlte mich von heißer Angſt geſchlagen,</l><lb/> <l>Und „Ewig! Ewig! Ewig!“ ſcholl es rings! —</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>O welch ein Traum! Ich ſtarb in dumpfen Banden!</l><lb/> <l>Schwer lag es wie gewitterſchwüle Nacht</l><lb/> <l>Auf meiner Bruſt, und alle Sinne ſchwanden …</l><lb/> <l>Auf Erden bin ich wieder, bin erwacht!</l><lb/> <l>Die Vögel ſchlagen fröhlich ihr Gefieder,</l><lb/> <l>Die Sonne lugt in mein Verſteck herein,</l><lb/> <l>Auf meine <hi rendition="#g">Jugend</hi> lächelt ſie hernieder!</l><lb/> <l>Noch iſt die Welt, noch iſt das Leben mein!</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [208/0226]
Alfred Hugenberg.
„O meine Freunde! Meine ſüßen Schweſtern!
Euch drück’ ich liebend wieder an mein Herz!“ —
„„Hör’ endlich auf, den großen Gott zu läſtern!““
Durch meinen Buſen zog ein tiefer Schmerz.
„Nein, noch iſt alle Hoffnung nicht geſchwunden,
Ich ſahe Sie — nun fühl’ ich neuen Muth, —
An deren Bruſt ich Paradieſes-Stunden
In weicher, warmer Sommernacht geruht.“
Und durch allmächtiges Gefühl getrieben,
Eilt’ ich auf ihre ſüßen Reize zu.
„Du,“ rief ich aus,“ Du mußt mich ewig lieben —
Denn meines Lebens Liebe warſt ja Du!“
Sie ſah mich an. Ihr Haupt erhob ſich freier —
Sie war ſo ſchön, ſo keuſch, ſo engelrein!
Gehüllt in einen leichten, weißen Schleier
Lud ihres Buſens holde Pracht mich ein.
„O blicke dorthin! Beuge Deine Glieder!
Und bete Gott, den Allerbarmer an!“
Ich ſah mich um, ich ſank zu Boden nieder,
Ein Schauder ſtieg mir kalt das Herz hinan.
Den Gott der Liebe ſah ich vor mir ſtehen,
Und zitternd ſchaut’ ich ihm in’s Angeſicht:
Ach, meinen ganzen Stolz fühlt’ ich vergehen:
Die Liebe Gottes war die meine nicht. — —
Und wollt’ ich kühn mich abzuwenden wagen,
Gleich hört’ ich dumpfe Stimmen rechts und links —
Ich fühlte mich von heißer Angſt geſchlagen,
Und „Ewig! Ewig! Ewig!“ ſcholl es rings! —
O welch ein Traum! Ich ſtarb in dumpfen Banden!
Schwer lag es wie gewitterſchwüle Nacht
Auf meiner Bruſt, und alle Sinne ſchwanden …
Auf Erden bin ich wieder, bin erwacht!
Die Vögel ſchlagen fröhlich ihr Gefieder,
Die Sonne lugt in mein Verſteck herein,
Auf meine Jugend lächelt ſie hernieder!
Noch iſt die Welt, noch iſt das Leben mein!
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |