Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].

Bild:
<< vorherige Seite
Heinrich Hart.
Fluch diesem Leibe.
1880.

Musenalmanach für 1883 u. a. a. O.

Fluch diesem Leibe,
Dem unersättlich lüsternen,
Mit seinen Banden
Schnürt er die Seele ein
Und reißt in den Koth
Die Sonnendurstige.
Aus allen Poren
Schrei ich nach Freiheit,
In alle Himmel möcht' ich mich recken, --
Aber erbarmungslos
Preßt mich das Elend
Meiner Sinne
Zurück in die Dienstbarkeit.
O Hunger
Nach dem Ewigen --
O Hunger!
Wann kommt die Stunde,
Wo ich Alles vergessen,
Alles hinschleudern darf
Und nur dich, einzig dich
Zu stillen vermag?
Weh, wenn die Flamme,
Die in mir lodert,
Mich brennend verzehrte,
Und nicht emporschlüg'
Wetterleuchtend,
Herzenentzündend.
Fort, fort, ihr Bilder
Lockender Lüste!
Ich will keinen Platz
Am Mahle der Lebenden,
Wo, im glitzernden Licht,
Schwarzäugiger Frauen
Heiße, lodernde Blicke
Die Seele versengen.
Heinrich Hart.
Fluch dieſem Leibe.
1880.

Muſenalmanach für 1883 u. a. a. O.

Fluch dieſem Leibe,
Dem unerſättlich lüſternen,
Mit ſeinen Banden
Schnürt er die Seele ein
Und reißt in den Koth
Die Sonnendurſtige.
Aus allen Poren
Schrei ich nach Freiheit,
In alle Himmel möcht’ ich mich recken, —
Aber erbarmungslos
Preßt mich das Elend
Meiner Sinne
Zurück in die Dienſtbarkeit.
O Hunger
Nach dem Ewigen —
O Hunger!
Wann kommt die Stunde,
Wo ich Alles vergeſſen,
Alles hinſchleudern darf
Und nur dich, einzig dich
Zu ſtillen vermag?
Weh, wenn die Flamme,
Die in mir lodert,
Mich brennend verzehrte,
Und nicht emporſchlüg’
Wetterleuchtend,
Herzenentzündend.
Fort, fort, ihr Bilder
Lockender Lüſte!
Ich will keinen Platz
Am Mahle der Lebenden,
Wo, im glitzernden Licht,
Schwarzäugiger Frauen
Heiße, lodernde Blicke
Die Seele verſengen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0198" n="180"/>
        <fw place="top" type="header">Heinrich Hart.</fw><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#b">Fluch die&#x017F;em Leibe.</hi><lb/>
1880.</head><lb/>
          <p> <hi rendition="#c">Mu&#x017F;enalmanach für 1883 u. a. a. O.</hi> </p><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Fluch die&#x017F;em Leibe,</l><lb/>
              <l>Dem uner&#x017F;ättlich lü&#x017F;ternen,</l><lb/>
              <l>Mit &#x017F;einen Banden</l><lb/>
              <l>Schnürt er die Seele ein</l><lb/>
              <l>Und reißt in den Koth</l><lb/>
              <l>Die Sonnendur&#x017F;tige.</l><lb/>
              <l>Aus allen Poren</l><lb/>
              <l>Schrei ich nach Freiheit,</l><lb/>
              <l>In alle Himmel möcht&#x2019; ich mich recken, &#x2014;</l><lb/>
              <l>Aber erbarmungslos</l><lb/>
              <l>Preßt mich das Elend</l><lb/>
              <l>Meiner Sinne</l><lb/>
              <l>Zurück in die Dien&#x017F;tbarkeit.</l><lb/>
              <l>O Hunger</l><lb/>
              <l>Nach dem Ewigen &#x2014;</l><lb/>
              <l>O Hunger!</l><lb/>
              <l>Wann kommt die Stunde,</l><lb/>
              <l>Wo ich Alles verge&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
              <l>Alles hin&#x017F;chleudern darf</l><lb/>
              <l>Und nur dich, einzig dich</l><lb/>
              <l>Zu &#x017F;tillen vermag?</l><lb/>
              <l>Weh, wenn die Flamme,</l><lb/>
              <l>Die in mir lodert,</l><lb/>
              <l>Mich brennend verzehrte,</l><lb/>
              <l>Und nicht empor&#x017F;chlüg&#x2019;</l><lb/>
              <l>Wetterleuchtend,</l><lb/>
              <l>Herzenentzündend.</l><lb/>
              <l>Fort, fort, ihr Bilder</l><lb/>
              <l>Lockender Lü&#x017F;te!</l><lb/>
              <l>Ich will keinen Platz</l><lb/>
              <l>Am Mahle der Lebenden,</l><lb/>
              <l>Wo, im glitzernden Licht,</l><lb/>
              <l>Schwarzäugiger Frauen</l><lb/>
              <l>Heiße, lodernde Blicke</l><lb/>
              <l>Die Seele ver&#x017F;engen.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[180/0198] Heinrich Hart. Fluch dieſem Leibe. 1880. Muſenalmanach für 1883 u. a. a. O. Fluch dieſem Leibe, Dem unerſättlich lüſternen, Mit ſeinen Banden Schnürt er die Seele ein Und reißt in den Koth Die Sonnendurſtige. Aus allen Poren Schrei ich nach Freiheit, In alle Himmel möcht’ ich mich recken, — Aber erbarmungslos Preßt mich das Elend Meiner Sinne Zurück in die Dienſtbarkeit. O Hunger Nach dem Ewigen — O Hunger! Wann kommt die Stunde, Wo ich Alles vergeſſen, Alles hinſchleudern darf Und nur dich, einzig dich Zu ſtillen vermag? Weh, wenn die Flamme, Die in mir lodert, Mich brennend verzehrte, Und nicht emporſchlüg’ Wetterleuchtend, Herzenentzündend. Fort, fort, ihr Bilder Lockender Lüſte! Ich will keinen Platz Am Mahle der Lebenden, Wo, im glitzernden Licht, Schwarzäugiger Frauen Heiße, lodernde Blicke Die Seele verſengen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885/198
Zitationshilfe: Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885], S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885/198>, abgerufen am 22.12.2024.