Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].Johannes Bohne. Melpomene. Originalbeitrag. Der Beifall rauscht durch das volle Haus, Ein Hoch dem holden Juwele! Du triebst uns den lebenden Athem heraus Aus der mitleidgefolterten Seele! Du strahlendes Kleinod hervor, nur hervor! War das ein Kämpfen, ein Ringen! Den Dank dir die Kränze, der jubelnde Chor, Die jauchzenden Stimmen dir bringen. Ganz waren sie dein; es erblaßte und schwand Aus den Mienen das tägliche Lügen, Es ruhten so heilig die Augen gebannt An deinen zerrissenen Zügen. Durch das athemlos stille Geschlecht da ging Ein leises, bebendes Stöhnen, Als der Leib dir in zuckenden Schmerzen hing, Die Stimme in flammenden Tönen. Sie konnten nicht lassen die Blicke davon Auf dich in Todespein starrend; Da waren sie dein, ein weicher Thon Des belebenden Schöpferhauchs harrend. Da stand'st du, und über dein Antlitz schlich Der eherne Todesbote, Gesenkt in den Wahnsinn des Schmerzes erblich Es leise, das gluthendurchlohte. -- Der Vorhang fiel und mit Donnergebraus In strömendem Beifalls-Schreien, In lärmendem Hoch sie und wildem Applaus Vom erdrückenden Joch sich befreien. Und wie das gewaltige Haus auch erbebt, Sie zögert -- nicht will sie sich zeigen, Bis endlich der Vorhang sich rauschend erhebt, Und athemlos lauschendes Schweigen. Johannes Bohne. Melpomene. Originalbeitrag. Der Beifall rauſcht durch das volle Haus, Ein Hoch dem holden Juwele! Du triebſt uns den lebenden Athem heraus Aus der mitleidgefolterten Seele! Du ſtrahlendes Kleinod hervor, nur hervor! War das ein Kämpfen, ein Ringen! Den Dank dir die Kränze, der jubelnde Chor, Die jauchzenden Stimmen dir bringen. Ganz waren ſie dein; es erblaßte und ſchwand Aus den Mienen das tägliche Lügen, Es ruhten ſo heilig die Augen gebannt An deinen zerriſſenen Zügen. Durch das athemlos ſtille Geſchlecht da ging Ein leiſes, bebendes Stöhnen, Als der Leib dir in zuckenden Schmerzen hing, Die Stimme in flammenden Tönen. Sie konnten nicht laſſen die Blicke davon Auf dich in Todespein ſtarrend; Da waren ſie dein, ein weicher Thon Des belebenden Schöpferhauchs harrend. Da ſtand’ſt du, und über dein Antlitz ſchlich Der eherne Todesbote, Geſenkt in den Wahnſinn des Schmerzes erblich Es leiſe, das gluthendurchlohte. — Der Vorhang fiel und mit Donnergebraus In ſtrömendem Beifalls-Schreien, In lärmendem Hoch ſie und wildem Applaus Vom erdrückenden Joch ſich befreien. Und wie das gewaltige Haus auch erbebt, Sie zögert — nicht will ſie ſich zeigen, Bis endlich der Vorhang ſich rauſchend erhebt, Und athemlos lauſchendes Schweigen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0140" n="122"/> <fw place="top" type="header">Johannes Bohne.</fw><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Melpomene</hi>.</hi> </head><lb/> <p> <hi rendition="#c">Originalbeitrag.</hi> </p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Der Beifall rauſcht durch das volle Haus,</l><lb/> <l>Ein Hoch dem holden Juwele!</l><lb/> <l>Du triebſt uns den lebenden Athem heraus</l><lb/> <l>Aus der mitleidgefolterten Seele!</l><lb/> <l>Du ſtrahlendes Kleinod hervor, nur hervor!</l><lb/> <l>War das ein Kämpfen, ein Ringen!</l><lb/> <l>Den Dank dir die Kränze, der jubelnde Chor,</l><lb/> <l>Die jauchzenden Stimmen dir bringen.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Ganz waren ſie dein; es erblaßte und ſchwand</l><lb/> <l>Aus den Mienen das tägliche Lügen,</l><lb/> <l>Es ruhten ſo heilig die Augen gebannt</l><lb/> <l>An deinen zerriſſenen Zügen.</l><lb/> <l>Durch das athemlos ſtille Geſchlecht da ging</l><lb/> <l>Ein leiſes, bebendes Stöhnen,</l><lb/> <l>Als der Leib dir in zuckenden Schmerzen hing,</l><lb/> <l>Die Stimme in flammenden Tönen.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Sie konnten nicht laſſen die Blicke davon</l><lb/> <l>Auf dich in Todespein ſtarrend;</l><lb/> <l>Da waren ſie dein, ein weicher Thon</l><lb/> <l>Des belebenden Schöpferhauchs harrend.</l><lb/> <l>Da ſtand’ſt du, und über dein Antlitz ſchlich</l><lb/> <l>Der eherne Todesbote,</l><lb/> <l>Geſenkt in den Wahnſinn des Schmerzes erblich</l><lb/> <l>Es leiſe, das gluthendurchlohte. —</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Der Vorhang fiel und mit Donnergebraus</l><lb/> <l>In ſtrömendem Beifalls-Schreien,</l><lb/> <l>In lärmendem Hoch ſie und wildem Applaus</l><lb/> <l>Vom erdrückenden Joch ſich befreien.</l><lb/> <l>Und wie das gewaltige Haus auch erbebt,</l><lb/> <l>Sie zögert — nicht will ſie ſich zeigen,</l><lb/> <l>Bis endlich der Vorhang ſich rauſchend erhebt,</l><lb/> <l>Und athemlos lauſchendes Schweigen.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [122/0140]
Johannes Bohne.
Melpomene.
Originalbeitrag.
Der Beifall rauſcht durch das volle Haus,
Ein Hoch dem holden Juwele!
Du triebſt uns den lebenden Athem heraus
Aus der mitleidgefolterten Seele!
Du ſtrahlendes Kleinod hervor, nur hervor!
War das ein Kämpfen, ein Ringen!
Den Dank dir die Kränze, der jubelnde Chor,
Die jauchzenden Stimmen dir bringen.
Ganz waren ſie dein; es erblaßte und ſchwand
Aus den Mienen das tägliche Lügen,
Es ruhten ſo heilig die Augen gebannt
An deinen zerriſſenen Zügen.
Durch das athemlos ſtille Geſchlecht da ging
Ein leiſes, bebendes Stöhnen,
Als der Leib dir in zuckenden Schmerzen hing,
Die Stimme in flammenden Tönen.
Sie konnten nicht laſſen die Blicke davon
Auf dich in Todespein ſtarrend;
Da waren ſie dein, ein weicher Thon
Des belebenden Schöpferhauchs harrend.
Da ſtand’ſt du, und über dein Antlitz ſchlich
Der eherne Todesbote,
Geſenkt in den Wahnſinn des Schmerzes erblich
Es leiſe, das gluthendurchlohte. —
Der Vorhang fiel und mit Donnergebraus
In ſtrömendem Beifalls-Schreien,
In lärmendem Hoch ſie und wildem Applaus
Vom erdrückenden Joch ſich befreien.
Und wie das gewaltige Haus auch erbebt,
Sie zögert — nicht will ſie ſich zeigen,
Bis endlich der Vorhang ſich rauſchend erhebt,
Und athemlos lauſchendes Schweigen.
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