ermitteln, das Geeignete zu wählen, zu verbinden, zu veredeln trachteten. Auch das beim ersten Anblick ungeeignet Scheinende wollen wir erst kosten und uns mundgerecht zu machen suchen, ehe wir es verwerfen. Wir wollen nie vergessen, daß, je wil- der, roher, uncivilisirter die Völker sind, sie auch um so schlech- ter und dümmer essen, und umgekehrt die civilisirten menschlich höchststehenden Menschen im gleichem Verhältnisse zu Eßkünst- lern sich erheben. -- Dieß, und die Consequenzen daraus sei die Nutzanwendung!
Ein in scientifischem Sinne gemachter Ueberblick ergiebt, daß, wie die sogenannten gesetzten, reiferen Jahre der, dem Eßkünstler vor Allem nöthigen Sophrosyne zunächst und zu- meist entsprechen, ja den Eßkünstler eigentlich erst bilden, so auch die gemäßigteren Zonen der Eßkunst am förderlichsten sind.
Weder an den eiskalten, rauhen und unwirthlichen Polen, noch unter dem heißen Aequator blüht die Eßkunst. Auch das Klima der Wendezirkel lächelt ihr nicht. Im Allgemeinen ist daher eine gewisse beträchtlichere geographische Breite und ein gemäßigteres Klima der Eßkunst am günstigsten. Dieß, meine Herrn, nennt man ein wissenschaftliches Resultat.
ermitteln, das Geeignete zu waͤhlen, zu verbinden, zu veredeln trachteten. Auch das beim erſten Anblick ungeeignet Scheinende wollen wir erſt koſten und uns mundgerecht zu machen ſuchen, ehe wir es verwerfen. Wir wollen nie vergeſſen, daß, je wil- der, roher, unciviliſirter die Voͤlker ſind, ſie auch um ſo ſchlech- ter und duͤmmer eſſen, und umgekehrt die civiliſirten menſchlich hoͤchſtſtehenden Menſchen im gleichem Verhaͤltniſſe zu Eßkuͤnſt- lern ſich erheben. — Dieß, und die Conſequenzen daraus ſei die Nutzanwendung!
Ein in ſcientifiſchem Sinne gemachter Ueberblick ergiebt, daß, wie die ſogenannten geſetzten, reiferen Jahre der, dem Eßkuͤnſtler vor Allem noͤthigen Sophroſyne zunaͤchſt und zu- meiſt entſprechen, ja den Eßkuͤnſtler eigentlich erſt bilden, ſo auch die gemaͤßigteren Zonen der Eßkunſt am foͤrderlichſten ſind.
Weder an den eiskalten, rauhen und unwirthlichen Polen, noch unter dem heißen Aequator bluͤht die Eßkunſt. Auch das Klima der Wendezirkel laͤchelt ihr nicht. Im Allgemeinen iſt daher eine gewiſſe betraͤchtlichere geographiſche Breite und ein gemaͤßigteres Klima der Eßkunſt am guͤnſtigſten. Dieß, meine Herrn, nennt man ein wiſſenſchaftliches Reſultat.
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ermitteln, das Geeignete zu waͤhlen, zu verbinden, zu veredeln
trachteten. Auch das beim erſten Anblick ungeeignet Scheinende
wollen wir erſt koſten und uns mundgerecht zu machen ſuchen,
ehe wir es verwerfen. Wir wollen nie vergeſſen, daß, je wil-
der, roher, unciviliſirter die Voͤlker ſind, ſie auch um ſo ſchlech-
ter und duͤmmer eſſen, und umgekehrt die civiliſirten menſchlich
hoͤchſtſtehenden Menſchen im gleichem Verhaͤltniſſe zu Eßkuͤnſt-
lern ſich erheben. — Dieß, und die Conſequenzen daraus ſei die
Nutzanwendung!
Ein in ſcientifiſchem Sinne gemachter Ueberblick ergiebt,
daß, wie die ſogenannten geſetzten, reiferen Jahre der, dem
Eßkuͤnſtler vor Allem noͤthigen Sophroſyne zunaͤchſt und zu-
meiſt entſprechen, ja den Eßkuͤnſtler eigentlich erſt bilden, ſo
auch die gemaͤßigteren Zonen der Eßkunſt am foͤrderlichſten ſind.
Weder an den eiskalten, rauhen und unwirthlichen Polen,
noch unter dem heißen Aequator bluͤht die Eßkunſt. Auch das
Klima der Wendezirkel laͤchelt ihr nicht. Im Allgemeinen iſt
daher eine gewiſſe betraͤchtlichere geographiſche Breite und ein
gemaͤßigteres Klima der Eßkunſt am guͤnſtigſten. Dieß, meine
Herrn, nennt man ein wiſſenſchaftliches Reſultat.
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Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/anthus_esskunst_1838/82>, abgerufen am 16.02.2025.
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